Aufsätze

Asset Management im Aufbruch

Die Finanzkrise hat bei Asset Managern und ihren Wettbewerbern verschiedene Parameter verändert. Einfachheit, Transparenz und Sicherheit von Geldanlagen sind noch stärker als bisher in den Vordergrund gerückt. Für die Branche stehen die Zeichen auf Konsolidierung: Es gibt Fondsschließungen bei zu kleinen Produkten und einige Anbieter werden mangels Größe oder anderen Gründen voraussichtlich vom Markt verschwinden.

Deutliche Abflüsse und eingeschränkte Liquidität

Asset Manager haben seit Krisenbeginn europaweit deutliche Abflüsse zu verzeichnen, einzelne Produktkategorien hatten zeitweise mit eingeschränkter Liquidität zu kämpfen, und die Nachfrage nach neuen Produkten hat sich spürbar reduziert. Auffällig war auch, dass sich einige Banken von ihren Asset-Management-Sparten trennten, was die Konkurrenz im Drittvertrieb weiter verschärfen dürfte, da diverse Asset Manager damit den proprietären Vertriebskanal verlieren, der bisher vor allem die hauseigenen Fonds verkauft hat (Abbildung 1).

Bei Lebensversicherungen sind die Auswirkungen der Finanzkrise noch nicht vollends offensichtlich. Durch die Rettung systemrelevanter Banken wurde verhindert, dass der recht hohe Anteil von Bankanleihen im Bestand der Versicherer zu einem massiven Problem wurde. Schwierigkeiten bei der Darstellung komplexer Garantieversprechen während der Finanzkrise bieten unter Umständen Chancenpotenziale für Kooperationen mit Asset Managern.

Zertifikateanbieter wurden von der Finanzkrise am härtesten getroffen. Die Lehman-Pleite hat hier das Emittentenrisiko in den Fokus gerückt. Der Absatz von Zeichnungsprodukten ist stark eingebrochen, wohingegen die börsengehandelten strukturierten Produkte weiterhin Abnehmer finden. Insgesamt ist damit zu rechnen, dass sich das vormals riesige Universum an angebotenen Strukturen deutlich reduziert, und sich einige Anbieter mangels Profitabilität aus dem Geschäft verabschieden werden.

ETF-Anbieter konnten bislang von diesem Trend profitieren und ihr relativer Marktanteil wurde durch die Finanzkrise gestärkt. Als Anbieter für günstiges Beta haben sie ihre Position vor allem im institutionellen Bereich ausgebaut und ihr Produktangebot stark ausgeweitet (vor allem im Rentenbereich). Bei den zunehmend angebotenen Nischenthemen und semi-aktiven Strategien lässt sich jedoch noch kein großer Erfolg feststellen (Abbildung 2).

Produkte müssen für den Kunden klar verständlich und abgrenzbar sein. Sonst wird hier die Basis für Missverständnisse beim Anleger und unter Umständen enttäuschte Kundenerwartungen geschaffen. Der Anleger sollte zum Beispiel die Möglichkeit haben, entweder in konservative Produkte ohne Beimischungen zu investieren oder in Produkte, die explizit zusätzliche Komponenten enthalten, die mehr Rendite, aber auch mehr Risiko bergen. Entscheidend ist, dass dies dem Anleger auch klar kommuniziert wird.

Einfache Grundsätze in den Fokus gerückt

Die Finanzkrise führte in bestimmten Bereichen (zum Beispiel bei Asset Backed Securities oder Genussscheinen) zu Liquiditätsproblemen, in deren Folge es teilweise auch zu temporären Fondsschließungen kam, um Bestandskunden zu schützen.

Wichtig wird es sein, Illiquiditätsrisiken vorab noch transparenter zu machen und Produkte zu differenzieren. Wenn ein Produkt temporär illiquide Assets beinhaltet, sollte die Möglichkeit einer zeitweisen Schließung - die den Anleger schützt - von vornherein noch klarer kommuniziert werden. Es genügt nicht, Produkte nur nach Risiko und Rendite zu klassifizieren, die Komponente Liquidität gehört ebenfalls dazu.

