Schwerpunkt Immobilienstandort Nordrhein-Westfalen

Wohnen im Eigentum - Verfügbarkeit, Qualität und Preise in NRW

Um zu Aussagen zum Immobilienmarkt und zum Thema "Wohnen im Eigentum" in Nordrhein-Westfalen kommen zu können, ist zunächst eine Analyse der grundlegenden Rahmendaten, wie die Entwicklung der Bevölkerung, der Haushalte und des Wohnungsbestandes notwendig.

Das Land NRW hatte 2011 eine Bevölkerung von 17,8 Millionen Einwohnern. Nahezu alle Prognosen deuten darauf hin, dass diese Zahl in den nächsten Jahren sinken wird. Nur einige wenige Regionen wie unter anderem die Rheinschiene, Teile des Münsterlandes und Ostwestfalens werden noch einen Bevölkerungszuwachs aufweisen können. Entscheidend für die Nachfrage nach Wohnimmobilien ist jedoch nicht die Bevölkerungsentwicklung sondern vielmehr die Zahl der Haushalte. Obwohl die Einwohnerzahl sinken wird, wächst die Zahl der Haushalte mindestens bis 2030 weiter. Hierfür verantwortlich sind beispielsweise die rückläufige durchschnittliche Haushaltsgröße sowie die steigende Lebenserwartung.

In 2011 belief sich die Zahl der Haushalte auf 8,6 Millionen. Angesichts eines Bestandes von derzeit zirka 8,6 Millionen Wohnungen könnte man aktuell von einem ausgeglichenen Wohnungsmarkt ausgehen. Dieses ist jedoch nicht annähernd der Fall: während die wirtschaftlich wachsenden Regionen aufgrund von Zuzügen einen zunehmenden Engpass auf dem Immobilienmarkt aufweisen, der sich in stark steigenden Preisen und Mieten niederschlägt, sind andere Regionen eher von einem ausgeglichen Markt oder sogar einem Überangebot an Immobilien geprägt. Diese Unterschiede auf den einzelnen, regionalen Immobilien-Teilmärkten werden sich in den nächsten Jahren voraussichtlich sogar noch verstärken.

Aus diesem Grund gibt es weder heute noch in der Zukunft den einen Immobilienmarkt, den einen Immobilientrend oder die eine wohnungspolitische Lösung. Im Folgenden werden die marktbestimmenden Faktoren wie Angebot, Nachfrage, Preis und zukünftige Anforderungen an Immobilien sowie die Auswirkungen auf den Markt für selbst genutzte Immobilien betrachtet.

Immobilienangebot weitet sich nur begrenzt aus

Die Wohnungsbaufertigstellungen in Nordrhein-Westfalen haben sich seit dem historischen Tiefpunkt in 2009 zwar wieder leicht erholt, liegen mit etwa 39 000 Wohnungen (Prognose 2013) aber deutlich unter dem Niveau der neunziger Jahre. Im Vergleich mit dem Geschosswohnungsbau hat sich der selbst genutzte Wohnungsbau (Ein- und Zweifamilienhäuser) als die solidere Säule für die Wohnraumversorgung erwiesen. Die derzeitige Neubautätigkeit wird aber nicht annähernd ausreichen, um den Wohnraumbedarf - insbesondere in den Ballungsräumen - zu decken. Dieser Bedarf wächst quantitativ durch die bis 2030 zu erwartende Zunahme der Haushalte und durch den steigenden Pro-Kopf-Verbrauch an Wohnfläche. Andererseits entsteht aber auch qualitativ Ersatzbedarf, da der Wohnungsbestand die derzeitigen Anforderungen an eine Immobilie immer weniger erfüllen kann. So weist nach aktuellen Zahlen des Zensus 2011 der Wohnungsbestand in Nordrhein-Westfalen ein Durchschnittsalter von über 48 Jahren auf und sechs Millionen der insgesamt 8,6 Millionen Wohnungen wurden vor Inkrafttreten der 1. Wärmeschutzverordnung gebaut.

Angesichts des nicht ausreichenden Neubauvolumens sucht sich schon seit Jahren die Nachfrage nach Wohneigentum ihr Ventil im Gebrauchtimmobilienmarkt. Insbesondere in den letzten beiden Jahren nahm die Zahl der Kauffälle deutlich auf knapp 160 000 Wohnungen pro Jahr zu. Experten schätzen, dass zwei Dritte dieser Objekte selbst genutzt werden oder von privaten Kleinvermietern erworben wurden.

