FACILITY UND PROPERTY MANAGEMENT

ERFOLGSFAKTOR IMMOBILIENMANAGEMENT IN DER SOZIALWIRTSCHAFT

Prof. Dr. Harald Schmitz, Foto: BFS

Im Bereich des Immobilienmanagements und der Wertschöpfung aus Immobilien lässt sich in der Sozial- und Gesundheitswirtschaft noch viel Potenzial heben. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Untersuchung der Bank für Sozialwirtschaft (BFS). Der vorliegende Beitrag stellt die maßgeblichen Handlungsfelder vor. Eine nicht zu unterschätzende Rolle spielt bei alldem die Finanzierung: Über die Jahre hat sich bei Pflegeeinrichtungen, Krankenhäusern und Rehabilitationskliniken ein enormer immobilienbezogener Investitionsbedarf aufgetürmt. Das Einbinden von Kapitalmarktmitteln gewinne deshalb an Bedeutung, so die Autoren. Red.

Ob Krankenhaus, Pflegeheim oder Kindergarten - Immobilien sind ein wesentliches Betriebsmittel für die Geschäftstätigkeit vieler Sozialunternehmen. Zudem stellen Immobilien in der Sozial- und Gesundheitswirtschaft oftmals den größten Teil des Unternehmenswerts dar. So machen sie bis zu 70 Prozent des Bilanzvermögens aus und generieren nach den Personalkosten den zweitgrößten Kostenblock im Unternehmen. Nicht zuletzt entfalten sie die größte Außenwirkung: Architektur, Ambiente und Ausstattung sind auch in der Sozial- und Gesundheitswirtschaft zentrale Aspekte der Werthaltigkeit der Immobilien.

Kein Bestandteil des Kerngeschäfts

Jedoch sind die Immobilien in der Sozial- und Gesundheitswirtschaft nicht der eigentliche Zweck der Unternehmen, und von den meisten Leistungserbringern wird das aktive Management des Immobilienportfolios nicht als Bestandteil ihres Kerngeschäfts angesehen. In der Folge sind ein professionelles unternehmensweites Immobilienmanagement (Corporate Real Estate Management, CREM) und eine adäquate Verzahnung von Unternehmens-, Immobilien- und Finanzierungsstrategie keine Selbstverständlichkeit. Insbesondere bei vielen historisch gewachsenen Immobilienstrukturen bestehen enorme Entwicklungspotenziale.

Zugleich machen komplexe Entscheidungsparameter, vielfältige Einflussfaktoren und spezifische Merkmale von Sozialimmobilien deren strategische und operative Steuerung zu einem anspruchsvollen betrieblichen Aktionsfeld (siehe Abbildung). Über Fragestellungen wie Standortwahl, Architektur und Baurecht hinaus sind es in den stark regulierten Bereichen der Sozial- und Gesundheitswirtschaft unter anderem die volatilen rechtlichen Rahmenbedingungen, welche besondere Anforderungen an das Immobilienmanagement stellen. Zum Beispiel greifen bundeslandspezifische Vorschriften zur maximalen Platzzahl und zum Anteil von Einzelzimmern in Pflegeeinrichtungen maßgeblich in die Immobiliengestaltung ein.

Kosten- und Effizienzdruck steigt weiter

Auch Sozialreformen auf Bundesebene wirken über veränderte Leistungsansprüche auf die Geschäftsmodelle und damit verknüpfte immobilienstrategische Entscheidungen. Vor dem Hintergrund der sich zuspitzenden Finanzschwäche der öffentlichen Hand aufgrund der Corona-Pandemie wird auch der Kosten- und Effizienzdruck im Sozial- und Gesundheitswesen weiter steigen. Damit steigen die Anforderungen an den Gebäudebestand hinsichtlich effizienter Betriebsabläufe und Energieeffizienz. Ein weiteres Aktionsfeld ist das technikgestützte Wohnen und Betreuen.

