Aufsätze

Ertrag, Risiko und Produktivität - 50 große Volks- und Raiffeisenbanken im Rentabilitätsvergleich

Der BVR veröffentlicht zwar jährlich Zahlen zur Entwicklung der Genossenschaftsbanken, jedoch beziehen diese sich auf die Institute insgesamt und geben damit nur Einblick in die durchschnittliche Rentabilität der Gruppe. Wer sich für die Entwicklung einzelner Banken interessiert, muss deren Jahresabschlüsse selber analysieren oder die Bilanzbesprechungen der ZfgK lesen. Einen Überblick darüber, wo die einzelnen Banken im Vergleich untereinander stehen und welche Unterschiede sich bei den Instituten zeigen, wird man allerdings vergeblich suchen. Die Volksbank Göppingen hat deshalb die Jahresabschlüsse des Jahres 2009 von 50 größeren Volks- und Raiffeisenbanken1) analysiert und eine Übersicht über ihre operative Rentabilität erstellt, die nur öffentliche Daten aus Geschäfts- und Offenlegungsberichten verwertet.

Operative Ertragskraft im Blick

Als Kennziffer zur Messung der operativen Ertragskraft von Genossenschaftsbanken eignet sich am besten das Teilbetriebsergebnis in Relation zum Kundenvolumen. Die Bilanzsumme taugt als Bezugsgröße weniger, weil sie durch das dispositive Geschäft beeinflusst wird und dies die Ertrags- und Produktivitätsrelationen verzerrt. Natürlich wäre es am sinnvollsten, auf das "betreute Kundenvolumen" der Verbundbilanz zu rekurrieren, das neben dem bilanziellen Kundengeschäft auch die an Verbundpartner2) vermittelten Geschäfte enthält. Weil dies aber von den meisten Banken noch nicht veröffentlicht wird, behilft sich diese Analyse mit dem bilanziellen Kundenvolumen, also der Addition aus Kundenforderungen sowie Kundeneinlagen inklusive Schuldverschreibungen. Auch diese Bezugsgröße liefert ausreichend signifikante Ergebnisse. Da die Geschäftsberichte keine jahresdurchschnittlichen Bestandswerte zeigen, wird das "mittlere Kundenvolumen" aus dem arithmetischen Mittel des Jahresendwertes und des Vorjahresendwertes verwendet.

Die Tabelle enthält 50 VR-Banken, absteigend geordnet nach der Höhe des mittleren bilanziellen Kundenvolumens. Die erste Spalte enthält einen Gradmesser für die Intensität des dispositiven Geschäfts: die Relation der Eigenanlagen, die den Einlagenüberhang übersteigen, zum Kundenvolumen. In der nächsten Spalte folgt die Höhe des Einlagenüberhangs in Prozent der Kundenkredite. Die folgenden Spalten enthalten die operativen Ertragsaggregate Zinsüberschuss, Provisionsüberschuss und gesamten Rohertrag in Prozent des bilanziellen Kundenvolumens. Anschließend folgen die Aufwandsquoten für Personal3), den sonstigen Verwaltungsaufwand (inklusive Sachanlagenabschreibung) sowie den gesamten Verwaltungsaufwand. Die letzte Spalte rechts zeigt schließlich das Teilbetriebsergebnis in Prozent des bilanziellen Kundenvolumens.

In der Tabelle sind, soweit (bereits) veröffentlicht, folgende zusätzliche Daten zusammengefasst: die Relation der Zahlungsverkehrsprovisionen und der Verbundprovisionen zum Kundenvolumen, das Kundenvolumen pro Zweigstelle, die Relation des modifizierten verfügbaren Eigenkapitals zum Kundenvolumen und der Bestand an sowie der Nettoaufwand für Risikovorsorge im Kreditgeschäft jeweils in Prozent der Kundenforderungen.