Käufe von Wohnungen gehen zurück

Allerdings deutet sich auch hier eine Trendwende an: Erste Berechnungen zeigen, dass in 2013 die Transaktionen gegenüber dem Vorjahr leicht zurückgegangen sind. Ein Grund für diese Entwicklung dürfte darin liegen, dass gerade in den wirtschaftlich starken Ballungsgebieten nicht mehr ausreichend Gebrauchtimmobilien zum Kauf angeboten werden. Entweder halten die Eigentümer ihre Objekte zurück, möglicherweise als krisensichere Kapitalanlage beziehungsweise mangels alternativer Anlagemöglichkeiten, oder sie warten in der Hoffnung auf weiter steigende Preise ab.

Fazit: eine Ausweitung des Wohnungsbestandes in Nordrhein-Westfalen findet derzeit nur marginal statt, die Wohneigentumsbildung in den bevorzugten Regionen wird mangels Angebot schwieriger. In der Konsequenz wird die ohnehin unterdurchschnittliche Wohneigentumsquote in NRW (43 Prozent) im Gegensatz zu Bayern (51 Prozent) und Baden-Württemberg (53 Prozent) stagnieren.

Ein wesentlicher Treiber für die Immobiliennachfrage ist die Attraktivität eines Wohnstandortes, der wiederum in erheblichem Umfang von der wirtschaftlichen Entwicklung und kulturellen Attraktivität sowie der guten Infrastruktur abhängt. Solche Regionen üben eine starke Anziehungskraft auf Zuwanderer aus. Hierzu zählen die Metropolen am Rhein sowie Münster und einige Regionen des Münsterlandes sowie Teile Ostwestfalens. Auch die Ausstrahlung als Hochschulstandort führt zu einem Zustrom an Studenten, sodass an einigen Standorten Zuwanderer und Studenten auf den gleichen Immobilienmarkt strömen. Die wachsende Zahl der Bevölkerung und insbesondere der Haushalte führen damit zu einer deutlichen Steigerung der Nachfrage in diesen Regionen.

Demgegenüber stagniert beziehungsweise schrumpft die Anzahl der Haushalte in den eher strukturschwachen Regionen, so zum Beispiel in Teilen des Ruhrgebietes, des Sauerlandes und einigen Bereichen Ostwestfalens. Die rein quantitative Nachfrage wird tendenziell in diesen Regionen eher sinken. Unabhängig von der regionalen Nachfrageentwicklung ergibt sich ein zusätzlicher Bedarf aus dem ausgeprägten Wunsch nach den eigenen vier Wänden. 77 Prozent der Bevölkerung halten laut TNS Trendindikator 2012 die eigene Immobilie für eine sichere Altersvorsorge und 69 Prozent für die beste Geldanlage.

Diesem Wunsch hat der Gesetzgeber 2008 Rechnung getragen und die selbst genutzte Immobilie in den Förderkatalog für die Altersvorsorgezulage (Wohn-Riester) aufgenommen. Damit wird insbesondere für Schwellenhaushalte der Sprung in die eigenen vier Wände erleichtert. Auch die Furcht vor einer steigenden Inflation fördert die Nachfrage nach "Betongold" in Gestalt der eigenen Immobilien. Last but not least macht das niedrige Zinsniveau für viele Erwerber den Weg in die selbstgenutzte Wohnung deutlich einfacher.

Höhere Anforderungen an die Qualität

Neben der steigenden quantitativen Nachfrage insbesondere in den Wachstumsregionen in NRW gibt es landesweit - sogar in eher schrumpfenden Regionen - zusätzlichen Wohnungsbedarf aus gestiegenen qualitativen Anforderungen an eine Immobilie. Kriterien wie zum Beispiel niedriger Energieverbrauch, Komfort, Ausstattung, Größe beziehungsweise Zuschnitt können vielfach nicht durch den Bestand erfüllt werden, sondern bedürfen auch dort des Neubaus. Die Zusammenhänge werden im Folgenden am Bedarf für die energetische und für die altersgerechte Modernisierung aufgezeigt.

