Kreditverkauf und Forderungsmanagement

Strategische und operative Aspekte von Portfolioankäufen

Der Ankauf von Portfolios privater Immobiliendarlehen wird in der Öffentlichkeit und den Medien vor allem als ein spekulatives Investment wahrgenommen. Denn Aufmerksamkeit erregten bisher mehrheitlich Finanzinvestoren, die in der Regel Non-performing Loans, also notleidende und gekündigte Darlehen, erwerben. Fernsehen und Zeitungen kritisierten dies gerade in den vergangenen Monaten am Beispiel spektakulärer Einzelfälle heftig. Das hat viele Hausbesitzer zu Unrecht verunsichert, da zum einen Kreditverkäufe nur ein bis zwei Prozent des gesamten Marktvolumens an Immobiliendarlehen ausmachen. Zum anderen gibt es auch Erwerber, die den Ankauf von privaten Immobilienfinanzierungen als eine Investition in langfristige Kundenbeziehungen betrachten.

Strategischer Ansatz

Zu dieser Gruppe zählt die Münchener Hypothekenbank. Sie hat im vergangenen Jahr erstmals ein Portfolio von 16 800 privaten Immobiliendarlehen von einer deutschen Hypothekenbank erworben. Es umfasst ausschließlich Performing Loans, mit denen wohnwirtschaftlich genutzte Objekte in ganz Deutschland finanziert werden. Es gelang damit, ein Paket an Darlehen zu übernehmen, das in Größe und Struktur eine gute Grundlage für den Ausbau stabiler Kundenverbindungen in der privaten Immobilienfinanzierung bietet.

Der Ankauf und die Integration des Portfolios ist Teil der langfristig angelegten Wachstumsstrategie des Kreditinstituts in der privaten Immobilienfinanzierung. Die Münchener Hypothekenbank ist eine der wenigen verbliebenen Hypothekenbanken, die gleichermaßen in der privaten wie in der gewerblichen Immobilienfinanzierung aktiv sind. Daran wird festgehalten, da die private Immobilienfinanzierung - trotz des immer schwierigeren Marktumfeldes mit sinkenden Margen - ein durchaus interessantes und identitätsstiftendes Geschäftsfeld ist.

Das gilt insbesondere mit Blick auf die traditionell tiefe Verankerung im genossenschaftlichen Finanzverbund als einzige Hypothekenbank in der Rechtsform der eingetragenen Genossenschaft. Sie ist seit dem vergangenen Jahr der Marktführer in der privaten Immobilienfinanzierung unter den Hypothekenbanken des Finanzverbundes. Mit dem Großteil der Volksbanken und Raiffeisenbanken verbindet sie eine langjährige und intensive Partnerschaft. Mehr als 80 Prozent der Genossenschaftsbanken bestätigen, dass sie mit der Zusammenarbeit sehr zufrieden sind. Das ergaben die letzte Verbundstudie des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken und unsere eigene repräsentative Marktforschung.

Der Bank liegt sehr viel daran, dass sich ihre Wachstumsstrategie in Einklang mit den genossenschaftlichen Prinzipien befindet. Dazu gehört insbesondere, die Kunden dauerhaft zu begleiten. Das verbindet die Münchener Hyp mit den Volksbanken und Raiffeisenbanken. Das Portfolio an privaten Immobiliendarlehen ist deshalb kein disponibles Investment. Im Gegenteil: Die Bank will die Bestände weiter ausbauen, da sie langfristig gute Perspektiven für die private Immobilienfinanzierung in Deutschland sieht.

Ein Verkauf von Immobiliendarlehen ist nicht Teil dieses Geschäftsmodells. Deshalb hat die Bank in der aktuellen Diskussion um Forderungsverkäufe als erster Anbieter bereits im vergangenen Jahr erklärt, auf eine Veräußerung vertragsgemäß bedienter Immobiliendarlehen zu verzichten. So konnten viele Kundenbeziehungen nachhaltig gestärkt werden.

Dennoch gibt es nachvollziehbare geschäftspolitische Gründe, warum manche Banken Retailportfolios teilweise oder ganz weiterveräußern. In ausgewählten Fällen ist die Münchener Hyp auch bereit, solche Portfolios zu kaufen.

Kriterien für Portfolioankäufe

Die Erfahrung zeigt, dass nahezu kein Portfolio, das zum Kauf angeboten wird, dem anderen gleicht. Die Zusammensetzung ist immer sehr individuell. Umso wichtiger ist es deshalb, anhand klarer Auswahlkriterien frühzeitig einen aussagekräftigen Eindruck von der Qualität des Portfolios gewinnen zu können. Folgende Anforderungen hat die Münchener Hyp dafür definiert:

- Die Darlehen müssen zur Risikopolitik und zum bestehenden Portfolio passen.