Die "Champions"

Auffällig ist die hohe Spreizung der Rentabilität unter den 50 Banken, wobei gerade die beiden größten Häuser zwei Extreme repräsentieren. Während die Frankfurter Volksbank 2009 ein Teilbetriebsergebnis in Höhe von 1,01Prozent des mittleren bilanziellen Kundenvolumens erwirtschaftete, kommt die Berliner Volksbank lediglich auf 0,35 Prozent. Zwar liegt Letztere ertragsseitig mit einer Rohertragsratio von 2,34 Prozent auf Rang 16 gar nicht schlecht. Sie hat aber offensichtlich ein Produktivitätsproblem: beim Verwaltungsaufwand zum Kundenvolumen erreicht sie mit hohen 1,98 Prozent Platz 47 und leidet sowohl unter einer außergewöhnlichen Personalaufwandsquote (Rang 48 mit 1,25 Prozent) als auch einem überdurchschnittlichen sonstigen Verwaltungsaufwand (Rang 45 mit 0,73 Prozent). Vor diesem Hintergrund wird der Versuch der Berliner Volksbank verständlich, die Kosten durch Outsourcing der Marktfolge in eine ausgelagerte Ser-vice-Gesellschaft zu drücken.

Der Rentabilitätschampion, die Frankfurter Volksbank, profiliert sich sowohl mit der Rohertragsquote (Platz 9 mit 2,45 Prozent) mit Schwerpunkt beim Zinsüberschuss (Rang 5 mit 1,98 Prozent) als auch mit der Aufwandsquote (Platz 11 mit 1,44 Prozent), die eine hohe Produktivität dokumentiert. Der starke Zinsüberschuss erstaunt insoweit, als sich das Haus mit Treasury-Aktivitäten zurückhält (Platz 36 mit lediglich 8,9 Prozent Eigenanlagen zum Kundenvolumen, die den Einlagenüberhang übersteigen). Dafür erzielte die Bank 2009 aber in hohem Umfang Erträge aus Fristentransformation. Das zeigt der Anstieg des Zinsüberschusses um 28 Prozent aufgrund des Übergangs von der völlig flachen Zinsstruktur in 2008 auf die extrem steile Zinskurve in 2009. Der Zinsüberschuss profitiert außerdem vom hohen Eigenkapital (verfügbares modifiziertes Eigenkapital macht 7,69 Prozent des Kundenvolumens aus). Die ausgezeichnete Produktivität ist umso bemerkenswerter als die Frankfurter Volksbank eine lange Serie von Fusionen mit umliegenden Instituten hinter sich hat.

Wiesbaden und Stuttgart

Den zweiten Platz teilen sich mit jeweils 0,97 Prozent Teilbetriebsergebnis zum Kundenvolumen die Wiesbadener und die Stuttgarter Volksbank. Erstere erreicht mit 2,22 Prozent nur eine mäßige Rohertragsquote (Rang 30) und enttäuscht auf der Ertragsseite vor allem mit der Provisionsquote (Rang 37 mit 0,49 Prozent). Sie brilliert aber mit hoher Produktivität, die sich im 4. Rang bei der Verwaltungsaufwandsquote (1,25 Prozent) manifestiert.

Umgekehrt ist die Stuttgarter Volksbank beim Verwaltungsaufwand mit einer Quote von 1,70 Prozent (Rang 39) eher mäßig unterwegs (Personal Rang 24 mit 1,01 Prozent und sonstiger Aufwand Rang 44 mit 0,69 Prozent), erreicht dafür aber einen herausragenden 1. Platz beim Zinsüberschuss mit 2,08 Prozent des bilanziellen Kundenvolumens. Dabei profitiert die Stuttgarter Bank von einem hohen Beitrag aus Fristentransformation. Das zeigt der Anstieg des Zinsüberschusses um 21,30 Prozent. Die hervorragende Platzierung der Stuttgarter Volksbank ist ein schöner Beleg für einen erfolgreichen Sanierungsprozess. Schließlich präsentierte dieses Institut vor einer Dekade noch Abschlüsse, in denen der Verwaltungsaufwand den Rohertrag überstieg.

Viert- und fünftplatzierte im Rentabilitätsvergleich sind die Volksbanken Gütersloh und Tuttlingen mit 0,96 respektive 0,94 Prozent Teilbetriebsergebnisquote. Sie erreichen die hohe Rentabilität in erster Linie mit dem Rohertrag (Platz 2 für Tuttlingen mit 2,73 beziehungsweise Platz 7 für Gütersloh mit 2,51 Prozent) und weniger mit dem Verwaltungsaufwand (Platz 16 für Gütersloh mit 1,55 Prozent beziehungsweise Rang 41 für Tuttlingen mit 1,79 Prozent). Beide profitierten 2009 auch von umfangreicher Fristentransformation (mit einem Sprung des Zinsüberschusses in Gütersloh um 33,58 Prozent und Tuttlingen um 22,59 Prozent) und der Verzinsung eines hohen Eigenkapitals (modifiziertes verfügbares EK beläuft sich auf 5,95 Prozent des bilanziellen Kundenvolumens in Gütersloh und auf 5,97 Prozent in Tuttlingen).