Komplexität nur bei höherem Anlegernutzen

Komplexität ist bei modernen Anlageinstrumenten nicht zu vermeiden. Dennoch sollte Komplexität nur dann eingegangen werden, wenn auch ein konkreter Anlegernutzen damit verbunden ist. Ein positives Beispiel sind fondsbasierte Riester-Depotlösungen. Diese werden zum Teil nach sehr komplexen quantitativen Verfahren gesteuert, die durch Verlustbegrenzungen helfen, Performancechancen zu wahren. Hier lässt sich die Komplexität nicht vermeiden. Umso wichtiger ist es, die Hintergründe und den Zweck dem Kunden transparent zu machen.

Die Hülle einer Anlage sollte im Anlegerinteresse möglichst transparent sein, die wesentlichen Kosten ausweisen und einen fairen Preis haben, zu dem täglich gehandelt werden kann. Die Fondshülle bietet eine sehr gute Grundlage, diese Grundsätze effektiv umzusetzen.

Konsolidierung für einen Neubeginn nutzen

Die Perspektiven für die Asset-Manage-ment-Industrie sind gut, wenn sie es schafft, diese Grundsätze zu beachten und die richtigen Lehren aus der Krise zieht. Welche Erfolgsfaktoren dafür entscheidend sind, soll im Folgenden gezeigt werden.

Die Finanzkrise war eine Bewährungsprobe für die Asset-Management-Industrie. Sie hat aber auch Chancen zu einer Neubesinnung und einer flächendeckenden Umsetzung grundlegender Verbesserungen ermöglicht. Zum einen zwingt die Konsolidierung der Produktpalette die Asset Manager dazu, sich wieder mehr auf ihre Stärken zu besinnen. Zum anderen hat die Krise auch die Vorzüge der Fondshülle an sich unter Beweis gestellt. Denn seit der Finanzkrise kann niemand mehr behaupten, dass ein Emittentenrisiko keine Rolle spielt und eine adäquate Risikostreuung nicht erforderlich wäre. Fonds haben gerade hier einen großen Vorteil, da sie einen starken rechtlichen Rahmen haben, der das Vermögen des Anlegers schützt und Emittentenrisiken gestreut werden.

Chancen im Altersvorsorgemarkt nutzen

Auswüchse bei Neuprodukten und reine "Marketing Stories" ohne wirklichen Mehrwert für den Anleger dürften in Zukunft deutlich weniger werden: Produkte sollten insgesamt wieder selektiver aufgelegt werden, das heißt, nur wenn sie einen wesentlichen Mehrwert bringen und das Produktversprechen klar ist.

In der schwierigen Zeit hat sich auch bei Altersvorsorgeprodukten gezeigt, wie wichtig es ist, ein transparentes Anlagevehikel mit klarer Struktur und einer täglichen Liquidität zu haben. Depotlösungen, die auf Fonds aufbauen, konnten in der Krise rechtzeitig umschichten, um so Verluste zu begrenzen und Performancechancen zu wahren.

Die Fondshülle hat sich auch hier bewährt. Die Flexibilität und Transparenz der Hülle tragen dazu bei, dass diese in Zukunft noch stärker als Baustein für andere Lösungen eingesetzt werden wird. Gerade bei der Darstellung längerfristiger Garantien haben sich Asset Manager in den letzten Jahren stark entwickelt, und durch neue regulatorische Rahmenbedingungen ist es zum Beispiel für Versicherer sehr sinnvoll, zur Darstellung von Garantieversprechen verstärkt Fondsanbieter einzubinden.

Krise kann ein produktiver Zustand sein. Man muss ihr nur den Beigeschmack der Katastrophe nehmen, sagte einmal Max Frisch. Das gilt auch im Falle der Asset- Management-Industrie. Erste Schritte sind getan.