- Das Portfolio darf nur Performing Loans enthalten, die möglichst deckungsstockfähig sind.

- Es sollte eine angemessene Granularität und mehrjährige Historie aufweisen.

- Eine breite regionale Streuung der Forderungen ist ebenfalls positiv zu bewerten.

Nur wenn diese Kriterien erfüllt werden, erfolgt der Einstieg in ein Bieterverfahren.

Kundenkommunikation und Integration der Darlehen

Der sensibelste Teil einer Portfolio-Transaktion ist sicherlich die Kommunikation mit den neuen Kunden aus dem erworbenen Portfolio. Hier kommt es nicht nur darauf an, die rechtlichen Anforderungen zu erfüllen. Vor allem muss das

Vertrauen der Kunden gewonnen werden. Das erfordert Zeit. So ist bei der gewählten Ankaufsform - dem True Sale - die gezielte Ansprache und der Aufbau einer Kundenbeziehung nicht erlaubt, solange die Darlehensinhaber nicht in die Übertragung ihres Kreditvertrages an den Käufer eingewilligt haben. Erst mit dem Erreichen einer hohen Einwilligungsquote kann sich jedoch der langfristige wirtschaftliche Nutzen der Transaktion entfalten. Es ist aber nicht allein die aufgeheizte Diskussion um Darlehensverkäufe, die Fingerspitzengefühl in der Kommunikation mit den neuen Kunden erfordert. Das eigene Heim hat in Deutschland einen besonders hohen Stellenwert. Für viele ist es der größte Wunsch und die wichtigste finanzielle Entscheidung im Leben, bedeutet es doch eine Verschuldung über viele Jahre. Sicherheit, Vertrauenswürdigkeit, Kompetenz, Fairness und feste Ansprechpartner sind deshalb bei der Wahl des Finanzierungspartners für die eigenen vier Wände die wichtigsten Kriterien. Auch wenn in den vergangenen Jahren die Höhe des Zinses und damit der Preis des Darlehens eine immer größere Rolle spielten, wird doch nach wie vor eine dauerhafte Begleitung erwartet, am besten bis die letzte Rate getilgt ist. Ein unfreiwilliger Wechsel des Finanzierungspartners sorgt bereits aus diesem Grund oft für Verunsicherung. Entscheidend für eine erfolgreiche Übertragung der Darlehen ist deshalb, den Kunden von Anfang an die Gewissheit zu vermitteln, dass sie bei ihrem neuen Vertragspartner gut aufgehoben sind. Für die Kunden muss nachvollziehbar werden, welche Geschäftsstrategie verfolgt wird, was mit ihrem Darlehen geschieht und wie der Prozess der Integration abläuft. Mit dieser Zielsetzung hat die Münchener Hyp zeitnah nach dem Ankauf des Portfolios eine integrierte Kommunikationskampagne über alle Kanäle der Kundenansprache gestartet. Da die direkte Ansprache zunächst nicht möglich war, wurde dem Brief, mit dem die veräußernde Bank die Kunden über den Verkauf ihres Darlehens benachrichtigte, ein Schreiben beigefügt. Darin hat sich die Münchener Hyp als langfristig orientierter und kompetenter Finanzierungspartner vorgestellt und um die Einwilligung in die Darlehensübertragung gebeten. Zusätzlich wurden für alle Fragen rund um das Darlehen sowie die Bank eine ständige Hotline eingerichtet und damit für eine hohe Erreichbarkeit gesorgt. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Hotline wurden besonders geschult, um auch auf besondere Anfragen Auskunft geben zu können. Parallel hierzu wurden vielfältige weitere Informationsmöglichkeiten über den eigenen Internetauftritt bereitgestellt.

Betreuung und Bindung der Kunden

Im Ergebnis war die integrierte Ansprache der neuen Kunden sehr erfolgreich. Es gelang, eine außergewöhnlich hohe Einwilligungsquote zu erzielen. Mit dazu beigetragen hat sicherlich der gute Ruf der Bank als solider und verlässlicher Finanzierungspartner sowie die relativ hohe Markenbekanntheit.

Die technische Integration der vielen Darlehen war eine Bewährungsprobe für die Servicing-Systeme. Vor einigen Jahren hatte sich die Bank bewusst dafür entschieden, die Darlehensbearbeitung zu behalten. Drei Gründe sprachen dafür:

- feste Ansprechpartner in der Kundenbetreuung,

- schnelle Darlehensentscheidungen,

- Gewährleistung einer hohen Qualität im Service, von der Zusage bis zur Rückzahlung.

