Immobilienmärkte

Die Besonderheiten der Finanzierung von Factory-Outlet-Centern

Norbert Müller

Die Finanzierung von Factory-Outlet-Centern weist einige Besonderheiten auf. Diese ergibt sich beispielsweise aus der für eine Immobilie ungewöhnliche Kostenstruktur sowie der hohen Abhängigkeit vom Betreiber. Zu beachten ist, dass nach erfolgter Inbetriebnahme und erfolgreicher Positionierung am Markt sich die Mittel- oder Langfristfinanzierung am Markt- und vor allem am Beleihungswert orientiert und der Abschlag des Beleihungswertes gegenüber dem Marktwert in dieser Produktkategorie besonders hoch ist. Eine Kombination von professionellem Betreiber und kapitalkräftigem Entwickler oder Endinvestor am richtigen Standort ist aus Sicht des Autoren zwingend notwendig. Von Beginn an den richtigen Betreiber an Bord zu haben ist zwingend notwendig, ihn während der Darlehenslaufzeit auszutauschen kann eine Herausforderung sein. Red.

In der gewerblichen Immobilienfinanzierung ist die pbb Deutsche Pfandbriefbank auch bei der Finanzierung von Factory-Outlet-Centern (FOC) aktiv. Diese bieten Verkaufsflächen für mehrere Hersteller verschiedener - meist hochwertiger - Marken, die ihre Produkte verbilligt anbieten.

Die Zahl der FOCs ist in den vergangenen Jahren deutlich angestiegen. 2015 gibt es europaweit über 150 Standorte. Rund ein Drittel dieser Zentren wird von den vier großen FOC-Betreibern McArthur Glen, Neinver, Realm Outlet Centre Management und Value Retail verwaltet. Als Vertriebsform sind FOC mittlerweile als eigene Assetklasse anerkannt. An einem guten Standort, mit einem professionellen Betreiber und mit einem geschickt gewählten Markenangebot bieten sie Investoren eine vergleichsweise hohe Rendite.

Ein aktuelles Beispiel für ein modernes FOC-Konzept ist das Outlet-Center Miramas in Südfrankreich. In unmittelbarer Nähe der französischen Großstadt Marseille und im Herzen der Region "Bouches-du-Rhône" gelegen, eröffnet das Zentrum den Einwohnern der zweitgrößten französischen Stadt sowie den Touristen der Regionen Provence und Côte d´Azur ein vielfältiges und modernes Einkaufsangebot.

Shopping unter der Sonne Südfrankreichs

Für dieses Zentrum hat die pbb der Betreibergesellschaft McArthur Glen im Juli 2015 eine Finanzierung in Höhe von 87 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Mit den Mitteln finanziert der Kunde den Bau des 24 500 Quadratmeter großen Outlet-Centers, das bis 2017 im Stil eines provenzalischen Dorfes errichtet wird und dann Flächen für insgesamt 120 Läden sowie sieben Restaurants und Cafés bieten wird.

Auch bei anderen bekannten FOC in Europa war die pbb Bankpartner. So finanzierte sie vor einigen Jahren unter anderem das La Roca Village in Barcelona und war Darlehensgeber für die Betreibergesellschaft Value Retail. Auch in Österreich, Deutschland und Großbritannien wurden entsprechende Finanzierungen von FOCs getätigt.

Diversifikation der Vertriebswege

Der Einzelhandel ist im Wandel und steht vor weiteren großen Veränderungen. Beschleunigt werden die Veränderungen vor allem durch veränderte Kundenwünsche und die voranschreitende Digitalisierung. In vielen Branchen kommen die Preise unter Druck, und die Gewinnspannen des Handels verringern sich. Auf diesen Margendruck wird in einigen Marktsegmenten mit sinkenden Preisen reagiert. Sehr erfolgreich agieren hier viele Lebensmitteldiscounter und verschiedene Billiganbieter im Modebereich.

Auf den Veränderungsdruck wird zudem durch die Verbreiterung der Vertriebswege reagiert. Über die Standorte, die Angebotspalette und über neue technische Möglichkeiten insbesondere durch die Digitalisierung werden neue Absatzmöglichkeiten gesucht. Die bekannten Einzelhandelslagen in den Innenstädten, Shopping- oder Fachmarktcenter werden daher ergänzt durch den stark wachsenden Onlinevertrieb. Auch FOC sind Ausdruck der weiteren Diversifikation der Vertriebswege.