Die Volksbank Göppingen erreicht mit 0,92 Prozent Teilbetriebsergebnis zum Kundenvolumen den 6. Platz. Ihre Stärke liegt vor allem bei der Rohertragsquote (Rang 8 mit 2,49 Prozent), mit guten Plätzen sowohl beim Zinsüberschuss (Rang 10 mit 1,88 Prozent) als auch bei der Provisionsquote (Rang 13 mit 0,61 Prozent). Beim Zinsüberschuss profitiert sie sowohl vom hohen Eigenkapital (Rang 4 mit 7,39 Prozent modifiziertem verfügbaren Eigenkapital zum Kundenvolumen) als auch von der Fristentransformation (Wachstum des Zinsüberschusses in 2009 um 23,28 Prozent). Bei der Produktivität liegt Göppingen mit einer Aufwandsquote von 1,57 Prozent auf Rang 19 im Mittelfeld.

Die Discountstrategie

Eher in Richtung Sparda-Bank scheint die Strategie der Mainzer Volksbank und der Volksbank Oberberg in Wiehl zu tendieren. Beide glänzen durch einen 1. und 2. Platz in der Produktivität (Personalquote Ränge 1 und 2 mit 0,64 und 0,69 Prozent sowie Verwaltungsquote gesamt Plätze 1 und 2 mit 1,02 und 1,10 Prozent). Sie scheinen aber ihren Produktivitätsvorteil ganz an die Kunden weiterzugeben, indem sie sich bei der Rohertragsquote mit Werten von 1,81 Prozent und 1,68 Prozent mit den Plätzen 49 und 50 begnügen. Allerdings haben diese beiden Banken weniger oder gar keine Fristentransformation betrieben (Zinsüberschuss in Wiehl plus 8,34 Prozent, in Mainz minus 1,25 Prozent). Dennoch erreichen die Wiehler mit 0,79 Prozent Teilbetriebsergebnisquote noch Rang 13, während die Mainzer mit 0,59 Prozent nur Platz 37 belegen.

Wieweit die Banken in Mainz und Wiehl noch von der Produktivität einer echten Sparda-Bank entfernt sind, zeigt der Vergleich mit den Zahlen der Sparda-Bank Baden-Württemberg. Sie erreicht eine Personalaufwandsquote zum Kundenvolumen, die mit 0,36 Prozent immer noch beinahe doppelt so niedrig ist wie in Wiehl (0,64 Prozent) und kommt damit beim Verwaltungsaufwand insgesamt auf 0,87 Prozent (Wiehl 1,02 Prozent).

Die Ertragsstrategie

Ganz entgegengesetzt zur "Discountstrategie" der Mainzer Volksbank fährt die Hamburger Volksbank offenbar eine ausgeprägte "Ertragsstrategie". Hohe Margen bringen Platz 1 beim Rohertrag (2,74 Prozent) mit Rang 1 bei den Provisionen (0,79 Prozent) und Rang 8 bei der Zinsquote (1,95 Prozent). Das gute Zinsergebnis dürfte auch mit dem relativ hohen Dispo-Geschäft (hier Rang 9 mit Eigenanlagen, die den Einlagenüberhang übersteigen, in Höhe von 17,1 Prozent des Kundenvolumens) und der Fristentransformation (Anstieg des Zinsüberschusses um 22,5 Prozent) zusammenhängen. Dafür liegt die Hamburger Volksbank aber beim Verwaltungsaufwand in allen drei Kennziffern auf dem letzten beziehungsweise vorletzten Platz (Personalquote 1,50 Prozent, sonstiger Verwaltungsaufwand 0,86 Prozent und Verwaltungsaufwand insgesamt 2,36 Prozent). So reicht es beim Teilbetriebsergebnis in Prozent des bilanziellen Kundenvolumens mit 0,37 Prozent nur für Rang 44.

