ENTWICKELN UND BAUEN

GUTE UND SCHNELLE PLANUNGS- UND GENEHMIGUNGSVERFAHREN: WELCHE EINFLUSSFAKTOREN GIBT ES?

Dr. Anja Baars, Foto: Photographie Susanne Kästner

"Wir werden das Baugesetzbuch (BauGB) mit dem Ziel novellieren, seine Instrumente noch effektiver und unkomplizierter anwenden zu können, Klimaschutz und -anpassung, Gemeinwohlorientierung und die Innenentwicklung zu stärken sowie zusätzliche Bau flächen zu mobilisieren und weitere Beschleunigungen der Planungs- und Genehmigungsverfahren vorzunehmen." Gerade vonseiten der Immobilienwirtschaft erhielt die Ampel- Regierung für diese Passage aus ihrem Koalitionsvertrag viel Lob und Zuspruch, schließlich folgt sie damit einer der seit Jahren zu vernehmenden Kernforderungen aus der Branche. Bis es mit der BauGB-Novelle aber soweit ist, wird sicher noch etwas Zeit ins Land gehen. Der Blick auf planungs- und genehmigungstechnische Optimierungspotenziale im Hier und Jetzt ist also unabdingbar. Und wie der vorliegende Beitrag zeigt, existieren tatsächlich so einige wertvolle Stellschrauben, an denen gedreht werden kann. Red.

Verfahrensbeschleunigung ist in aller Munde. Der Koalitionsvertrag verfolgt ehrgeizige Ziele, zum Beispiel bei Infrastrukturvorhaben und Wohnungsbau. Um die gesteckten Ausbauziele erreichen zu können, fasst er Gesetzgebungsvorhaben ins Auge, die zu mehr Beschleunigung beitragen sollen. Doch wie sieht es mit dem Status quo tatsächlich aus? Lassen wir Beschleunigungspotenziale liegen, die wir heben könnten?

Beschleunigungsfaktor Nummer 1: Lage, Lage, Lage

Ein ganz wesentlicher Faktor für schnelle Planungs- und Genehmigungsverfahren sind nicht die gesetzlichen Verfahrensregelungen und ist auch nicht unbedingt das Verhalten der zuständigen Behörde, sondern es ist - wie auch sonst im Immobiliengeschäft - der Standort des Vorhabens.

Oft gilt die einfache Wahrheit, dass problematische Standorte problematische Verfahren nach sich ziehen. Ganz selten verläuft ein Verfahren glatt und geräuschlos, wenn ein Standort bereits umstritten ist, wenn er hinsichtlich seiner Nachbarschaft oder der ökologischen Bedingungen in der Kritik steht, in die Kritik gerät oder materielle Herausforderungen aufwirft.

Planungsverfahren birgt Risiken und Unwägbarkeiten

Optimal für eine schnelle Vorhabenzulassung ist demgegenüber ein Standort, der für das Vorhaben gut geeignet ist, insbesondere ein solcher, an dem für das Vorhaben bereits Planungsrecht besteht.

Muss für das Vorhaben Planungsrecht erst noch geschaffen werden, geht allein für das erforderliche Bauleitplanverfahren erhebliche Zeit ins Land. Im besten Fall ist ein solches Planungsverfahren in unter einem Jahr zu schaffen (siehe Abbildung).

Allerdings birgt ein Planungsverfahren - insbesondere, wenn es auf Geschwindigkeit getrimmt wird - Risiken und Unwägbarkeiten in Form der notwendigen Politik- und Bürgerbeteiligung.

Die übergeordnete Planungsebene nicht vernachlässigen

Anspruchsvoll sind Standorte, bei denen die örtliche Bauleitplanung auf ein übergeordnetes Raumordnungsplanverfahren angewiesen ist. Diese Planungsebene darf nicht vernachlässigt werden, weil Gerichte - namentlich die Obergerichte - die dort festgelegten Ziele der Raumordnung im Rahmen der sogenannten Inzidentprüfung von Amts wegen überprüfen.

1) Raumordnungsrechtliche Planungsverfahren sind oft sehr sperrig und träge. Beschlussgremium für die Aufstellung oder Änderung eines Raumordnungsplanes ist vielfach eine eigens für diesen Zweck gebildete Versammlung.2) Diese tagt in manchen Fällen nur vier Mal im Jahr.

Da das Gremium im Verfahrensverlauf regelmäßig zwei Mal - für den Erarbeitungsbeschluss und für den abschließenden Aufstellungsbeschluss3) - konsultiert werden muss, ist auch hierfür eine Zeitspanne von mindestens neun Monaten, unter Umständen auch deutlich mehr anzusetzen.