Nachhaltig erfolgreiche immobilienstrategische Entscheidungen setzen tiefgreifende Kenntnisse des jeweiligen Geschäftsfeldes sowie Erfahrungen in den regionalen und lokalen Märkten voraus. Daher ist es unverzichtbar, dass das CREM und die strategischen Immobilienentscheidungen in den Händen der Fach- und Führungskräfte des Sozialunternehmens liegen. Leistungsfähige Strukturen dafür finden sich vor allem in größeren Unternehmen. Dagegen schränkt das Fehlen der notwendigen immobilienspezifischen Fachexpertise insbesondere in kleineren Sozialunternehmen die Entscheidungskompetenz oft spürbar ein.

Professionalisierung durch strategische Partnerschaften

Lücken bei Kompetenzen und Ressourcen können effektiv durch externe Beratung und strategische Partnerschaften - insbesondere mit branchenkundigen Investoren und Finanziers - geschlossen werden. Höchst relevant ist dies derzeit hinsichtlich der ökologischen Nachhaltigkeit als entscheidenden Aspekt für die dauerhafte Werthaltigkeit des Immobilienbestands. Es sind vor allem die Finanzmarktakteure, die das gebotene Problembewusstsein sowie Lösungsmöglichkeiten in die Kooperationen einbringen.

Eine große Herausforderung stellt die Finanzierung des zum Teil erheblichen Investitions- und Modernisierungsstaus dar. Allein für stationäre Pflegeeinrichtungen, Krankenhäuser und Rehabilitationskliniken besteht ein immobilienbezogener Investitionsbedarf bis 2030 von bis zu 9,6 Milliarden Euro pro Jahr. Stark steigende Baukosten, kostentreibende bau- und ordnungsrechtliche Vorgaben, die Preisdynamik bei Bestandsimmobilien sowie die erheblich zunehmenden Anforderungen an die ökologische Nachhaltigkeit der Gebäude erhöhen den Investitionsbedarf zusätzlich.

Für dessen Finanzierung sind die Einrichtungsträger in hohem Maße auf Mittel des Finanzmarktes angewiesen. Die Fördervolumina der öffentlichen Hand liegen seit Jahren unter dem Bedarf. Für die Refinanzierung von Investitionskosten über die Vergütung der medizinischen, pflegerischen oder betreuerischen Leistungen setzen sozialrechtliche Vorgaben enge Grenzen. Steigende Kosten finden in aller Regel nur unzureichend Berücksichtigung. Im aktuellen Umfeld des Immobilienmarktes führen diese Rahmenbedingungen nicht selten dazu, dass der Kapitalbedarf die Beleihungsmöglichkeiten der Banken übersteigt. Erschwerend kommt hinzu, dass insbesondere gemeinnützige Sozialunternehmen nur begrenzt auf Eigenmittel und kaum auf den Kapitalmarkt zurückgreifen können, um Finanzierungslücken zu schließen.

Kapitalmarkt gewinnt an Bedeutung

In der Folge gewinnt das Einbinden von Kapitalmarktmitteln in die Immobilienfinanzierung an Bedeutung. Strategische und langfristige Kooperationen mit passenden institutionellen Investoren können sinnvoll unterstützen, stille Reserven zu heben, Sanierungsstaus aufzulösen und Expansionsziele zu realisieren.

Insbesondere für gemeinnützige Akteure bestehen noch ungenutzte Chancen bei der Zusammenarbeit mit geeigneten Investmentpartnern. Voraussetzungen für den Erfolg einer solchen Partnerschaft sind eine ausgeprägte Branchenkompetenz des Investors, eine gemeinsame Ziele- und Wertebasis sowie eine langfristige Orientierung der Kooperation. Das Interesse institutioneller Investoren an Sozial- und Gesundheitsimmobilien ist ungebrochen hoch. Die Assetklasse ist ein solider Wachstumsmarkt und bewegt sich in einem speziellen Umfeld, das hauptsächlich vom demografischen Wandel geleitet wird.

Konjunkturelle Schwankungen tangieren Sozialimmobilien nur geringfügig - wie sich in der Corona-Pandemie erneut gezeigt hat. So stieg das Investitionsvolumen am deutschen Sozial- und Gesundheitsimmobilienmarkt im Jahr 2020 im Vorjahresvergleich um 61 Prozent auf 3,38 Milliarden Euro. Damit wurden die bisherigen Spitzenergebnisse von 2016 und 2018 deutlich übertroffen.

