Gespräch des Tages

Bankenaufsicht - Placebo für die Märkte

Der große Stresstest ist vorüber. 91 Banken wurden europaweit anhand bestimmter, vom Gremium der europäischen Bankenaufseher CEBS und der EZB festgelegten Kriterien auf ihre Belastbarkeit hin untersucht. Die Ergebnisse sind nicht wirklich überraschend. 13 der 14 gestressten deutschen Banken weisen auch unter schwierigen Bedingungen wie den pessimistischen Konjunkturprognosen aus diesem Frühjahr und einer erneuten Krise bei Staatsanleihen wie am 7. Mai dieses Jahres eine Kernkapitalquote von mindestens sechs Prozent aus. Wird dieser Test künftige Krisen vollständig verhindern? Nein, natürlich nicht. Wird er dazu führen, dass die Wahrscheinlichkeit einer Bankenpleite oder einer kompletten Finanzkrise geringer wird? Vielleicht.

Dieser Test ist nicht mehr und nicht weniger als eine politisch gewollte Bestandsaufnahme der Eigenkapitalsituation europäischer Banken zu einem bestimmten Zeitpunkt unter bestimmten Voraussetzungen. Dass dieses "one size fits all" nicht allem gerecht werden kann, liegt auf der Hand. Eine Retailbank mit einer globalen Investmentbank zu vergleichen, ohne auf die jeweiligen Spezifika der Geschäftsmodelle einzugehen, ist nicht zwangsläufig zielführend. Dass die Möglichkeit einer Staatspleite oder Umschuldung ausgeschlossen wurde, ist genauso richtig oder falsch, wie die Annahme, dass Staatsanleihen nochmals auf das Niveau von Mai 2010 sinken werden. Dass vor allem die Handelsbücher und weniger die Anlagebücher untersucht werden, ist genau so richtig oder falsch, wie die Verzerrungen in den Ergebnissen durch den Stichtag 1. Juli. Wer bis dahin eigenkapitalstärkende Staatshilfe in Anspruch genommen hatte oder risikogewichtete Aktiva in Institutional Restructuring Units ausgelagert hatte, steht per se besser da, als derjenige, der dies nicht getan hat. Von daher haben Banken, die eigentlich recht sicher durch die Krise gekommen sind, wie die Landesbank Hessen-Thüringen, die Nord-LB oder die Postbank den Stresstest mehr oder weniger knapp bestanden. Andere wie die HSH oder die Commerzbank weisen stolz über neun Prozent vor. Hätte die HRE das Volumen von 210 Milliarden Euro bereits in die Work-out-Fabrik ausgelagert - auch sie hätte diesen Test bestanden und wäre nicht als einziges deutsches Institut durchgefallen.

Und auch wenn selbst die Aufseher einräumen, dass ihnen dieser Test keine neuen Erkenntnisse gebracht hat, da sie ohnehin jedes Institut sehr viel detaillierter stressen, so sollte man ihn doch nicht allzu schlecht reden. Er ist ein Vergleich unter europäischen Banken zu gleichen, einheitlichen Bedingungen. Das kann für ein ganz klein bisschen mehr Vertrauen an den Märkten in die Standfestigkeit europäischer Banken sorgen. Auch wenn das sicherste Signal für jeden Investor sicherlich wäre, wenn sich die Banken untereinander endlich wieder trauen würden und der Interbankenmarkt wieder in Schwung käme. Solange dies nicht der Fall ist, wird auch die Skepsis gegenüber der Finanzbranche nicht kleiner werden - Stress hin oder her.

PS: Interessanterweise wird der Test ob seiner Glaubwürdigkeit zwar allerseits angezweifelt - eine Bank, die ihn nur knapp oder gar nicht bestanden hat, wird sich jedoch über den Markt kaum mehr Eigenkapital besorgen können. Hier glaubt man es plötzlich. Verrückte Welt!

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