Vereinfachtes versus Vollverfahren

Erleichterungen bewirkt die Möglichkeit eines vereinfachten Verfahrens.4) Das vereinfachte Verfahren für Raumordnungspläne ist allerdings in seinem sachlichen Anwendungsbereich beschränkt. Es orientiert sich in seinen Voraussetzungen am Vorbild des vereinfachten Verfahrens nach dem Baugesetzbuch (BauGB). Es ist daran geknüpft, dass die Grundzüge der Planung nicht berührt werden. Das vereinfachte Verfahren kommt also nur in Betracht, wenn es um eine Änderung kleineren Umfangs, um eine Detailkorrektur beziehungsweise eine randliche Anpassung geht. Demgegenüber muss für eine grundlegende Änderung des Nutzungszweckes oder des Gebietszuschnitts von Flächen das Vollverfahren durchgeführt werden.

Weitere Beschleunigungspotenziale ergeben sich aus der Möglichkeit, sachliche Teilpläne gemäß § 7 Absatz 1 Satz 3 Raumordnungsgesetz (ROG) aufzustellen und damit raumordnungsrechtliche Themenbereiche abzuschichten oder der sogenannten Zielabweichung nach § 6 Absatz 2 ROG, das heißt der Möglichkeit, im Einzelfall von einer entgegenstehenden Zielbindung befreit zu werden, ohne ein Planänderungsverfahren zu durchlaufen.

Großes Beschleunigungshemmnis: Personalknappheit

Planung jeder Ebene - sei es die Raumordnungsplanung oder die Bauleitplanung - sind personalintensiv, auch für die planende Stelle. Erarbeitung, Fortschreibung und Überarbeitung der notwendigen Planunterlagen sind wegen der zu leistenden Abstimmung mit Fachbehörden, Politik und Bürgerschaft aufwendig. Je komplexer das Vorhaben ist, je schwieriger die Standortbedingungen sind, desto aufwendiger ist das Planverfahren.

Hat der zuständige Sachbearbeiter der planenden Stelle zu viele dieser Verfahren auf dem Tisch, stockt die Bearbeitung. Entlastung und damit Beschleunigung lässt sich hier durch die Einschaltung eines externen Planungsbüros erreichen.

Ein gutes Planungsbüro erarbeitet nicht nur saubere Planunterlagen, sondern liefert zugleich ein Projektmanagement, in dem es die Planungsbeteiligten und die Fachgutachter einbindet, auf dem Stand hält und koordiniert. Die Einschaltung eines Planungsbüros auf eigene Kosten des Bauwilligen ist nicht nur im Rahmen der Bauleitplanung, sondern auch für die Raumordnungsplanung möglich.5)

Verfahrenserleichterungen nach dem BauGB sind hilfreich

Eine realistische Zeitplanung, die Eintaktung in die Sitzungsfolge und die genaue Nachverfolgung der Meilensteine hilft dabei, dass Verfahren nicht aus dem Ruder laufen.

Auf Bebauungsplanebene gibt es - neben dem oben schon erwähnten vereinfachten Verfahren - mit den beschleunigten Verfahren nach § § 13a und 13b BauGB weitere Sonderverfahrensformen, die der Gesetzgeber mit dem ausdrücklichen Ziel der Verfahrensbeschleunigung geschaffen hat.

Als Sonderform gegenüber dem "Vollverfahren" haben sie einen begrenzten Anwendungsbereich. Das vereinfachte Verfahren nach § 13 BauGB ist auf Fälle geringfügiger Plananpassungen ("Grundzüge der Planung nicht berührt" und weitere Sonderfälle) beschränkt.

§ 13a BauGB gilt für Bebauungspläne der Innenentwicklung. Überplant werden dürfen ausschließlich Innenbereichsflächen mit der Zielsetzung der Innenentwicklung. Zudem ist der Anwendungsbereich im Hinblick auf die Flächengröße beschränkt (überbaubare Grundstücksfläche höchstens 7 Hektar) und daran geknüpft, dass die Planung keine besondere Umwelt- oder Störfallschutzrelevanz aufweist.

Anwendungsbereich nicht überdehnen

§ 13b BauGB ist zeitlich befristet und flächenmäßig noch stärker beschränkt. Das Verfahren gilt nur für kleine Wohngebietsentwicklungen (unter 1 Hektar Nettobaufläche) im Außenbereich mit unmittelbarem Siedlungsanschluss.