Neupositionierung beim aktiven Management

Die jüngste Historie hat gezeigt, dass in extremen Marktphasen Flexibilität gefragt ist: Indexanbieter sind zum Teil vom Markt verschwunden (Lehman Brothers, AIG), und es mussten Alternativen für plötzlich nicht mehr existente Benchmarks gefunden werden. Zudem waren Teile von Benchmarks durch die angespannte Marktlage mitunter nicht mehr effizient investierbar mit der Folge einzelner Marktverwerfungen, die altbewährte Indexkonzepte infrage stellten. Diese Beispiele zeigen zum einen, dass Produktpflege noch wichtiger geworden ist und zum anderen wie wichtig die Flexibilität des aktiven Managements ist.

Ein weiterer Wandel zeichnet sich im Kapitalmarktumfeld ab. Hier sehen nicht wenige Anbieter in ihren Prognosen und Simulationen, dass es in Zukunft verkürzte Marktzyklen und ein dauerhaft höheres Volatilitätslevel geben wird. Um in einem solchen Marktumfeld dennoch Profit für den Anleger generieren zu können, ist ein dynamisches Vermögensmanagement gefragt. Dies kann am besten von aktiven Asset Managern geleistet werden.

Falsch gesetzte Anreize waren einer der Hauptgründe für die Entstehung der Finanzkrise. Umgekehrt ist Erfolg meist bedingt durch richtig gesetzte Anreize, die im Einklang mit den Interessen aller Beteiligten - insbesondere der Endkunden - stehen. Für Fondsmanager heißt das, sie sollten nicht nur an der Performance gemessen werden, sondern auch die genommenen Risiken müssen in die Betrachtung eingehen. Dieser Ansatz setzt sich zunehmend am Markt durch.

Im Vertrieb ist die Asset-Management-Branche gut aufgestellt, da Vertriebspartner hier durch eine Bestandsprovision incentiviert werden und nicht gezillmert wird. Bei Zertifikaten und Versicherungen werden in der Regel höhere Provisionen bei Vertragsabschluss gezahlt. Dadurch sinkt der Anreiz für den Vertrieb, dem Kunden ein für ihn langfristig attraktives Produkt anzubieten. Trotz guter Ansätze sollte der Anteil der Bestandsprovisionen im Vergleich zur Abschlussprovision weiter in den Vordergrund rücken, um einen Gleichklang mit Kundeninteressen zu erreichen.

Große aktive Fondsmanager sind meist Vollsortimenter und verfügen oft über einen breit aufgestellten und serviceorientierten Marktbearbeitungsansatz, der gerade in Krisenzeiten Mehrwert stiften kann. Wettbewerber, die hier stark sind, hatten tendenziell weniger Abflüsse in der Krise, da sie das besitzen, was zählt: Vertrauenskapital.

Kostenvorteil gegenüber aktiven Fonds?

Gerade in der Diskussion um ETFs wird häufig ein angeblicher Kostenvorteil gegenüber aktiven Fonds herausgestellt. Dabei wird oft vergessen, dass es entscheidend ist, dem jeweiligen Kunden das passende Produkt für seine Bedürfnisse anbieten zu können. Und diese Leistung kostet. Eine Diskussion, wie Beratungsqualität noch weiter verbessert werden kann, sollte regelmäßig geführt werden. Allerdings darf dabei nicht vergessen werden, dass die beschriebene Transferleistung einen klaren Mehrwert für den beratungsbedürftigen Endkunden darstellt. Der entscheidende Erfolgsfaktor, nicht zuletzt in Krisenzeiten, ist es, einen professionellen Kundenservice anbieten zu können, der den Kunden auch nach der Kaufentscheidung aktiv unterstützt.

Die Finanzkrise war und ist ein tiefer Einschnitt und könnte in vielen Bereichen des Asset Managements für eine Marktbereinigung sorgen. Einfachheit und Transparenz bei den Produkten treten wieder stärker in den Vordergrund, und es findet eine stärkere Differenzierung beim Thema Produktqualität statt. Wer es schafft, die richtigen Schlüsse aus der Krise zu ziehen und Qualität anbieten kann, hat auch weiterhin beste Zukunftsaussichten.

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