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Stellschrauben in der Renditekalkulation bei Wohnimmobilienfonds

Es ist noch nicht so lange her, dass Wohninvestments bei Investoren ein Schattendasein fristeten. Ob im Direktbestand von institutionellen Investoren oder indirekt in Fonds - als zu kleinteilig und verwaltungsintensiv wurden die Portfolios häufig gescholten. Private wie auch institutionelle Anleger geschlossener Beteiligungsmodelle bevorzugten lieber komplett Gewerbeimmobilien. Und noch immer entfällt der überwiegende Teil der Portfolios auf Büro oder Einzelhandel. Langsam jedoch setzt ein Umdenken ein.

Fallstricke der Renditekalkulation

Gerade vor dem Hintergrund der Finanzkrise sind Wohnimmobilien interessant geworden. In den nächsten zwei bis drei Jahren - das ist bereits jetzt absehbar werden sie viele Anleger anderen Nutzungsarten vorziehen. Für diesen Durchbruch gibt es gute Gründe. Vor allem überzeugen die stabilen und vergleichsweise hohen Renditen. In den vergangenen zehn Jahren erwirtschafteten Investoren, die in Wohnungen investierten, laut dem Analysehaus IPD sogar eine um fast zwei Prozentpunkte höhere Gesamtrendite als mit Büroimmobilien. Zudem minimiert sich bei einer insgesamt kleinteiligeren Vermietung von Wohnbeständen das Risiko von Leerständen deutlich im Vergleich zu Büroimmobilien.

Von dem Boom profitieren naturgemäß auch viele Anbieter von Wohnimmobilienfonds. Und wie so oft befinden sich darunter auch Initiatoren, die angesichts der teils ambitionierten Renditeanforderungen der Investoren ihre Angebote zu optimistisch kalkulieren und ihren Investoren eine zu hohe Rendite versprechen. Möglich wird dies über viele kleine Stellschrauben, sowohl in der Fondskalkulation als auch in der eigentlichen Verwaltung der Immobilien.

Beispiele gibt es viele, wie sowohl im Asset Management als auch im Property Management von unrealistischen Annahmen ausgegangen wird. So wird etwa mitunter in den Fondskalkulationen mit dem Kaufpreis des Portfolios gerechnet, nicht jedoch mit den viel wichtigeren Anschaffungskosten. Diese beinhalten nämlich auch die sogenannten Erwerbsnebenkosten - etwa die Grunderwerbsteuer zwischen 3,5 und 5,0 Prozent sowie die Notar- und Gerichtskosten. So entsteht letztlich eine günstigere Relation von Kaufpreis zum gesamten Fondsvolumen, als es in der Realität der Fall ist. Oft werden in diesem Zusammenhang vom Investor auch pauschale Ankaufsgebühren verlangt losgelöst davon, was vom Initiator wirklich an einen Makler gezahlt wurde.

Weitaus mehr Spielraum, die Fondsrendite auf dem Papier zu optimieren, ergibt sich jedoch im Property Management - also der Objektverwaltung. Auch hier warten wesentliche Stellschrauben, die ein Investment zunächst lohnend erscheinen lassen, sich jedoch bei späterer Betrachtung als zu optimistisch erweisen.

Ein gutes Beispiel dafür ist der Leerstand. Dieser wird häufig zu gering angenommen - Rücklagen, die den Ausfall ausgleichen könnten, jedoch die Rendite schmälern, werden kaum gebildet. Wenn ein Portfolio mit zwei Prozent Leerstand kalkuliert wurde, in der Praxis jedoch ständig fünf Prozent der Wohnungen leer stehen, kann es je nach Größe des Portfolios zu Einnahmeausfällen von mehreren hunderttausend Euro im Jahr kommen. Auch ein vermeintlich fluktuativer Leerstand kann sich schnell als struktureller Leerstand entpuppen. Das ist dann der Fall, wenn beendete Mietverhältnisse nicht nach kurzer Zeit wieder neu abgeschlossen werden und Wohnungen so für längere Zeit leer stehen.

Dem Fonds gehen in diesem Fall nicht nur Mieten verloren - viel wichtiger: Der Fonds muss anders als bei Gewerbeimmobilien bei Wohnimmobilien auch die fixen Betriebskosten zahlen, die nicht an die übrigen Mieter weitergereicht werden können. Dies sind etwa die Grundsteuer, die Müllabfuhr oder Versicherungen. Sie fallen immer an, egal ob ein Haus oder eine Wohnung leer steht oder vermietet ist. Das wird häufig in den Fondsberechnungen vergessen.

Aber auch einige umlagefähige Nebenkosten muss der Fonds bei Leerständen tragen. Dies ist dann der Fall, wenn variable Kosten auf die Wohnfläche und nicht auf den Verbrauch umgelegt werden. Dazu zählen etwa die Kosten der Müllabfuhr, der Haus- und Schornsteinreinigung oder etwa die Sach- und Haftpflichtversicherung. Bei leer stehenden Wohnungen tragen der Fonds beziehungsweise die Investoren diese Kosten.