Eigene Berechnungen zeigen, dass für die energetische Modernisierung eines privaten Objektes im Wohneigentum im Durchschnitt mindestens 46 000 Euro notwendig wären, um in die Nähe des von der Bundesregierung anvisierten Niedrigstenergiestandards bis 2050 im Bestand zu kommen. Das ergäbe für Nordrhein-Westfalen ein vorsichtig geschätztes Finanzierungsvolumen von mindestens 200 Milliarden Euro in den Wohnungsbestand. Diese Notwendigkeit oder die Erkenntnis ist bei vielen privaten Hausbesitzern aber noch nicht angekommen. Nach den Ergebnissen der LBS Energiewendestudie verursachen zwei Drittel aller Bestandsimmobilien im Land noch zu hohe Energiekosten, aber nur ein Drittel der Eigentümer erkennen den energetischen Modernisierungsbedarf.

Ähnlich groß ist die Differenz zwischen Einschätzung und Wirklichkeit, wenn es um die Frage geht, ob die eigene Immobilie bereits barrierefrei ist. Nach der GfK Finanzmarktforschung glauben 72 Prozent der Befragten, dass ihre Immobilie für den dritten Lebensabschnitt geeignet ist. Betrachtet man allerdings die Antworten auf die Frage, welche altersgerechten Einrichtungen die eigene Immobilie aufweist, so sind im Durchschnitt nur 2,5 der notwendigen zehn Kriterien vorhanden. Bereits heute fehlen in Nordrhein-Westfalen 694 000 altersgerecht ausgestattete Wohnungen.

Die Lücke steigt bis 2030 auf 824 000 an. Dieses Ergebnis erstaunt, da die Nachfrage nach altersgerechten Wohnungen bereits heute sehr ausgeprägt ist. So achten 20 Prozent aller Immobilienerwerber auf eine altersgerechte Ausstattung. Bei den über 50-jährigen sind es sogar fast 60 Prozent.

Modernisierung lohnt nicht immer

Mit Blick auf die Struktur des Wohnungsbestandes ist festzuhalten, dass sich vielfach eine Modernisierung nicht mehr lohnt, sodass Teile des Wohnungsbestandes dem Immobilienmarkt zukünftig nicht mehr zur Verfügung stehen werden beziehungsweise durch Neubau zu ersetzen sind.

Im Ergebnis ergibt sich aus den beschriebenen quantitativen und qualitativen Gründen für NRW ein zusätzlicher Neubaubedarf an Wohnungen und erheblicher Bedarf an Modernisierungen. Die Konsequenzen auf die Preisentwicklung von Wohnimmobilien werden im Folgenden beschrieben.

Die sehr unterschiedliche Entwicklung von Angebot und Nachfrage zeigt, dass es den Immobilienmarkt in Nordrhein-Westfalen nicht gibt und damit auch nicht den einen Preistrend. Vielmehr teilt sich das Land in sehr viele unterschiedliche Märkte auf. So kostet beispielsweise eine gebrauchte Doppelhaushälfte in Düsseldorf 2013, sofern überhaupt verfügbar, im Durchschnitt 300 000 Euro, während diese im 38 Kilometer entfernten Oberhausen für 165 000 Euro zu haben ist.

Die Preise in Düsseldorf sind im Vergleich zum Vorjahr um zirka neun Prozent gestiegen, während Oberhausen einen Preisrückgang von acht Prozent aufweist. Die unterschiedliche Preisentwicklung wird sich auch in Zukunft fortsetzen. Die Wirtschaft wächst regional weiterhin sehr unterschiedlich und beeinflusst damit die Wanderungsbewegungen erheblich.

Regional und qualitativ differenzierte Preisentwicklung

Neben den regionalen Unterschieden sind am Markt allerdings auch Entwicklungen zu erkennen, die auf Qualitätsunterschiede, wie Zuschnitt, energetischer Zustand, Barrierefreiheit et cetera beruhen und zu unterschiedlichen Preisentwicklungen von Neubau- und Gebrauchtobjekten führen. So sind die Preise für neue Einfamilienhäuser in den letzten zehn Jahren im Durchschnitt von 211 000 auf 278 000 Euro deutlich angestiegen. Im Gegensatz dazu sind die Preise für gebrauchte Einfamilienhäuser von 180 000 auf 172 000 Euro gesunken. Eine ähnliche Beobachtung konnte auch auf dem Markt für Eigentumswohnungen gemacht werden.

