Private Wohnungsbaufinanzierung

"Der Leidensdruck ist hier einfach noch nicht hoch genug"

Peter Barkow

Im Interview mit Immobilien & Finanzierung spricht der strategische Finanzierungsberater Peter Barkow über das Verhältnis von klassischen Baufinanzierern und Bausparkassen mit Fintechs und Proptechs. Demnach gebe es bislang noch keine echten Kooperationen zwischen "alten" und "neuen" Akteuren - lediglich hier und da eine reine Geschäftsbeziehung. Die Digitalisierung stehe in der gesamten Immobilienbranche noch ganz am Anfang. Alles laufe sehr schleppend an, da aufgrund der Geschäftserfolge der vergangenen Jahre noch sehr gesättigt seien. In den Banken herrsche immer noch eine starke Fehlervermeidungskultur. Red.

I&F Auch die Immobilienfinanzierer sehen sich mit den aktuell typischen Herausforderungen der Finanzbranche konfrontiert: Zinstief, steigende Regulatorik und Digitalisierung. Halten Sie die Branche für gut gerüstet?

Das aktuell größte Problem der Banken ist das Einlagengeschäft in Verbindung mit der Fristentransformation. Ich denke nicht, dass Baufinanzierer hier eine Ausnahme sind. In der gewerblichen Immobilienfinanzierung spielt Transformation eher eine geringere Rolle.

I&F Wo sehen Sie konkrete Anknüpfungspunkte für Fintechs im Bereich der Immobilienfinanzierung? Fokussieren sich Fintechs - insbesondere kleine - bei der Immobilienfinanzierung auf einzelne Produkte in der Wertschöpfungskette? Oder gibt es auch ganzheitliche Ansätze?

Fintechs sind in der Regel in der Nische gestartet, weiten ihre Angebote aber zum Teil recht schnell aus. Ein gutes Beispiel ist hier N26, die als Girkokontoanbieter gestartet sind, nun eine Banklizenz haben und sukzessive weitere Produkte, teilweise in Partnerschaft mit anderen Fintechs, hinzufügen.

I&F Wie nachhaltig erscheinen Ihnen die Geschäftsmodelle von Fintechs und Proptechs im Allgemeinen? Können Sie beziffern, wie viele Fintechs am Ende überlebensfähig sein werden?

Unsere Datenbank "Fintech Money Map" zählt aktuell mehr als vierhundert Unternehmen. Für den Bereich Proptech haben wir derzeitig über 100 Unternehmensnamen gelistet. Hinzu kommen weitere Unternehmen, die wir aufgrund ihres Unternehmenszwecks primär dem Bereich Crowdinvesting zuordnen. Hier sprechen wir von Immobilienfinanzierern. Gerade in den letzten Jahren sind viele Unternehmen im Bereich Proptech auf den Markt gekommen.

Im Start-up-Segment ist es normal, dass die Mehrzahl der Unternehmen nicht erfolgreich sein wird. Wie viele am Ende wirklich überleben, ist aber aktuell noch nicht absehbar. Es gab auch bereits Proptech-Start-ups, die ihren Betrieb schon wieder eingestellt haben.

I&F Sind Kooperationen zwischen Immobilienfinanzierern und Fintechs das wahrscheinlichste Szenario? Gibt es bereits Beispiele aus der Praxis? Oder ist es alternativ gar denkbar, dass noch mehr Fintechs Banklizenzen erwerben?

Aktuell würde ich es eher noch Geschäftsbeziehung nennen, im Wesentlichen bestehen diese zu den Vermittlungsplattformen. Eine Ausnahme ist vielleicht Leverton, die unter anderem eine Kooperation mit Jones Lang Lasalle eingegangen ist. Einen wirklichen Trend wie zwischen Banken und Fintechs sehe ich aktuell noch nicht. Es gibt sowohl national als auch international bereits Fintech-Unternehmen, die eine Banklizenz haben. N26 ist ein Beispiel.

I&F Handelt es sich eher um Konzepte im B2B-Bereich? Oder steht die Beziehung zum (privaten) Endkunden im Fokus?

Aktuell liegt der Schwerpunkt der Proptechs im Bereich Business-to-Consumer (B2C). Im weiteren Fintech-Segment erleben wir aber bereits einen Wandel hin zu B2B(2C)-Strategien. In Start-up-Sprache nennt man eine solche Änderung der Geschäftsstrategie dann Pivot.

I&F Was wurde hinsichtlich der Digitalisierung bislang erreicht und was kann in Zukunft noch erreicht werden?

In der gesamten Immobilienbranche steht das Thema Digitalisierung noch ganz am Anfang. Der Leidensdruck ist hier einfach noch nicht hoch genug, da es der Branche durch den Investmentboom der letzten Jahre hervorragend geht.

I&F Ist eine "disruptive" Umwälzung des Segments ähnlich der Hotel-/Personenbeförderungsbranchen (AirBnB, Uber) vorstellbar?

Im Bereich Baufinanzierung haben die Banken den Vertrieb bereits weitgehend aus der Hand gegeben. Sie werden das so auch nicht wieder rückgängig machen können. Hier hat die Disruption also bereits stattgefunden.

I&F Halten Sie die Strukturen der Immobilienfinanzierer für flexibel genug, um digitale Konzepte nach dem Trial-and-Error-Prinzip in der Praxis zu testen?

Das ist für Banken generell ein wichtiger Punkt. Es muss möglich sein, mit neuen Ideen auch zu scheitern. Ob die konzerninternen Strukturen das ermöglichen, ist allerdings sehr fraglich.

Ausfallquoten von über 50 Prozent, die bei Start-ups und Venture Capital zur Tagesordnung gehören, sind in deutschen Konzernen vermutlich kaum vermittelbar.

In Banken herrscht nach wie vor eine starke Fehlervermeidungskultur. Das fängt schon bei der Kreditvergabe an, wo lange Zeit versucht wurde, Ausfälle zu minimieren, anstatt Erträge zu maximieren. Bei Google X wird man übrigens sogar dafür belohnt, wenn man sein Projekt aufgibt und scheitert. Von so einer Kultur sind wir in Deutschland vermutlich noch weit entfernt.

I&F Wie wichtig ist der Kundenkontakt bei der Immobilienfinanzierung? Ist es ein Geschäft, das unter Umständen komplett digitalisiert ablaufen könnte? Welchen Stellenwert hat der persönliche Kontakt?

Die Baufinanzierung ist ein recht standardisiertes Produkt, das sehr wettbewerbsintensiv ist. Da es aber um viel Geld geht, wird insbesondere der Finanzierer auf Kontakt zum Kreditnehmer bestehen.

I&F Der letzte große innovative Impuls bei der privaten Immobilienfinanzierung scheint das Aufkommen von Vermittlerplattformen wie Interhyp gewesen zu sein. Haben diese für erhöhte Transparenz/Vergleichbarkeit bei der Finan zierung von Immobilien gesorgt? Lässt sich der Kundennutzen beziffern?

Wir schätzen, dass die Banken zirka 10 bis 15 Basispunkte an Kreditmarge eingebüßt haben. Dazu kommt für die Banken noch die Provision, die an den Vermittler zu entrichten ist.

Zur Person

Peter Barkow Geschäftsführer, Barkow Consulting GmbH, Düsseldorf

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