Vergleicht man die 50 Genossenschaftsbanken miteinander, scheint kaum ein Zusammenhang zwischen dem Teilbetriebsergebnis in Prozent des Kundenvolumens und der Betriebsgröße zu bestehen. Darauf deutet jedenfalls die fast waagerechte Trendlinie in Abbildung 1 hin. Größere Banken sind zwar produktiver, erzielen aber geringere Margen. Zwar nimmt der Verwaltungsaufwand in Relation zum Kundenvolumen mit zunehmender Betriebsgröße ab, das heißt die größeren Banken sind tendenziell produktiver als die kleineren (Abbildung 2). Das dürfte auch mit den Losgrößen zusammenhängen: größere Banken profitieren regelmäßig von Großkunden mit höheren Volumina, die relativ weniger Aufwand verursachen.

Dafür nimmt aber auch die Rohertragsquote mit zunehmender Betriebsgröße tendenziell ab (Abbildung 3). Das dürfte sich einmal damit erklären, dass die größeren Institute in Ballungsräumen agieren und dort aufgrund des schärferen Konditionenwettbewerbs mit engeren Margen operieren müssen. Die kleineren Institute in der Fläche können dagegen noch höhere Margen am Markt durchsetzen. Außerdem spielen aber auch hier die größeren Abschnitte von Großkunden eine Rolle, die in der Regel mit geringeren Margen verbunden sind und so den Rohertrag der größeren Häuser belasten.

Die scheinbare Unabhängigkeit des relativen Teilbetriebsergebnisses von der Betriebsgröße findet also ihre Erklärung darin, dass die größeren Institute zwar produktiver sind als die kleineren Banken, allein schon, weil sie von höheren Losgrößen profitieren. Diesen Vorteil müssen die größeren Institute aber in die Kundenkonditionen investieren, weshalb sie operativ dann doch nicht rentabler sind als die kleineren Banken.

Strategie und Struktur entscheidend für die Ertragskraft

Allerdings zeigen die hohen Ausschläge der Teilbetriebsergebnisquoten von der Trendlinie, dass die Betriebsgröße nicht den Ausschlag für die Ertragskraft gibt. Vielmehr sind Strategie und Struktur des jeweiligen Instituts für die Rentabilität entscheidend. Neben dem Blick auf die Strategien der einzelnen Institute (siehe oben) interessiert deshalb die Frage, ob und wie gewisse Bilanz- und Organisationsstrukturen die Rentabilität beeinflussen.

Bei so gut wie allen untersuchten Banken besteht ein Überhang der Einlagen über die Kredite, der sie dazu zwingt, in entsprechendem Umfang Gelder am Geld- und Kapitalmarkt anzulegen (Kreditersatzgeschäft). Die Einlagenüberhänge bewegen sich in der Regel zwischen 20 und 60 Prozent der Kredite, können aber im Extremfall wie in München mit 83,4 Prozent und Bonn mit 110,3 Prozent weit darüber liegen. Meist sind besonders hohe Einlageüberhänge die Folge des Abbaus von Kreditvolumina im Zuge von Sanierungen der Kreditportfolios. Tatsächlich berichtet Vorstandsmitglied Volker Klein von der Volksbank Bonn Rhein-Sieg im Interview mit der ZfgK von 400 Millionen Euro Kreditabbau durch Portfoliobereinigungen.4)

An sich liegt die Vermutung nahe, dass die Zinsüberschussquote sinkt, wenn der Einlagenüberhang steigt. Denn in diesem Fall muss ein höherer Anteil der Einlagen statt in Krediten in Kreditersatzgeschäften am Kapitalmarkt angelegt werden, was eigentlich auf die Marge drücken sollte. Abbildung 4 kann einen solchen Zusammenhang jedoch so gut wie nicht bestätigen. Dies ist ein Hinweis auf die unbefriedigenden Kreditmargen, die Genossenschaftsbanken im Wettbewerb gegenwärtig noch erzielen. Sie sind offenbar nur wenig höher als die Credit Spreads von Anleihen.

In der Regel übersteigen die aktivischen Konditionsbeiträge die des Passivgeschäfts maximal um 0,5 Prozent. Das heißt, bei einer Bank ohne Passivüberhang, bei der Kredite und Einlagen gleich hoch sind, erhöhen die Kredite die Gesamtmarge auf das Kundenvolumen um maximal 0,25 Prozent. Bei einem Passivüberhang von 100 Prozent (also einem Kundenvolumen aus 200 Einheiten Einlagen und 100 Einheiten Krediten) macht das Kreditvolumen nur noch ein Drittel des Kundenvolumens aus. Folglich betragen die 0,5 Prozent Zusatzmarge auf die Kredite bezogen auf das gesamte Kundenvolumen nur noch 0,17 Prozent. Das bedeutet: ein Anstieg des Einlagenüberhangs von null auf 100 Prozent bewirkt nur 0,25 minus 0,17 = 0,08 Prozent Zinsminus aus dem Kundengeschäft.