Die große Gefahr dieser Verfahrenstypen besteht darin, den in der Rechtsprechung streng gehandhabten Anwendungsbereich zu überdehnen und in der Folge aufwendig das Verfahren neu aufrollen zu müssen. Zahlreiche Planungsvorhaben scheitern im ersten Anlauf an der fehlerhaften Verfahrenswahl.6)

Eine erfolgreiche Normenkontrolle oder verwaltungsgerichtliche Inzidentüberprüfung muss und wird oft nicht ein echtes Projektende bedeuten. Die Notwendigkeit, das Planungsverfahren zum Zwecke der Heilung nach § 214 Absatz 4 BauGB in Teilen zu wiederholen, ist jedoch - neben der mitunter erheblichen Dauer des Gerichtsverfahrens - mit weiterem Zeitverzug verbunden.

Ist hingegen der Anwendungsbereich für das vereinfachte oder beschleunigte Bebauungsplanverfahren sicher eröffnet, sind die Verfahrenserleichterungen attraktiv: Im vereinfachten und im beschleunigten Verfahren kann auf die Umweltprüfung und ihre Dokumentation im Umweltbericht sowie auf die fehlerträchtige Angabe der Umweltinformationen in der Bekanntmachung zur öffentlichen Auslegung des Bebauungsplanes verzichtet werden. Das beschleunigte Verfahren wartet mit einem weiteren Feature auf: Für den Fall einer notwendigen Flächennutzungsplanänderung ist die Durchführung eines sogenannten Parallelverfahrens entbehrlich.

Oftmals kein Bedarf für verkürzte Öffentlichkeitsbeteiligung

Stattdessen reicht es aus, wenn der Flächennutzungsplan im Nachhinein im Wege der Berichtigung redaktionell angepasst wird (§ 13a Absatz 2 Nummer 2 BauGB, auf den § 13b Satz 1 BauGB verweist). Mit der Berichtigung entfällt die Einholung der Genehmigung der höheren Verwaltungsbehörde nach § 6 Absatz 1 BauGB. Dies spart nicht nur die Zeit von bis zu drei Monaten für das Genehmigungsverfahren (vergleiche § 6 Absatz 4 Satz 1 BauGB), sondern oft genug auch die Auseinandersetzung mit der Genehmigungsbehörde über die Planinhalte.

Von der Möglichkeit, im vereinfachten oder beschleunigten Verfahren nach dem BauGB die Öffentlichkeitsbeteiligung gemäß § 13 Absatz 2 Satz 1 zu straffen und zu verkürzen, wird selten Gebrauch gemacht. In der Regel fällt die dadurch erzielbare Einsparung von ein bis zwei Wochen im Verhältnis zur Gesamtverfahrensdauer nicht ins Gewicht. Der zeitliche Aufwand für die Bürgerbeteiligung entsteht nicht durch die Dauer der Beteiligung als solcher, sondern liegt in dem Aufwand für die Auswertung und Bearbeitung der eingegangenen Stellungnahme und dem vorauslaufenden politischen Entscheidungsprozess mit seinen feststehenden Sitzungsterminen und Vorlauffristen.

Das A und O: "weiche" Faktoren und die richtige Vorbereitung

Besonders schnell gehen die Verfahren über die Bühne, bei denen ein großes Interesse hinter dem Vorhaben steht und alle Akteure im Planungs- und Genehmigungsprozess an einem Strang ziehen. Die große Kunst besteht darin, das Inter esse zu transportieren und über die Dauer des Verfahrens lebendig zu halten, auch wenn es nicht um Teslas Gigafactory geht. Es bedarf sorgfältiger Vorbereitung und großen Fingerspitzengefühls, damit die richtige Einbindung von Politik, Nachbarn und Fachbehörden gelingt.

Verfahren werden schnell kompliziert, wenn sich einzelne Akteure vor den Kopf gestoßen fühlen und "auf Fehlersuche begeben". Wenn die politische oder bürgerschaftliche Akzeptanz für ein Vorhaben erst einmal verloren ist, lässt sie sich nur schwer wieder einfangen. Nicht immer ist es möglich, über Widerstand "hinweg zu regieren".

Hier schließt sich der Kreis zum Ausgangspunkt: Je passender der Standort ist, je einfacher und klarer die materielle Rechtslage ist, desto weniger Angriffspunkte gibt es und desto leichter lässt sich ein Vorhaben durchsetzen.