Vorbehalte gewichen - Markt im Wandel

FOC kamen in den achtziger Jahren in den USA auf, um Kommissionsware, die von den Einzelhändlern zurückgegeben wurde, fehlerhafte Ware oder Restposten in fabrikeigenen Läden verkaufen zu können. Aus einzelnen Läden entstanden dann Zentren, die sich schnell als erfolgreiche eigenständige Vertriebsform etablierten.

Während diese FOC in den neunziger Jahren in den USA einen Boom erlebten und auch in Großbritannien erfolgreich waren, vollzog sich die Entwicklung in den anderen europäischen Ländern langsamer. In einigen Ländern - wie in Deutschland - werden Modeartikel von den Markenherstellern nicht als Kommissionsware vertrieben. Sie haben deshalb keine unmittelbare Notwendigkeit, auf die Vertriebsform FOC zu setzen. Zudem gab es in vielen kontinentaleuropäischen Ländern erhebliche Vorbehalte gegen diese Vertriebsform. Die Zentren wurden als Konkurrenz des innerstädtischen Einzelhandels aufgefasst. Es wurde befürchtet, dass FOC Kunden aus den Innenstädten anlocken und darunter die Attraktivität der Innenstädte leide.

Zwischenzeitlich haben diese Vorbehalte abgenommen. Erfahrungen haben gezeigt, dass prosperierende Innenstädte und erfolgreiche FOC sich nicht ausschließen und so stieg die Anzahl der FOC und der Verkaufsfläche kontinuierlich an. Insgesamt 159 Zentren bieten eine Gesamtverkaufsfläche von über 2,5 Millionen Quadratmeter. Die Gesamtverkaufsfläche in Großbritannien ist mit rund 530 000 Quadratmetern am höchsten, gefolgt von Italien, Frankreich und Spanien. Dabei ist die Verkaufsfläche je tausend Einwohner in Großbritannien mit 8,6 Quadratmetern rund 80 Prozent größer als in Frankreich (4,8 Quadratmeter) und über viermal so groß wie in Deutschland (2,1 Quadratmeter; Quelle jeweils: Ecostra-Grundlagenforschung, Wiesbaden).

Während der britische Markt mittlerweile als nahezu gesättigt gilt, gibt es für erfolgreiche FOC in den anderen europäischen Ländern noch Potenzial - auch wenn Verbraucher in den verschiedenen europäischen Märkten unterschiedliche Konsummuster aufweisen. Gerade auf dem deutschen Markt wurden in den vergangenen Jahren zahlreiche FOC eröffnet. Mittlerweile bemühen sich Kommunen aktiv, FOC in ihren Gemeinden anzusiedeln, und so wurden im Jahre 2012 die FOC Neumünster, Ochtrup und Soltau eröffnet. Im Jahr 2014 folgte mit dem "City Outlet" Bad Münstereifel erstmals ein Zentrum in innerstädtischer Lage und für das Jahr 2016 wird mit der Eröffnung der FOC in Montabaur und Brehna eine Verdichtung des Standortnetzes erwartet (Quelle: Gesellschaft für Markt- und Absatzforschung mbH).

Besonderheiten bei der Finanzierung

Die Finanzierung von Einzelhandelsimmobilien und insbesondere von FOC verlangt tiefe Marktkenntnis, denn der Markt weist diverse Besonderheiten auf. Diese ergeben sich zum einen aus der für eine Immobilie ungewöhnlichen Kostenstruktur und zum anderen aus der hohen Abhängigkeit der Immobilie vom Betreiber.

Eine Kombination von professionellem Betreiber und kapitalkräftigem Entwickler oder Endinvestor am richtigen Standort ist zwingend notwendig. Einige der derzeit führenden Anbieter in Europa haben sowohl Betriebs-Know-how als auch Kapital in Gemeinschaftsunternehmen gebündelt. Sie bilden so das finanzielle Rückgrat der jeweiligen Objektgesellschaft, in die das lokale FOC eingebettet ist.

Auf der einen Seite führen niedrige Baukosten und in der Regel auch sehr günstige Bodenpreise der geeigneten Lagen zu Gesamtinvestitionskosten, die im Verhältnis zu den zu erzielenden Umsätzen gering erscheinen. Dem stehen allerdings oftmals sehr lange Planungsphasen bis hin zur Ablehnung gegenüber. Unwägbarkeiten mit zusätzlichen Kosten ergeben sich zudem oft aus den erforderlichen zusätzlichen Erschließungskosten für eine ausreichende Infrastruktur, um eine gute Erreichbarkeit des Centers sicherzustellen.