Sehnsucht nach dem historischen Geschäftsmodell der "Depositenkasse"

Auf der anderen Seite ist zu berücksichtigen, dass bei 100 Prozent Einlagenüberhang noch mal ein Betrag in Höhe der Kreditsumme in Kreditersatzgeschäften am Kapitalmarkt anzulegen ist. Nehmen wir an, dass hierfür 0,25 Prozent Marge auf dem Kapitalmarkt erzielt werden (entspricht in etwa dem Unterschied Pfandbriefrendite zur Swapkurve), bedeutet das auf das Kundenvolumen ein Plus von 0,08 Prozent. Demnach steht beim Anstieg des Einlagenüberhangs von null auf 100 Prozent einem Minus von 0,08 Prozent ein Plus von ebenfalls 0,08 Prozent gegenüber.

Es zeigt sich, dass die aktuell im Markt erzielbaren Kreditmargen die zusätzlichen Risiko- und Eigenkapitalkosten, die im Kreditgeschäft anfallen, kaum decken. Vor diesem Hintergrund wächst die Sehnsucht nach dem historischen Geschäftsmodell der "Depositenkasse", die sich allein auf das Einlagengeschäft konzentrierte und unter Verzicht auf Kreditgeschäfte mit der Anlage der Kundengelder auf dem Kapitalmarkt begnügte. Letztlich ist das Geschäftsmodell der Sparda-Banken, die dem gewerblichen Kreditgeschäft abgeschworen haben und nur risiko- und bearbeitungsarme Baufinanzierungskredite vergeben, davon nicht so weit entfernt.

Was den Aufwand betrifft, liegt die Hypothese nahe, dass ein geringerer Anteil des Kreditgeschäfts am Kundenvolumen den Personalaufwand mindert, weil die Kreditbearbeitung an sich aufwendiger ist als das Einlagengeschäft. Deshalb sollte eigentlich bei zunehmenden Einlageüberhängen die Personalaufwandsquote abnehmen. Diese Vermutung wird aber überraschend in Abbildung 5 nicht bestätigt. Vielmehr nimmt gegen die Erwartung die Personalaufwandsquote bei steigenden Einlageüberhängen sogar zu. Außerdem glänzen die beiden Banken in Wiehl und Mainz, die gar keinen Einlagenüberhang aufweisen, mit den niedrigsten Personalaufwandsquoten.

Das könnte mit den durchschnittlichen Losgrößen zu tun haben, die im Einlagengeschäft viel kleiner und damit arbeitsaufwendiger sind als im Kreditgeschäft, vor allem bei Krediten an Firmenkunden. Denkbar ist aber auch, dass Banken ihr Kreditportfolio im Zuge von Sanierungen reduziert haben, ohne gleichzeitig ihre Personalkapazitäten anzupassen.

Soweit Banken Kreditersatzgeschäfte am Kapitalmarkt tätigen, um dort ihre Einlagenüberhänge unterzubringen, wird die Zinsüberschussquote allenfalls geringfügig reduziert (siehe oben). Dagegen müssen darüber hinausgehende Kapitalmarktanlagen, die über zusätzlich aufgenommene Bankengelder refinanziert werden, den Zinsüberschuss in Relation zum Kundenvolumen erhöhen. Setzt man diese über das Kreditersatzgeschäft hinaus erworbenen Eigenanlagen in Relation zum Kundenvolumen, erhält man eine gute Kennziffer zur Intensität des dispositiven Geschäfts. Tatsächlich zeigt nun Abbildung 6 in der Trendlinie einen leicht positiven Einfluss der Intensität des dispositiven Geschäfts auf die Zinsüberschussquote.

Der positive Effekt zusätzlicher Treasury-Aktivitäten bleibt allerdings dadurch begrenzt, dass Eigenanlagen in Rentenpapieren bester Bonität im Normalfall nur minimale Zusatzmargen oberhalb der Swapkurve erbringen. Lediglich mit Ausbruch der Finanzkrise 2008 haben sich die Credit-Spreads auf den Kapitalmärkten erhöht.