Um schnell auf erhöhte Anforderungen reagieren zu können, sind die Systeme flexibel gehalten. So konnte auch die

Integration des Portfolios in den Bestand und in die Prozesse konsequent und zügig abgeschlossen werden.

Die Betreuung der Kunden in der privaten Immobilienfinanzierung ist in den vergangenen Jahren erheblich anspruchsvoller geworden. Zum einen hat die Preissensibilität deutlich zugenommen und zum anderen werden zunehmend höhere Ansprüche an die Qualität einer Baufinanzierung gestellt - insbesondere an die Beratungsleistung, den Service und die Lieferfähigkeit des Finanzierungspartners. Damit einher geht eine gestiegene Bereitschaft, nicht mehr allein bei der Hausbank zu finanzieren beziehungsweise die Anschlussfinanzierung mit einem anderen Institut abzuschließen. Immer mehr Kunden suchen gezielt eine Finanzierung, die genau auf ihre Bedürfnisse abgestimmt ist.

Wie vielfältig die Bedürfnisse der Immobilienerwerber inzwischen geworden sind, zeigt die jüngste Themenausgabe der Zeitschrift Capital zur Baufinanzierung. Dort werden in einem noch kursorisch gehaltenen Überblick bereits zehn Kundengruppen mit jeweils ganz unterschiedlichen Finanzierungsanforderungen vorgestellt.

Die im Rahmen einer Portfolio-Transaktion gewonnenen Kunden bedürfen daher ebenfalls von Anfang an einer hochwertigen Beratung und Betreuung. Das heißt, neben der Service-Qualität ist eine rechtzeitige und bedürfnisorientierte Kundenansprache erforderlich. Da es sich ausnahmslos um Kunden handelt, deren Zinsbindung bereits seit einiger Zeit besteht, geht es hier natürlich vor allem um das Thema Anschlussfinanzierung. Gerade das macht diese Kunden auch für Mitbewerber zu einer interessanten Klientel.

Um die neuen Kunden aus dem Portfolioankauf langfristig zu binden, werden sie auf zwei Wegen angesprochen:

- Erstens wurde die Mitgliedschaft in der Münchener Hyp durch Zeichnung von Genossenschaftsanteilen angeboten. Die Mitgliedschaft - das hat die Marktforschung bestätigt - ist ein wichtiges Merkmal der Genossenschaftsbanken zur Differenzierung im Wettbewerb. Rund neun von zehn Kunden bewerten die Mitgliedschaft positiv. Das stärkt nachgewiesenermaßen auch die Kundenbindung. Ein wesentlicher Grund dafür ist, dass die Mitglieder Teilhaber ihrer Bank sind. Somit sind sie am geschäftlichen Erfolg beteiligt und in die demokratischen Entscheidungsprozesse der Genossenschaft eingebunden.

- Zweitens spricht die Bank im Rahmen ihres Produkt- und Beratungskonzepts die Kunden frühzeitig und bedarfsorientiert an. Dadurch haben die Partnerbanken zusammen mit der Münchener Hyp die Möglichkeit, die Kunden eingehender zu beraten. Denn auch bei Anschlussfinanzierungen entwickeln sich die Bedürfnisse immer weiter. Sie reichen von einer Standard-Anschlussfinanzierung über Forward-Darlehen, Sondertilgungsoptionen bis zur Aufstockung des Darlehens, wenn etwa eine Modernisierung ansteht. Mit dem Baukastenprinzip lässt sich hier je nach Bedarf eine flexible, bedürfnisgerechte und preisattraktive Finanzierungslösung zusammenstellen.

Ergänzung des Kerngeschäfts

Die Münchener Hyp hat mit dem Portfolioankauf ausgesprochen positive Erfahrungen gemacht. Das Darlehenspaket ergänzt die Bestände an Wohnbaufinanzierungen sehr gut. Die Migration und Integration der Darlehen verlief nahezu reibungslos. Es ließen sich deutliche Synergieeffekte in den EDV-Systemen verwirklichen. Durch die sehr gute Einwilligungsquote konnten zudem viele neue Kunden gewonnen werden. Nun geht es darum, diese langfristig an die Bank und den Finanzverbund zu binden.

Damit sind auch die Maßstäbe für künftige Ankäufe gesetzt. Die Bank ist dazu bereit, wenn die Rahmenbedingungen und der Preis stimmen. Der Fokus liegt allerdings weiterhin auf dem originären Geschäftsfeld, den von den genossenschaftlichen Partnerbanken vermittelten Immobilienfinanzierungen. Durch Ankauf erworbene Immobilienfinanzierungen werden in erster Linie als eine Ergänzung des Kerngeschäfts gesehen.

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