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Wohnimmobilien in spanischen Metropolen - Risikomitigation durch Projektentwicklung

Abbildung 1: Bruttoinlandsprodukt im europäischen Vergleich auf Quartals basis (Angaben in Prozent) Quelle: Instituto Nacional de Estadistica; eigene Darstellung

Projektentwicklungen sind mit zusätzlichen Risikofaktoren behaftet. Aus Sicht des Autors ist bei entsprechender Marktkenntnis und einem passenden Netzwerk aber eine überproportionale Rendite zu erzielen. Wie dies möglich ist, zeigt er am Beispiel einer Wohnimmobilienentwicklung in der spanischen Metropole Madrid auf. Im Rahmen einer Projektentwicklung können zusätzliche Potenziale gehoben werden, die auf der Ebene des Gesamtprojekts zu einer Verschiebung des Rendite-Risiko-Profils führen. Red.

Grundsätzlich können Investitionen zu einem frühen Entwicklungszeitpunkt sinnvoll sein. Denn ein Großteil der mit einem spezifischen Projekt verbundenen Risiken ist nicht nur von dem Investitionszeitpunkt beziehungsweise Fortschritt der Projektentwicklung abhängig, sondern besteht auch bei der Übernahme schlüsselfertiger Objekte.

Kernrisiko Immobilität

Zusätzliche Risikofaktoren, die aus einer Projektentwicklung resultieren, müssen - wie alle anderen Faktoren - ein adäquates Upside-Potenzial bieten, um die zusätzlichen Unsicherheiten zu rechtfertigen, und werden, wie nachfolgendes Praxisbeispiel einer Wohnimmobilienentwicklung in der spanischen Metropolregion Madrid zeigt, bei entsprechender Marktkenntnis und dem passenden Netzwerk überproportional vergütet.

Kernrisikofaktoren bei der Bewertung von Immobilien resultieren unmittelbar aus ihrem Hauptcharakteristikum: der Immobilität. Sowohl das Wertänderungsrisiko als auch das Standortrisiko sowie rechtliche Risiken, aber auch das im Lebenszyklus der Immobilie bestehende Mietausfallrisiko oder das Instandhaltungsrisiko stehen in direkter Abhängigkeit zum Standort. Entsprechend müssen sowohl volkswirtschaftliche als auch regionale sowie lokale Faktoren und Entwicklungen in die Bewertung eines Objekts einbezogen werden. Dies gilt für Projektentwicklungen grundsätzlich genauso wie für die Übernahme schlüsselfertiger Objekte.

Das trifft auch für die Entwicklung des Wohnungsbauprojekts in der Metropolregion Madrid zu. In die Bewertung sind unter anderem volkswirtschaftliche Faktoren eingeflossen. So zeigt sich, dass etwa seit Mitte 2014 das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts deutlich gestiegen ist. Auf Jahresbasis lag es 2015 laut dem Instituto Nacíonal de Estadística bei etwa 3,5 Prozent und damit deutlich oberhalb des europäischen Durchschnitts.

Auch für die nächsten Jahre erwarten Experten eine weiterhin positive Entwicklung, wie das aktuelle Gutachten des Internationalen Währungsfonds (IWF) zeigt: Hierin hat der IWF seine Prognose nach oben korrigiert und geht nunmehr von einem BIP-Wachstum von 2,7 Prozent (2016) beziehungsweise 2,3 Prozent (2017) aus (siehe Abbildung 1).

Nachfrage in Madrid steigt kontinuierlich an

Zur deutlich gestärkten Inlandsnachfrage leistet auch der Immobiliensektor einen entscheidenden Beitrag. In diesem Sektor stieg das Wachstum auf inzwischen über fünf Prozent.1) Eine Entwicklung, die nicht nur zu einer nachhaltigen Stabilisierung der Volkswirtschaft beiträgt, sondern gleichzeitig auch Resultat dessen ist.

Besonders deutlich wird die Erholung des Immobiliensektors in den Metropolregionen. Die Nachfrage steigt kontinuierlich an, wodurch sich das Preisniveau erhöht und die Leerstandsquoten beziehungsweise das verfügbare Angebot sinken. Aufgrund der so gut wie nicht vorhandenen Fremdfinanzierungsmöglichkeiten ist die Neubautätigkeit in den vergangenen Jahren seit Beginn der Immobilienkrise in 2007 fast zum Erliegen gekommen, was das verfügbare Angebot an Neubauwohnraum stark reduziert hat.

Während von diesen Faktoren sowohl Projektentwicklungen als auch schlüsselfertige Objekte profitieren, lassen sich im Rahmen einer Projektentwicklung noch zusätzliche Potenziale heben und somit auf Ebene des Gesamtprojekts eine Verschiebung des Rendite-Risiko-Profils erzielen. Sie ermöglicht eine Flexibilität hinsichtlich der Bauumsetzung, aber auch der Aus- und Preisgestaltung einzelner Bauabschnitte und somit eine partielle Risikomitigation. Während der Planung für das aktuell größte Wohnungsbauprojekt in der Metropolregion Madrid wurden beispielsweise Faktoren wie die durchschnittliche Haushaltsgröße berücksichtigt.