Keinesfalls sind umfangreiche Eigenanlagen ein entscheidender Hebel zur Optimierung des Zinsüberschusses. So erreicht beispielsweise die Volksbank Villingen-Schwenningen als Treasury-Champion (Rang 1 mit Kennziffer von 49,2 Prozent), keinen exorbitant hohen Zinsüberschuss (Rang 16 bei der Zinsüberschussquote mit 1,77 Prozent), während die Frankfurter Volksbank mit nur 8,9 Prozent "Treasury-Quote" einen Zinsüberschuss von 1,98 Prozent erzielt.

Beflügelung des Zinsüberschusses durch Fristentransformation

Im Übrigen "verstecken" manche Banken größere Teile der Eigenanlagen in Spezialfonds. Hier hängt der ausgewiesene Zinsüberschuss von der jeweiligen Ausschüttung des Spezialfonds ab. Im Vordergrund der Ausschüttungspolitik steht dabei für die Vorstände meist die Dämpfung der Gewinnausweise: In guten Bankjahren werden im Spezialfonds Reserven gebildet und die Ausschüttung heruntergefahren und in schlechten Bankjahren werden die Reserven im Fonds aufgelöst und die Ausschüttungen erhöht. Diese Politik verschleiert die wahre Ergebnisentwicklung und reduziert damit die Transparenz gegenüber Vertreterversammlung und Öffentlichkeit.

In viel stärkerem Ausmaß als der Umfang der Eigengeschäfte beeinflusst der Strukturbeitrag aus der Verzinsung des Eigenkapitals und dem Beitrag aus der Fristentransformation die Zinsüberschussquote.

Die Bilanzstruktur liefert zwar keine Anhaltspunkte zum Ausmaß der Fristentransformation, da diese keine umfangreichen Dispo-Geschäfte erfordert, sondern im Wesentlichen über Zins-Swaps gesteuert werden kann. Auch veröffentlichen die Banken ihre Erträge aus der Fristentransformation so gut wie nie. Aber 2009 war im Gegensatz zur extrem flachen Zinsstruktur des Jahres 2008 von einer sehr steilen Zinsstruktur geprägt. Folglich registrierten alle Banken, die Fristentransformation betrieben, in 2009 einen Anstieg des Zinsüberschusses, der im Wesentlichen auf diese

Fristentransformation zurückging. Deshalb lässt sich in der Analyse der Anstieg der Zinsüberschüsse in 2009 im Großen und Ganzen mit dem Ertrag aus Fristentransformation gleichsetzen. Insoweit zeigt uns nun Abbildung 7 einen klaren Zusammenhang zwischen der Zinsüberschussquote der einzelnen Häuser und dem Ertrag aus der Fristentransformation.

Hier fallen die Volksbanken in Bonn5), Mainz, Berlin und Villingen-Schwenningen durch offenbaren Verzicht auf Fristentransformation auf. Maximale Fristentransformation haben dagegen die Volksbanken in Heilbronn, Frankfurt, Dortmund, Gütersloh und München betrieben. Teilweise wurden hierbei auch die 2009 äußerst günstigen Konditionen für Repos der DZ-Bank beziehungsweise Tender der Bundesbank zu relativ risikoarmer kurzfristiger Fristentransformation genutzt.

Hohe Eigenkapitalquote: Stärkung des Zinsüberschusses

Neben der Fristentransformation beeinflusst natürlich die Eigenkapitalverzinsung den Strukturbeitrag, sodass auch ein Zusammenhang zwischen der Höhe des wirtschaftlichen Eigenkapitals und der Relation des Zinsüberschusses zum bilanziellen Kundenvolumen zu erwarten ist. Leider veröffentlichen die Banken das wirtschaftliche Eigenkapital (inklusive § 340f-Reserven) nicht. Soweit jedoch bereits Offenlegungsberichte für 2009 vorliegen, kann denen das modifizierte verfügbare Eigenkapital entnommen werden. Dieses kommt dem echten wirtschaftlichen Eigenkapital ziemlich nahe, zumal die Zuschreibungen auf die DZ-Bank-Beteiligungen über Abzugsposten weitgehend neutralisiert sind. In der Tat kann man Abbildung 8 einen klaren Einfluss der Eigenkapitalausstattung auf die Zinsüberschussquote entnehmen: Mit fallender EK-Quote sinkt auch die Quote des Zinsüberschusses zum bilanziellen Kundenvolumen. Allerdings besteht hier auch ein gewisser Zusammenhang zur Fristentransformation insoweit, als eine gute Eigenkapitalposition den Spielraum zur Fristentransformation aus der Basel-II-Kennziffer erhöht.

