Kundenansprache

Vertrieblich strukturiert vermieten

In vielen Regionen Deutschlands ist Wohnungsvermietung inzwischen zu einem Wettbewerbsgeschäft geworden, in dem um jeden einzelnen Mieter gekämpft werden muss. Verantwortlich dafür sind der demografische Wandel und die rege Bautätigkeit nach der Wiedervereinigung. Denn während die Bevölkerung im Gebiet der alten Bundesrepublik mit 65,5 Millionen Einwohnern im Jahr 2002 wieder auf den Stand von 1992 (65,3 Millionen) zurückgegangen war, hatte sich die Zahl der Wohnungen im gleichen Zeitraum um rund 13,5 Prozent von 27,5 Millionen auf 31,2 Millionen Wohnungen erhöht.

Hoher Leerstand

Das starke Angebotswachstum hat zur Folge, dass in den alten Bundesländern inzwischen knapp siebenmal so viele Wohnungen leer stehen wie noch vor 15 Jahren: Leerstandsquoten von zehn bis 15 Prozent sind in strukturschwachen Regionen somit keine Seltenheit mehr.

Von erhöhten Leerständen besonders betroffen sind oftmals einfache Wohnungen. Denn bei einem hinreichenden Angebot wandern die Mieter in besser ausgestattete Wohnungen ab.

Doch noch immer agieren die Anbieter dieser Bestände wie in der Nachkriegszeit, als es noch überall einen deutlichen Nachfrageüberhang gab. Die Mitarbeiter inserieren Wohnungen, leiten den Wunsch nach einem Besichtigungstermin an die Außendienstmitarbeiter weiter und warten, bis sich einer der Interessenten für die angebotene Wohnung entscheidet. Dabei wird jedoch außer Acht gelassen, dass sich der potenzielle Mieter noch während des Vermietungsprozesses für die Wohnung eines anderen Anbieters entscheiden könnte.

Prinzipien des Strukturvertriebes

"Abwarten" ist daher in entspannten Wohnungsmärkten genau die falsche Strategie. Ein Vermieter sollte vielmehr darauf achten, dass er die Fristen während der Vermietung bestimmt. Einem Mietinteressenten sollte bereits beim Erstkontakt ein baldiger Besichtigungstermin angeboten werden. Wenn die Besichtigung nicht erfolgreich ist, sollte er bereits nach 24 Stunden ein weiteres Angebot erhalten. Denn mit jeder Besichtigung steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sich der Interessent für eine der Wohnungen entscheidet.

Aus Sicht der Wohnungswirtschaft besteht die Herausforderung darin, Strukturen zu schaffen, die dieses vertriebliche Prinzip erfolgreich umsetzen können. Vorbildlich in dieser Beziehung ist der Finanzstrukturvertrieb. Denn durch die im Strukturvertrieb üblichen standardisierten Abläufe, genau festgelegte Verhaltensregeln und Gesprächsleitfäden können standardisierte Vermietungsleistungen beliebig multipliziert werden. Damit können auch größere Volumen bewältigt werden.

Ziel des vertrieblich strukturierten Vermietungsmanagements ist es, den "Schwund" zwischen dem Erstkontakt und der Vertragsunterschrift zu minimieren, sodass die vor Ort vorhandene Nachfrage möglichst optimal abgeschöpft wird. Das kann unter anderem dadurch erreicht werden, dass der Informationsfluss gestrafft wird.

Ruft beispielsweise ein Interessent im Kundenzentrum an, wird der Besichtigungstermin vom dortigen Mitarbeiter vereinbart. Dem im Außendienst tätigen Mitarbeiter wird dieser Termin elektronisch mitgeteilt. Damit ist sichergestellt, dass der Außendienstler für eine Terminvereinbarung nicht erst den Interessenten zurückrufen muss. Erfahrungsgemäß ist das einer der ersten Schwundpunkte in der Wohnungsvermietung. Rund 40 Prozent der Interessenten werden nicht zurückgerufen. Zugleich wird durch die systematische Kontakterfassung und Terminierung gewährleistet, dass die Besichtigung nicht zu lange hinausgezögert wird.

Eine solche Vorgehensweise setzt allerdings voraus, dass das alte Servicezentrum in ein Backoffice umgewandelt wird, in dem alle vermietungsrelevanten Informationen erfasst, überprüft und ausgewertet werden. Erfasst werden unter anderem die Zahl der Kontakte und Besichtigungen pro Wohnung, die Summe der Wohnungen, die einem Interessenten angeboten wurde, und die Zahl der Besichtigungen, die jeder Mitarbeiter pro Vermietung benötigt. Im Idealfall ist das Backoffice somit das Herzstück eines strukturiert arbeitenden Vermietungsunternehmens.

Controlling und Reporting

Die hohe Informationsdichte innerhalb dieser Organisationseinheit ist die Voraussetzung für das Controlling sowie für die interne Qualitätssicherung und die externe Kontrolle. Denn anders als beispielsweise freie Makler informiert ein als Strukturvertrieb organisierter Vermieter eventuelle Auftrageber regelmäßig über den Stand der Vermietungen. Der Mehraufwand für den Vermieter hält sich dabei in Grenzen. Denn die in der Regel wöchentlichen Reporte werden auf Basis von bereits vorhandenen Informationen erstellt und führen somit zu keiner zusätzlichen Belastung.