Mit etwa 60 Prozent liegt der aktuelle Vorverkaufsstand des ersten Bauabschnitts bereits vor Baubeginn über alle Wohnungsgrößen hinweg deutlich oberhalb der Prognose. Besonders auffällig ist, dass die Wohnungen mit zwei Schlafzimmern als erste ausverkauft waren und bereits eine Warteliste für den nächsten Bauabschnitt besteht. Dies ließ sich im Vorfeld weder aus den Durchschnittseinkommen, noch den durchschnittlichen Haushaltsgrößen im Stadtteil ableiten.

Da die Bauabschnitte einzeln, nach Erreichen einer Vorverkaufsquote von über 40 Prozent, umgesetzt werden, ermöglicht der frühe Einstieg in das Projekt, auf die starke Nachfrage in diesem Segment zu reagieren und im nächsten Bauabschnitt das Kontingent der Wohnungen mit zwei Schlafzimmern zu erhöhen. Insofern können Potenziale gehoben werden, die bei der Übernahme eines schlüsselfertigen Objekts entweder gar nicht oder nur mit erheblichen Mehrkosten/-aufwand realisierbar sind.

Vorteile von Projektentwicklungen

Auch die Verkaufspreise der Wohnungen werden sukzessive an die steigende Nachfrage angepasst. Wenn sich käuferseitig ein hohes Interesse an einem bestimmten Wohnungstyp abzeichnet, kann diesem bei einer Projektentwicklung entsprochen werden. Darüber hinaus ist in diesem Segment eine Anpassung der Preisgestaltung naheliegend, die dann entsprechend auf einen größeren Anteil der Wohnungseinheiten Anwendung findet. Dies ist durchaus auch im Rahmen des sozialen Wohnungsbaus möglich, wenn sich die kalkulierten Verkaufspreise - wie bei dem Projekt in Madrid aufgrund des günstigen Einstiegs der Fall - deutlich unterhalb der gesetzlich festgelegten Obergrenze befinden.

Neben der detaillierten Marktkenntnis und den professionellen internen Bewertungs- und Risikomanagementstandards, die sich an strikten Investitionskriterien orientieren, ist ein umfassendes Netzwerk verlässlicher und erfahrener lokaler Partner entscheidend. Dies ermöglicht nicht nur eine adäquate Risikobeurteilung, sondern auch eine plausible, nachhaltige Kalkulation und zuverlässige Umsetzung.

Gleichzeitig ist es eher beabsichtigt, das Projekt in Form eines konsequenten Abverkaufs der Wohnungen bis zur Fertigstellung zu realisieren und keinen größeren Bestand über eine längere Laufzeit hinweg zu verwalten. Wie eingangs argumentiert, bringt ein Vermietungsmanagement ganz anders geartete Risiken mit sich. Daher wird der größte Teil der Wohnungen als Eigentumswohnungen verkauft und nur ein geringerer Anteil voraussichtlich schlüsselfertig an institutionelle Investoren verkauft werden, die auf den Erwerb und das Management von Mietwohnungen spezialisiert sind.

Risiko sinkt im Zeitverlauf

Im Ergebnis verändern diese Faktoren das Risikoprofil des Projekts deutlich. Eine Umsetzung ist mittelfristig möglich: mit kalkulierten zirka vier Jahren vom Zeitpunkt des Grundstückserwerbs bis zum Projekt-Exit eine - im Immobiliensegment - eher kurze Zeitspanne. Dies erfordert im Umkehrschluss zeitlich begrenzte Prognosen über die weitere volkswirtschaftliche Entwicklung auf lokaler, regionaler und nationaler Ebene. Ein großer Vorteil, da Prognosen mit zunehmender Laufzeit überproportional an Unsicherheit zunehmen.

Im Zuge der Entwicklung des Projekts wird die Prognose linear durch tatsächliche Verkaufszahlen abgelöst, sodass schon während der eigentlichen Realisierung verlässliche Daten für die einzelnen Bauabschnitte vorliegen, die das Risikoprofil für das Gesamtprojekt positiv beeinflussen. Risikofaktoren wie das Mietausfallrisiko oder das Instandhaltungsrisiko während der grafisch dargestellten vierten Phase des Projekts sind hingegen durch den Exit vor der eigentlichen Objektnutzung ausgeschlossen (Abbildung 2).

Im Ergebnis verdeutlichen Beispiele wie die Entwicklung dieses Wohnungsbauprojekts, dass die Fokussierung auf Projektentwicklungen unter bestimmten Voraussetzungen nicht nur aus Renditegesichtspunkten sinnvoll ist, sondern partiell durchaus positive Auswirkungen auf das Risikoprofil haben kann. Entscheidend sind eine fundierte und realistische Einschätzung externer Risikofaktoren, eine vertragliche Begrenzung möglichst vieler Unsicherheitsfaktoren und eine umfangreiche interne Marktkenntnis sowie ein lokales Netzwerk vor Ort.

Fußnote

1) IWF, World Economic Outlook, Oktober 2015

Der Autor

Rolf Zarnekow Head of Real Estate, Aquila Capital Investment GmbH, Hamburg

Rolf Zarnekow , Head Investment Management Real Estate, Aquila Capital, Hamburg

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