Soweit die Geschäfts- und Lageberichte nähere Angaben zur Zusammensetzung des Provisionsüberschusses machen, zeigt sich, dass die Provisionsquote stark von den Zahlungsverkehrsprovisionen abhängt, die im Durchschnitt fast die Hälfte des gesamten Provisionsertrags ausmachen. Angesichts der allgemeinen Tendenz des Marktes zum kostenlosen Konto können Kontoführungsgebühren im Privatkundengeschäft allerdings die Wettbewerbsfähigkeit der Banken beeinträchtigen. Dies ist wohl das Motiv für niedrige Erträge aus Zahlungsverkehrsprovisionen in Göppingen und Heilbronn (beide Rang 30 mit 0,18 Prozent) sowie in Mainz (Rang 32 mit 0,15 Prozent).

Einen besonders hohen Ertrag aus Zahlungsverkehrsprovisionen erwirtschaftet mit 0,40 Prozent des Kundenvolumens die Volksbank Freiburg. Das hängt mit einem umfangreichen Geschäftsvolumen der Freiburger im Kreditkarten-Processing zusammen.

Die Differenz zwischen Gesamtprovisionen und Zahlungsverkehrsprovisionen markiert im Wesentlichen die Provisionen aus dem Wertpapier-, Versicherungs- und Bauspargeschäft. Damit zeigt der Abstand zwischen beiden Werten die Vertriebsstärke der einzelnen Banken im Wertpapier- und Verbundgeschäft. Volksbank Göppingen belegt hier mit einer Quote von 0,43 Prozent zum Kundenvolumen den 1. Platz.

Allerdings wird das Provisionsergebnis in Göppingen in Höhe von 0,06 Prozentpunkten auch durch Erträge aus Credit-Default-Swaps beeinflusst. Auch Berlin und Tuttlingen glänzen mit 0,41 und 0,42 Prozent Provisionen außerhalb des Zahlungsverkehrs. Besonders niedrig liegen die Verbundprovisionen mit 0,19 Prozent (Rang 30) in Mainz und mit 0,06 Prozent (Rang 32) in Wiehl, was sich auch aus der dort wohl verfolgten Discountstrategie erklären ließe.

Größere Zweigstellen, höhere Produktivität

Die Struktur des stationären Vertriebs hat einen großen Einfluss auf den Verwaltungsaufwand. Hier wird deutlich, dass die Beschränkung auf weniger Zweigstellen, die jeweils höhere Kundenvolumina betreuen, den Aufwand reduziert. Entsprechend zeigt Abbildung 9, dass die Quote des Verwaltungsaufwands zum bilanziellen Kundenvolumen zunimmt, wenn das Kundenvolumen pro Zweigstelle abnimmt. Hierin liegt ein Vorteil der Banken in Ballungsräumen gegenüber den Flächenbanken in der Provinz. Umso unverständlicher bleibt, dass die Berliner Volksbank mit dem höchsten Kundenvolumen von 217,5 Millionen Euro pro Zweigstelle bei der Aufwandsquote mit 1,98 Prozent nur Rang 47 unter den 50 untersuchten Genossenschaftsbanken einnimmt.

Dafür beweist die Mainzer Volksbank mit 214,2 Millionen Euro Kundenvolumen pro Filiale und dem zweiten Rang bei der Aufwandsquote mit 1,10 Prozent wie sehr die Beschränkung auf möglichst wenige, aber große Zweigstellen die Produktivität erhöht. Auch hier gilt aber keine Monokausalität: Beispielsweise kommt die Volksbank Ludwigsburg mit nur 73,4 Millionen Euro Kundenvolumen pro Filiale (Rang 33) trotzdem auf Rang 5 in der Produktivität mit 1,37 Prozent Aufwandsquote.

