Im Blickfeld

Wohnungsportfolios - mehr Handel über die Börse

Hohe Dynamik bestimmte auch 2013 den Handel mit deutschen Wohnimmobilien. Doch nicht nur Privatanleger suchten Wohnungen zur Selbstnutzung oder Vermietung, sondern vor allem große börsennotierte Unternehmen prägten das Marktgeschehen. Wie hoch das Transaktionsvolumen genau ist, hängt von den Abgrenzungskriterien des jeweiligen Marktbeobachters ab. Laut Jones Lang Lasalle summierte sich der Wert der gehandelten Wohnungen auf 15,8 Milliarden Euro. Dagegen zählten die Beratungsunternehmen CBRE und Savills deutschlandweit rund 13,8 Milliarden Euro. Damit überstieg das Handelsvolumen den Vorjahrswert um knapp 23 Prozent und stellt das vierthöchste Ergebnis seit 1997 dar. Lediglich in den Boomjahren 2004 bis 2006 waren die Transaktionsvolumina höher.

Im Unterschied zu damals kaufen heute jedoch deutlich mehr deutsche Investoren. Vier von fünf Erwerbern kamen im Jahr 2013 aus dem Inland. Eine Dekade zuvor war das Verhältnis noch umgekehrt. Allerdings ist es nicht so, dass es weniger ausländische Interessenten gäbe. Sie kommen nur weniger zum Zug. 2012 hatten Ausländer laut Jones Lang Lasalle noch einen Anteil von 40 Prozent am Transaktionsgeschehen. Doch inzwischen sind auch die deutschen Versicherungen, Pensionskassen und Fondsgesellschaften aufgewacht. Sie haben erkannt, dass Wohnungen in ihren Assetstrategien sträflich unterrepräsentiert sind und versuchen nun, eilig die Versäumnisse der Vergangenheit zu korrigieren. Dominiert wird der Ankauf jedoch von börsennotierten Wohnungsunternehmen.

Mehr als 440 Portfoliotransaktionen zählten Marktanalysten im vergangenen Jahr, während es 2012 "nur" etwa 300 gewesen waren. Dabei haben mehr als 236 000 Wohneinheiten den Eigentümer gewechselt. Vor allem in Berlin und Ostdeutschland lagen die Schwerpunkte. Auf diese Regionen entfielen von den zehn größten Transaktionen mit einem Investmentvolumen von insgesamt mehr als acht Milliarden Euro gut fünf Milliarden Euro. Weitere Hotspots waren Bayern und Nordrhein-Westfalen. Zunehmend rücken die Mittelstädte ins Anlegerinteresse. Auch hier waren 2012 die börsennotierten Wohnungsgesellschaften maßgebliche Treiber. Denn hier sind der Bieterwettbewerb um gute Lagen weniger intensiv und die Renditen noch besser als in den Metropolen.

Zwei Megatransaktionen stachen 2013 heraus. Im April sicherte sich ein Konsortium aus deutschen Versorgungswerken, Sparkassen und Pensionskassen unter der Führung der Patrizia AG für 2,45 Milliarden Euro die GBW AG mit knapp 31 000 bayerischen Wohnungen. Und im November zahlte die Deutsche Wohnen für 91 Prozent an der GSW AG, die Eigentümerin von rund 60 000 Wohnungen in Berlin ist, insgesamt 3,3 Milliarden Euro. Darüber hinaus erwarb die Deutsche Wohnen für 370 Millionen Euro einen Teilbestand der insolventen Wohnungsgesellschaft Level One. Weitere maßgebliche Käufer waren der israelische Investor Grand City mit knapp 570 Millionen Euro, Adler Real Estate mit mehr als 500 Millionen Euro und der französische Wohn-REIT Foncière Dévelopment Logements, der vier Wohnportfolios für 350 Millionen Euro übernahm.

Verkäufer waren im Jahr 2013 ebenfalls überwiegend Inländer. Ohne die GSW-Transaktion zu berücksichtigen, hatten die Deutschen einen Anteil von etwa 61 Prozent, weiß das Maklerhaus Savills. Es folgten US-Amerikaner und Schweizer, auf die zirka 13 beziehungsweise elf Prozent entfielen. Bemerkenswert auch: Fast ein Drittel des Transaktionsvolumens wurde von Banken angeboten, 17 Prozent von Private-Equity-Fonds und elf Prozent von Immobilien-Aktiengesellschaften. Diese Transaktionen dürften zu einem maßgeblichen Teil Portfolios betreffen, die in den Boomjahren vor 2007 mit hohem Fremdkapitaleinsatz und ambitionierten Businessplänen eingekauft wurden.

Mit damals ist die heutige Situation auf dem deutschen Wohnungsmarkt allerdings nicht mehr zu vergleichen. Während seinerzeit ausländische, opportunistisch orientierte Investoren zu beinahe jedem Preis alles kauften, was vor allem von der öffentlichen Hand und Industrieunternehmen an Wohnungsbeständen feilgeboten wurde, waren die Opportunisten zuletzt vorwiegend auf der Verkäuferseite zu sehen. In einem Punkt übertrifft 2013 aber selbst die transaktionsstarken Jahre 2004 bis 2006: Nie zuvor ist soviel Eigenkapital in den deutschen Immobilienmarkt investiert worden.

Anzeichen für eine mögliche Kreditblase bestehen zumindest auf dem Wohnungsmarkt nicht. Allerdings gibt es derzeit eine Inflation im Investmentvermögen. Da die Niedrigzinsphase wohl noch eine Weile die Märkte bestimmen wird, drängt weiter institutionelles Kapital auch in die Assetklasse Wohnen. Schon heute ist eine Erosion der Renditeansprüche zu beobachten. Damit aber wächst wieder die Gefahr, dass die Mieterträge zuerst zur Erfüllung von Renditeansprüchen vereinnahmt werden und weniger in den Substanzerhalt fließen. Genau das ist nach der letzten Immobilien-Hausse geschehen. Und es ist einer der Gründe, warum sich Neubau lange Zeit nicht lohnte und Wohnraum mittlerweile in vielen deutschen Groß- und Mittelstädten knapp geworden ist. L.H.

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