Auch Neuvermietungskosten, etwa für einen Makler oder für Schönheitsreparaturen werden häufig nicht oder nur zu gering angesetzt und mindern so die Rendite. So beinhalten nach wie vor unzählige Mietverträge starre Fristenregelungen für die Schönheitsreparaturen. Laut der aktuellen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes sind diese Fristen ungültig. Der BGH hat viele Schönheitsreparaturen somit wieder an den Vermieter zurückgewiesen, was jedoch in kaum einer Fondskalkulation beachtet wird. Der Effekt zeigt Wirkung: Durch nicht oder nur gering ausgewiesene Kosten für Instandhaltung und Schönheitsreparaturen lässt sich die Ausschüttung an die Anleger signifikant höher darstellen.

Hellhörig werden sollten Anleger auch dann, wenn sich die Kosten für die Hausverwaltung an der Quadratmeterzahl der Wohnung orientieren. Dabei ist die kaufmännische und technische Verwaltung einer kleinen Wohnung in der Regel nicht günstiger als bei einer größeren Wohnung. Kalkuliert werden muss in diesem Fall also mit einem bestimmten Betrag pro Wohnung.

Mietpotenziale und die Realität

Besonders Erfolg versprechend erscheint einigen Initiatoren das Spiel mit dem möglichen Mietpotenzial. Nichts ist leichter, als Mietsteigerungen zu optimistisch zu berechnen und einen zu hohen Steigerungsbetrag pro Jahr auszuweisen. Was für den Anleger zunächst plausibel klingt, erweist sich in der Realität dann jedoch als Trugschluss.

So lassen sich die Mieten beispielsweise nicht in dem Maße erhöhen, wie dies prognostiziert wurde. Gründe dafür können sein, dass das Mietniveau der Wohnlage bereits vergleichsweise hoch ist und weitere Erhöhungen im Bestand kaum noch durchzusetzen sind. Insbesondere in strukturschwachen Regionen können Leerstände oder die Zahlungsunfähigkeit der Mieter drohen.

Bei Wohnimmobilien eher ungewöhnlich, werden Mietsteigerungen in Einzelfällen dennoch auch an die Inflationsrate gekoppelt. Das bedeutet, dass ein Anstieg der Inflation im Gegenzug zu steigenden Mieteinnahmen in der Höhe der Inflationsrate sorgt. Dies sorgt zudem nicht nur für ein höher ausgewiesenes Mietniveau. Höhere nachhaltige Mieten erhöhen auch den Wert des Fondsobjekts. Denn dieser berechnet sich aus dem Vielfachen der nachhaltig erzielbaren Jahresmiete. Eine auch nur geringfügig höhere Inflationserwartung sorgt so für höhere prognostizierte Ausschüttungen. Und diese sind nach wie vor einer der wichtigsten Beweggründe, in Geschlossene Immobilienfonds zu investieren. Bleibt die tatsächliche Inflationsrate jedoch hinter dem kalkulierten Wert zurück, fällt die Prognoserechnung in sich zusammen. Der Anleger ist dann jedoch bereits im Fonds "gefangen".

Aber nicht nur der Initiator oder der Property Manager kann für zu optimistische Prognosen verantwortlich sein. Auch externe und zum Zeitpunkt der Fondsauflegung unerwartete Ereignisse können eine Fondsrendite nachträglich schmälern. Dazu zählen beispielsweise Anforderungen des Gesetzgebers. Präsent ist in allen Köpfen der Energiepass. Seit Januar 2009 benötigen alle Wohnhäuser einen Energieausweis, wenn sie neu vermietet, verkauft oder verpachtet werden. Miet- und Kaufinteressenten, die auf der Suche nach einer Wohnung oder einem Haus sind, können den Hauseigentümer nach einem Energieausweis fragen.

Unerwartete Ereignisse

Der Energieausweis soll vor allem über den energetischen Zustand einer Wohnung informieren und die potenziellen Heiz- und Warmwasserkosten abschätzen. Zudem können Mieter verschiedene Häuser hinsichtlich ihrer energetischen Qualität miteinander vergleichen. Für den Eigentümer einer Immobilie ist der Ausweis allerdings mit Kosten verbunden. Denn zur Feststellung des Zustands muss ein Sachverständiger beauftragt werden, vor Ort den Energiestatus der Immobilie zu ermitteln. Gegebenenfalls müssen die Immobilien energetisch aufwendig saniert werden, was die Ausschüttungen ebenfalls schmälert.

Anleger sollten daher immer auf die wesentlichen Stellschrauben der Fondskalkulation achten. Auf diese Weise können sie schnell erkennen, ob die angebotene Beteiligung hält, was sie verspricht. Grundsätzlich gilt: Je optimistischer die Annahmen der Kalkulation, desto geringer ist die Möglichkeit, dass der Fonds seine Ziele erreichen und die prognostizierten Erträge liefern wird. Und desto wahrscheinlicher ist es, dass das Anlegervertrauen enttäuscht wird.

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