Straffung und Risikobegrenzung durch Verfahrenskoordination

Ist mit Rechtsstreitigkeiten zu rechnen, ist eine gute Koordination von Planungs- und Genehmigungsverfahren hilfreich. Baugenehmigungsverfahren können formell und informell vorbereitet werden, sodass die Genehmigungsreife unmittelbar mit dem Inkrafttreten des notwendigen Bebauungsplanes eintritt und die Baugenehmigung direkt erteilt werden kann.

§ 33 BauGB bietet sogar die Möglichkeit der Baugenehmigungserteilung vor dem Satzungsbeschluss - während des laufenden Planaufstellungsverfahrens. Voraussetzung dafür ist die sogenannte formelle und materielle Planreife.

Im Bebauungsplanverfahren muss also die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach §§ 3 Absatz 2, 4 Absatz 2 BauGB durchgeführt worden sein, es muss demnach anzunehmen sein, dass das Vorhaben den künftigen Festsetzungen des Bebauungsplans nicht entgegensteht, der Antragsteller muss diese Festsetzungen für sich und seine Rechtsnachfolger schriftlich anerkennen und es muss die Erschließung gesichert sein.

Neben der rein zeitlichen Frage ist ein solches Vorgehen auch mit Blick auf etwaige Nachbarrechtsbehelfe vorteilhaft. Die Anfechtungsmöglichkeiten für einen Bebauungsplan sind mit Blick auf die stattfindende objektive Rechtmäßigkeitskontrolle oft höher als diejenigen gegen eine Baugenehmigung.

Aufhebung bedarf erfolgreicher Normenkontrolle und Nachbarklage

Ein Nachbar kann eine Baugenehmigung nämlich nicht umfassend gerichtlich kontrollieren lassen, sondern ist darauf beschränkt, eine eigene Rechtsverletzung geltend zu machen. Verfahrens- und Formfehler, die Bebauungspläne relativ oft zu Fall bringen, können gegen eine Baugenehmigung nicht eingewandt werden.

Ist eine Baugenehmigung erst einmal erteilt, wird sie nicht automatisch bei einer erfolgreichen Normenkontrolle aufgehoben. Vielmehr bedarf es zusätzlich einer erfolgreichen Nachbarklage gegen diese Baugenehmigung, um das Vorhaben aus Nachbarsicht noch zu stoppen.

Scheitert die Nachbarklage gegen eine Baugenehmigung, kann das Vorhaben auf der Grundlage der wirksamen Baugenehmigung errichtet und genutzt werden, auch wenn der zugrunde liegende Bebauungsplan gerichtlich aufgehoben wird. Der umgekehrte Fall gilt naturgemäß nicht: Ist ein Bebauungsplan für unwirksam erklärt worden, können auf seiner Grundlage keine Baugenehmigungen mehr erteilt werden.

Ablauf eines Bebauungsplanverfahrens Quelle: A. Baars
Ablauf eines Bebauungsplanverfahrens Quelle: A. Baars

Fußnoten

1) Vgl. Oberverwaltungsgericht Münster, Urteil vom 3. September 2009 - 10 D 121/07.NE (Datteln IV).

2) Vgl. § 6 Absatz 1 und 2 Landesplanungsgesetz Nordrhein-Westfalen; Artikel 10 Absatz 3 und 5 Bayerisches Landesplanungsgesetz; § 22 Absatz 1 und 8 Landesentwicklungsgesetz Sachsen-Anhalt.

3) Vgl. § 19 Absatz 1 und Absatz 4 Landesplanungsgesetz Nordrhein-Westfalen; §§ 3 Absatz 1, 5 Absatz 5 Satz 1 Landesplanungsgesetz Niedersachsen.

4) Vgl. § 19 Absatz 5 Lanwdesplanungsgesetz Nordrhein-Westfalen; § 6 Absatz 2 Landesplanungsgesetz Niedersachsen; § 7 Absatz 7 Landesentwicklungsgesetz Sachsen-Anhalt.

5) Vgl. § 19 Absatz 2 Landesplanungsgesetz Nordrhein-Westfalen.

6) Vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 29. Juni 2021 - 4 C 6/19; Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 25. Juni 2020 - 4 C 5/18; Oberverwaltungsgericht Münster, Urteil vom 10. Februar 2022 - 7 D 260/20.NE; Verwaltungsgerichtshof Mannheim, Urteil vom 18. November 2021 - 8 S 2831/19.

Anja Baars , Partnerin, Wolter Hoppenberg Rechtsanwälte Partnerschaft mbB, Münster

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