Das Immobiliensegment erreichte einen Anteil von 4,3 Prozent am gesamten Immobilien-Transaktionsvolumen in Deutschland. Investoren haben ein hohes Interesse daran, in eine Assetklasse zu investieren, die von der allgemeinen konjunkturellen Entwicklung weitgehend unabhängig ist und mit kurz- wie langfristig verlässlichen Cashflows lockt. In den Jahren 2021 und 2022 wird lediglich das limitierte Produktangebot dem Wachstum des Transaktionsvolumens Grenzen setzen.

Auch für die Sozial- und Gesundheitswirtschaft gilt: Neben der ökonomischen werden die ökologische und soziale Nachhaltigkeit von Geschäftsmodellen und Immobilien zu wesentlichen Erfolgsfaktoren. Kapitalgeber und Finanziers sind gefordert, bei ihren Investitionsentscheidungen und in Ankaufprozessen die von der EU-Kommission vorgeschriebenen Nachhaltigkeitskriterien im Hinblick auf Soziales, Umwelt und Unternehmensführung zu berücksichtigen. Auch für soziale Organisationen erhöht dies den Druck vonseiten des Kredit- und Kapitalmarktes. Nachhaltige Unternehmen und Immobilien werden priorisierte Finanzierungs- und Investitionsobjekte.

Einflussfaktoren auf die Steuerung von Sozialimmobilien Quelle: Bank für Sozialwirtschaft AG
Einflussfaktoren auf die Steuerung von Sozialimmobilien Quelle: Bank für Sozialwirtschaft AG

Eine klare Strategie ist unerlässlich

Für soziale Unternehmen und ihre Immobilien ist diese Entwicklung mit Chancen und Herausforderungen verbunden. Sozialimmobilien dienen spezifischen Zwecken wie der Betreuung, Integration und Pflege von Senioren und Menschen mit Behinderung, der Kindertagesbetreuung oder der sogenannten Quartiersentwicklung. Sie erfüllen somit in hohem Maße die sozialen Nachhaltigkeitsziele von Investoren und Finanziers. Dagegen ist das Einhalten konkreter ökologischer Anforderungen bei Neubau, Kauf, Sanierung und Betrieb von Immobilien ein Entwicklungsfeld in der Sozialwirtschaft. Bei vielen Unternehmen und Immobilienbeständen bedarf es hier weiterer Anstrengungen, um dauerhaft investitionsfähig zu bleiben.

Welche Bedeutung die Immobilien für den Erfolg vieler Sozial- und Gesundheitsunternehmen haben, wird in der Branche immer noch unterschätzt. Ohne eine klare langfristige Strategie zur Entwicklung, zum Betrieb und zur Finanzierung der Sozialimmobilien werden Risiken oft zu spät erkannt und Chancen nicht frühzeitig genug genutzt. Kooperationen zwischen Betreibern und institutionellen Investoren können die Umsetzung einer nachhaltigen Immobilienstrategie sinnvoll unterstützen. Voraussetzung sind langfristige strategische Partnerschaften mit gemeinsamen Zielen und gegenseitigem Verständnis.

Die Themen "nachhaltiges (Um-)Bauen" und "nachhaltige Immobilien" werden die Branche mehr als jemals zuvor begleiten. Unternehmen, die sich schon heute mit den möglichen Auswirkungen und dazu passenden Lösungen auseinandersetzen, haben daher einen klaren Vorteil.

Der Report "Erfolgsfaktor Immobilienstrategie in der Sozialwirtschaft" wurde in Kooperation mit der Bergischen Universität Wuppertal erarbeitet und steht auf der Website der Bank für Sozialwirtschaft zum Download bereit: https://www.sozialbank.de/news-events/publikationen/bfs-marktreports.

Porf. Dr. Harald Schmitz , Vorsitzender des Vorstands, Bank für Sozialwirtschaft AG, Berlin/Köln
Britta Klemm , Leiterin des Kompetenzzentrums Sozialwirtschaft, BFS Service GmbH, Köln

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