Der Berg kreißte und gebar nicht einmal eine Maus

Es gibt hier an dieser Stelle immer wieder die traurige Gelegenheit darauf einzugehen, wie die Politik mit der Immobilienwirtschaft als einer wichtigen Leitbranche umgeht. Man denke nur an die Themen Bestellerprinzip bei Mietwohnungen und neuerdings auch die Diskussion im Zusammenhang mit Kaufimmobilien, Grunderwerbsteuererhöhungen (Bayern ist hier eine erfreuliche Ausnahme, Baden-Württemberg leider nicht), Mietpreisbremse, energetische Verschärfungen... Die Liste ließe sich weiter ausbauen.

Jetzt gibt es ein besonders klägliches Beispiel und das ist der Sachkundenachweis. Im Koalitionsvertrag war er neben diversen oben erwähnen Unerfreulichkeiten für die Immobilienwirtschaft vereinbart worden - er war quasi der einzig substanziell positive Punkt für die Immobilienwirtschaft in diesem Dokument. Die im Wahlkampf versprochene Wiedereinführung der degressiven AfA war bei den Koalitionsverhandlungen 2013 zunächst unter Finanzierungsvorbehalt gestellt und in der Endphase der Koalitionsverhandlungen komplett gekippt worden.

Und jetzt kommt nicht einmal der Sachkundeausweis, sondern nur eine klägliche Fortbildungsverpflichtung für Immobilienmakler und -verwalter, im Umfang von noch kläglicheren insgesamt 20 Stunden alle drei Jahre. Und das auch erst ab 2021. Kläglicher geht es nicht. Wie kam es dazu? Kurz nach der Regierungsbildung begann die Diskussion um die Umsetzung des eigentlich wohlklingenden Beschlusses der Koalitionäre. Diskutiert wurde, ob es eine "alte Hasen Regelung" geben solle. Sollte ein solcher Nachweis gleichermaßen für Makler, WEG- und Miethausverwalter gelten (wobei mir bis heute kein Politiker erklären konnte, warum es angedacht war, Mietverwalter hiervon auszunehmen)? Von wie vielen Stunden Lehrinhalt sollte man ausgehen? Wie lange sollte die Übergangsfrist von der Verkündung bis zum Inkrafttreten des Gesetzes sein?

Dann ging der Gesetzesentwurf sehr spät ins parlamentarische Verfahren, das sich schleppend hinzog, die Bundestagswahl rückte immer näher. Negativ war, dass sich der Deutsche Industrie- und Handelstag (DIHK) aufgrund nicht ganz überzeugender marktliberalistischen Erwägungen sehr skeptisch zu dem Gesetz äußerte (wohl aber bereit gewesen wäre, die nicht ganz unattraktiven Prüfungen zu übernehmen), obwohl sich große Kammern erfreulich klar für den Sachkundenachweis ausgesprochen hatten. Die Unionsparteien argwöhnten ein weiteres Stück Marktregulierung und waren daher nicht bereit den Sachkundenachweis mitzutragen. So eine kritische Ablehnung von Eingriffen in den Markt hätte man sich beim Bestellerprinzip und der Mietpreisbremse gewünscht, aber das sei hier nur ganz nebenbei angemerkt.

Während die Diskussion um den Sachkundenachweis wogte, waren viele Makler oder Verwalter sehr verunsichert, ob ihre bisherige Ausbildung oder Tätigkeit ausreichend sei oder ob sie irgendwelche Prüfungen nachholen müssten. Wie sich jetzt herausstellt - alles eine völlig unnötige Aufregung. Und dann gab es da noch nicht so richtig seriöse Seminaranbieter, die faszinierenderweise schon Seminare für den Sachkundenachweis bewarben, obwohl es noch nicht einmal ein Curriculum oder sonstige Lehrinhalte gab. Der geplante und dann kurz vor der Ziellinie kläglich verendete Sachkundenachweis war ein riesiges Branchenverunsicherungs-Programm und eine mindestens ebenso große Enttäuschung. Man sagt so schön "der Berg kreißte und gebar eine Maus", bei diesem Trauerspiel muss man bilanzieren "er gebar nicht einmal eine Maus". Sehr schade!

Prof. Dr. Stephan Kippes, IVD-Institut - Gesellschaft für Immobilienmarktforschung und Berufsbildung mbH, München

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