Aufwand für Einzelwertberichtigungen - 2009 überraschend gering

Insgesamt bleibt festzustellen, dass das Teilbetriebsergebnis in Prozent des Kundenvolumens nicht das einzige Kriterium sein kann, nach dem man eine Bank beurteilen darf. Denn was nutzt eine hohe operative Rentabilität, wenn die Bank sukzessive vom Markt abgewickelt wird, weil die Kunden ihr wegen nicht wettbewerbsfähiger Konditionen davonlaufen? Die Entwicklung der Marktanteile ist deshalb auf Dauer ebenso wichtig wie die Rentabilität.

Schließlich kann ein relativ gutes Teilbetriebsergebnis auch durch die Übernahme zu hoher Risiken im Kunden- und Eigengeschäft erkauft worden sein. Das sieht man dann erst am Bewertungsergebnis für Kredite und Wertpapiere.

Über die Kreditrisiken der einzelnen Banken geben die Offenlegungsberichte inzwischen erschöpfend Auskunft. Danach blieb 2009 der Nettoaufwand für die Risikovorsorge im Kreditgeschäft trotz der tiefen Wirtschaftskrise für die Genossenschaftsbanken erfreulich überschaubar. Er bewegte sich für die untersuchten Banken zwischen null und einem Prozent der Kundenforderungen (Abbildung 10). Nur die Volksbank Göppingen und die Volksbank Villingen-Schwenningen verzeichneten mit 1,97 beziehungsweise 1,82 Prozent der Kundenforderungen einen wesentlich höheren Risikoaufwand. Dieser hat seine Ursache darin, dass beide Banken in Regionen mit einem hohen Anteil metallverarbeitender Betriebe ansässig sind. Diese hatten bekanntlich unter den hohen Umsatzeinbrüchen der Automobilindustrie und des Maschinenbaus besonders zu leiden.

Der Gesamtbestand an Risikovorsorge bewegte sich bei den größeren Genossenschaftsbanken auch zu Ende des Krisenjahres 2009 im Durchschnitt auf einem relativ niedrigen Niveau von rund drei Prozent der Forderungen. Allerdings zeigt sich auch hier eine hohe Spreizung von einem bis sechs Prozent, wenn man einmal von dem Ausreißer nach oben mit 8,6 Prozent bei der Stuttgarter Volksbank absieht. Man mag sich natürlich fragen, ob so niedrige Risikovorsorgequoten wie 1,51 Prozent in Wiesbaden, 1,49 Prozent in Hamburg oder gar 0,99 Prozent in Ingolstadt im Krisenjahr 2009 tatsächlich die Realität wiedergeben.

Schließlich reizt auch die Frage, ob eigenkapitalschwächere Banken möglicherweise weicher bilanzieren und deshalb tendenziell eine niedrigere Risikovorsorge bilden. In Abbildung 11 wurde deshalb bei den untersuchten Banken der Bestand der Risikovorsorge in Prozent der Kundenforderungen dem modifizierten verfügbaren Eigenkapital in Prozent des Kundenvolumens gegenübergestellt. Zur Beruhigung zeigt die Übersicht mit der waagerechten Trendlinie, dass ein derartiger Verdacht - den Prüfungsverbänden sei Dank - nicht berechtigt wäre.

Fußnoten

1)Davon 25 aus Baden-Württemberg.

2)Union Investment, Bausparkasse Schwäbisch Hall sowie R+V-Versicherung.

3)Der GuV-Aufwand für Personal ist 2009 vielfach durch außergewöhnliche Zuführungen zu Pensionsrückstellungen im Vorgriff auf die Vorschriften des BilMoG beeinflusst. Soweit diese a.o.-Zuführungen in den Lageberichten ausreichend konkret bezeichnet wurden, wurden sie aus dem Personalaufwand eliminiert. Es handelt sich um die Banken in Frankfurt, Wiesbaden, Speyer, München, Main-Kinzig, Freiburg, Stuttgart, Ulm, Bonn, Maingau, Lahr, Pforzheim, Karlsruhe, Ruhr-Mitte, Kassel, Rhein-Ahr-Eifel, Gütersloh, Kevelaer, Baden-Bden, Offenburg, Kirchheim, Schwäbisch-Hall, Emmendingen, Reutlingen, Esslingen, Herrenberg, Aalen und Tuttlingen.

4)Redaktionsgespräch mit Volker Klein ZfgK 3/2010, Seite 120ff.

5)Volker Klein, Mitglied des Vorstands der Volksbank Bonn Rhein-Sieg bekennt sich im Interview in der ZfgK 3/2010, Seite 120 bewusst zum Verzicht auf Fristentransformation.

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