Der Auftraggeber erhält durch die Berichte einen kaum zu unterschätzenden Mehrwert. Denn die Vermietungsmitarbeiter erfassen auch, warum eine Wohnung nicht besichtigt oder genommen wurde. Anhand der Informationen kann ein Wohnungsunternehmen einschätzten, ob noch Reserven bei der Vermietung bestehen. Alternativ vermitteln die Berichte die Gewissheit, dass die Nachfrage komplett abgeschöpft wurde. Dann weiß der Auftraggeber, dass die Modernisierung der nicht vermietbaren Wohnungen im Grunde unvermeidlich ist. Insgesamt lässt sich somit feststellen, dass durch eine möglichst vollständige Durchstrukturierung des Vermietungsprozesses "Schwund" und persönliche Fehler vermieden werden.

Vertriebliche Komponenten

Zu einer weiteren Verbesserung des Vermietungsergebnisses trägt bei, dass die Mitarbeiter eines Strukturvertriebes als selbstständige und erfolgsabhängig bezahlte Handelsvertreter agieren. Sie sind in der Regel vertrieblich geschult und haben ein unmittelbar materielles Interesse am Vermietungserfolg. Die Mitarbeiter können zudem durch eine progressive Vergütungsstruktur motiviert werden. Dabei steigt der Verdienst pro vermietete Wohnung mit der Anzahl der vermieteten Wohnungen.

Um allerdings tatsächlich Erfolg zu haben, müssen die Vermietungsmitarbeiter eine gewisse Dienstleistungsmentalität mitbringen. Denn das Modell Strukturvertrieb funktioniert nur, wenn die Mitarbeiter flexibel auf die Anforderungen der Kunden reagieren, sodass Besichtigungstermine auch am Wochenende oder in den Abendstunden angeboten werden können. Außerdem sollten die Mitarbeiter bestimmte Regeln der Gesprächsführung beherrschen und sich gegebenenfalls auch zurücknehmen können. Selbstdarsteller sind in der Wohnungsvermietung nicht gefragt. Gesucht sind dagegen Menschen, die in Sozialberufen oder der Gastronomie das ABC des Kundendienstes erlernt haben.

Darüber hinaus können auch Vermietungsberater aus den von Leerstand oder hohen Fluktuationsraten betroffenen Beständen rekrutiert werden. Damit würden die übrigen Mitarbeiter entlastet. Ein aus dem Bestand stammender Mitarbeiter verfügt über detaillierte Ortskenntnisse und ist zugleich ein authentischer Zeuge für die Vorzüge der zu vermietenden Wohnung. Zudem hat ein "heimischer" Vermietungsberater deutlich kürzere Wegzeiten als andere Mitarbeiter. Er ist flexibler, weil er auch spontan eine Wohnungsbesichtigung durchführen kann. Mit Blick auf den Vermietungsprozess ist allerdings darauf zu achten, dass auch die aus dem Bestand kommenden Vermietungsberater die Regeln des strukturierten Vermietens beachten und beispielsweise jeden Besichtigungstermin sorgsam dokumentieren und über ein hinreichendes vertriebliches Gespür verfügen.

Insgesamt spielen die individuellen Qualitäten der Mitarbeiter eines Strukturvertriebes jedoch eine weitaus geringere Rolle als dies bei freien Maklern der Fall ist. Denn Makler haben in der Regel keine Vorgaben zur Gesprächsführung und zu Vermietungsfristen. Sie gestalten den Vermietungsprozess nicht selten nach eigenen Vorstellungen. Da Makler außerdem kein Reporting liefern, können individuelle Fehler bei der Vermietung von den Auftraggebern nicht erkannt werden. Die Auftraggeber können daher nur mutmaßen, ob in den nicht vermieteten Wohnungen Mietsenkungen oder Modernisierungen erforderlich sind, um diese wieder marktfähig zu machen.

Vorteile gegenüber Maklern

Es gibt aber noch andere, unkonventionelle und meist auch kostengünstigere Wege, um die Nachfrage anzukurbeln. So sollte immer auch versucht werden, Mietinteressenten bei anderen Anbietern abzuwerben, am ehesten beim Nachbarn auf der anderen Straßenseite. Zu einer vertrieblichen Vorgehensweise gehört dabei auch, dass die Bewohner der umliegenden Bestände gezielt angesprochen werden. Das funktioniert natürlich nicht ohne ein spezielles Angebot. Dazu zählen mietfreie Monate, Handwerkergutscheine, Renovierungsbeihilfen, ein Umzugsservice insbesondere für Senioren, ein kostenpflichtiger Babysitterservice für Familien mit Kindern, monatliche Windelpakete für werdende Eltern sowie eine "Trennungs-Hilfe" für Paare, die sich auseinandergelebt haben. Ihnen bietet man Unterstützung bei der Suche nach zwei separaten Wohnungen an.

Denkbar sind außerdem dauerhafte Rabatte wie beispielsweise ein sogenannter Kraxel-Bonus: Für Wohnungen im fünften Stock ohne Fahrstuhl gibt es einen 20-prozentigen Nachlass auf die Kaltmiete. Verbreitet ist auch, eine Dreizimmerwohnung zum Preis einer Zweizimmerwohnung anzubieten. Weil solche Vergünstigungen mit dauerhaften Einnahmeeinbußen verbunden sind, schrecken viele Anbieter davor zurück obwohl sie in bestimmen Situationen ökonomisch sinnvoll sind.

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