Das Planungsrisiko trägt typischerweise der Entwickler/Investor. Bankfinanzierungen können erst abgerufen werden, nachdem alle Bau- und Betriebsgenehmigungen vorliegen und eine signifikante Vorvermietung stattgefunden hat. Ähnlich wie bei Shoppingcentern vermieten Betreiber und Investoren Restflächen tendenziell erst gegen Ende der Bauphase, um bessere Mieterträge und den idealtypischen Mietermix zu generieren. Während der Bauphase orientiert sich die Finanzierung an den Baukosten, die anteilig zum einzusetzenden Eigenkapital mit einem konservativen Prozentsatz finanziert werden - wobei Grundstücks- und Planungskosten mit Eigenkapital vorgehalten wurden.

Inhärente Risiken während der Bauphase wie Kostenüberschreitungen und termingerechte Fertigstellung müssen gesondert von den Initiatoren abgesichert werden. In der Regel geschieht dies über Garantien von kapitalkräftigen Muttergesellschaften oder ähnlichen Instrumenten.

Die termingerechte Fertigstellung ist von Bedeutung, da seitens der Mieter entsprechende Klauseln in den Mietverträgen aufgenommen werden. Das Einbinden eines Generalunternehmer ("General Contractor"), der die notwendige Substanz und Erfahrung mitbringt, sichert dieses Risiko ebenfalls ab. Dessen Sicherheiten werden an die finanzierende Bank abgetreten.

Nach erfolgter Inbetriebnahme und erfolgreicher Positionierung am Markt orientiert sich die Mittel- oder Langfristfinanzierung am Markt- und vor allem am Beleihungswert. Der Abschlag des Beleihungswertes gegenüber dem Marktwert ist in dieser Produktkategorie besonders hoch. Die Abschläge können aufgrund des Betreibercharakters und der reduzierter Drittverwendungsfähigkeit von FOC bis zu 50 Prozent betragen und machen konservative Finanzierungsausläufe von maximal 50 bis 55 Prozent des Beleihungswertes zu attraktiven pfandbrieffähigen Geschäften.

Sogenannte "Financial Covenants" wie beispielhaft ISC, DSC und Letting Ratios werden regelmäßig und unterjährig überprüft, um sehr zeitnah die Geschäfts- und Umsatzentwicklung zu verfolgen und gegebenenfalls frühzeitig eingreifen zu können. Spezifisch für FOC sind hohe Diskrepanzen zwischen Brutto- und Nettomieterträgen, seitens der finanzierenden Bank ist hier detailliertes Fach-Know-how verlangt. Ein weiteres wesentliches Merkmal ist, dass professionelle Betreiber einen nicht unerheblichen Anteil der Erträge in permanenter Positionierung und Vermarktung des FOC investiert.

Die Betreibergesellschaft hat wesentlichen Einfluss auf den Erfolg eines FOC. Umsätze in FOC können betreiberabhängig zwischen 1 500 Euro/Quadratmeter und mehr als 10 000 Euro/Quadratmeter liegen. Diese Spreizung spiegelt sich in den zu erzielenden Mieten wider. Um potenzielle Kunden des FOC anzuziehen, ist daher ein ausgewogener Mietermix unabdingbar. Als erfolgreich haben sich Konzepte erwiesen mit einer Mischung aus Anbietern der gehobenen Kategorie, die als Frequenzbringer ein jüngeres und breiteres Publikum anziehen sollen, und Anbietern, die auf das Luxussegment abzielen.

Die Betreibergesellschaft braucht ein stabiles Netzwerk zu den Anbietern dieser Kategorie. Nur die Aussicht, hochwertige Markenware günstig kaufen zu können, zieht Kunden an und führt damit auch zu hohen Umsätzen. Eine unabdingbare Managementleistung ist daher auch die kontinuierliche Beobachtung der aktuellen Markttrends und eine daran orientierte, laufende Angebotsanpassung. Für den Finanzierungspartner ist daher die Analyse der Betreibergesellschaft und ihres Konzeptes von herausragender Bedeutung. Von Beginn an den richtigen Betreiber an Bord zu haben ist zwingend notwendig, ihn während der Darlehenslaufzeit auszutauschen kann eine Herausforderung sein.

Der Autor

Norbert Müller Head of Real Estate Finance Continental Europe West, pbb Deutsche Pfandbriefbank AG, Unterschleißheim

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