Die erfreuliche Botschaft für potenzielle Erwerber ist dabei aber, dass trotz der zum Teil sehr deutlichen Preissteigerungen in einigen Regionen die finanzielle Belastung nicht in gleichem Maße wuchs, häufig sogar sank. Während vor zehn Jahren Hypothekendarlehen noch zirka fünf Prozent kosteten, liegt der Zins derzeit bei unter drei Prozent. So führt der Preisanstieg eines Objekts, das vor etwa zehn Jahren 200 000 Euro kostete auf aktuell über 300 000 Euro derzeit nicht zu einer höheren Belastung bei der Finanzierung durch den Erwerber.

Private Investitionen fördern

Wenn es den einen Wohnungsmarkt - wie belegt - nicht gibt, dann gibt es auch nicht das Patentrezept oder den politisch Verantwortlichen für die Weiterentwicklung der Wohnraumversorgung in Nordrhein-Westfalen. Gefordert ist vielmehr ein Maßnahmenbündel, dass alle Beteiligte auf breiter Front involviert. Oberstes Ziel muss dabei sein, über verlässliche Rahmenbedingungen und staatliche Förderimpulse privates Kapital in den Wohnungsmarkt zu lenken. Nie zuvor waren die Finanzierungsbedingungen zum Beispiel für die Wohn eigentumsbildung günstiger als heute. Hätte ein potenzieller, privater Bauherr nicht mit Problemen wie knappem Bauland, komplizierten Klimaschutzvorgaben oder steigenden Grunderwerbssteuern zu kämpfen, wären diese Investitionen in Nordrhein-Westfalen deutlich positiver und könnten, angesichts der nachgewiesen breiten Wirkung und Multiplikatoreffekte für Handwerk und Bauwirtschaft das Wirtschaftswachstum im Lande unterstützen. Eine besondere Rolle spielt dabei die Eigentumsbildung: gelingt durch privaten Neubau die Erhöhung der Wohneigentumsquote, dann entlastet dies auch den angespannten Mietwohnungsmarkt. In den neunziger Jahren wurde bereits durch sogenannte Sickerstudien belegt, dass in 26 von 100 Fällen nach dem Umzug eines neuen Wohneigentümers in sein selbst genutztes Neubauobjekt Mietwohnungen frei werden, die wiederum durch weitere Umzugsketten Angebote im mittleren und niedrigen Mietpreissegment schaffen.

Eine effiziente Förderung für potenzielle Wohnungseigentümer ist dabei die Wohnungsbauprämie, die mittlerweile zweckgebunden und im Rahmen des so angesparten Kapitals ausschließlich in wohnungswirtschaftliche Maßnahmen fließt. Ihre Effizienz steht außer Frage: mit relativ geringem Förderaufwand wird ein Spar- und Finanzierungsvolumen angereizt, dass für die Eigenkapitalbildung beim Bau oder Kauf beziehungsweise bei der Finanzierung von Modernisierungsmaßnahmen notwendig ist. Eine Anhebung der seit 18 Jahren unveränderten Einkommensgrenzen für die Gewährung der Wohnungsbauprämie erscheint vor diesem Hintergrund längst überfällig. Im Übrigen belegen die Ursachen der aktuellen Finanzmarktkrise wie wichtig eine ausreichende Eigenkapitalbasis bei lang laufenden Immobilienfinanzierungen ist.

Bund und Länder sind zudem gefordert, bei den Rahmenbedingungen insbesondere den Kommunen zu helfen. Diese können zum Beispiel über ihre langfristige Stadtentwicklungspolitik einen wichtigen Beitrag leisten. So haben gerade Städte in NRW in den letzten Jahren begonnen, durch eine gezielte Innenentwicklung Bauland aus Brachen, Baulücken, Umwidmungs- und Konversionsflächen für den Wohnungsbau zu erschließen, statt "auf der grünen Wiese" Baugebiete auszuweisen.

Damit können die bestehenden Infrastrukturen genutzt, Quartiere neu geschaffen oder bestehende stabilisiert werden. Entsprechend der Nachfrage kann so unter Einsatz privater Investitionen ein attraktives Angebot für die Bildung von Wohneigentum und die Versorgung mit Mietwohnungen in den Städten geschaffen werden.

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