Immobilien und IT

Selbstlernende Systeme in der Immobilienbewertung

Tagtäglich agieren die Makler des Hauses im Immobiliencenter mit Immobilien. Sind vor Ort bei Objekten, sprechen sowohl mit dem Verkäufer als auch dem Käufer und kennen so den lokalen Immobilienmarkt. Sie sind Immobilien-Profis. Gleiches gilt für den Gutachter in der Schätzstelle, dieser beherrscht ebenfalls seine Materie rund um die Immobilie. Nicht so nah an der Immobilie ist jedoch der Markt, der aber für die Beratung des Kunden schnell mal einen ersten Wert braucht, und auch die Kreditsachbearbeitung soll die Wertermittlungen für das Standardgeschäft stemmen. Hier klafft eine Wissenslücke.

Schnell wird von den Profis die Frage nach der Qualität gestellt oder andauernde Konsultierungen der Gutachter und Makler treiben die Kosten hoch und stören den Arbeitsablauf. Dabei soll die Kommunikation fließen, denn Überleitungen der Makler an die Finanzierungsberater generieren neben dem Maklergeschäft noch Finanzierungserträge. Und aus Tipps in umgekehrter Richtung entstehen vielleicht die attraktiven Immobilienneukunden von Morgen.

Wertindikation

Neue IT-gestützte Ansätze schaffen hier auf einfache Art Unterstützung. Immobilienmarktdaten und deren Verfügbarkeit über Research-Portale haben heute eine solche Qualität erreicht, dass sie zusammen mit der richtigen Plattform ganz neue Möglichkeiten bieten. Kern einer solchen Lösung ist heute stets eine schnelle Wertindikation. In deren Rahmen erfolgen durch den Nutzer nur wenige Eingaben zum Objekt, wie Baujahr, gegebenenfalls Sanierung, Wohnfläche, Ausstattung, Zustand, Grundstücksfläche und Objektcharakterisierung, eben zugeschnitten auf Informationen aus dem Kundengespräch. Als Antwort erhält der Nutzer innerhalb von Sekunden die erste Wertaussage.

Flankiert wird dieser von Lageindikatoren (Scoring beziehungsweise Rating) für die Makrolage und Mikrolage, die es jedermann in der Bank erlauben, die Güte einer Makrolage, den Vergleich zu anderen Lagen zu erkennen und zu entscheiden, ob es sich bei der Mikrolage um eine bevorzugte oder weniger bevorzugte Lage innerhalb der jeweiligen Stadt handelt. Dass während der Arbeit mit einem solchen Fall die Lage auch in einer Karte dargestellt wird, um zum Beispiel Lagen im Außenbereich und Erreichbarkeit zu erkennen, ist heute sicherlich schon Standard.

Das zuvor beschriebene Verfahren zur Bestimmung der ersten Wertaussage wird allgemein in Bewerterkreisen als "automatisierte Bewertung" bezeichnet und funktioniert in der Regel für jede Lage Deutschlands.

Bei der Verwendung mit großen Mengen von Objekten, beispielsweise im Rahmen der kontinuierlichen Wertfortschreibung oder Portfolios, oder für Immobilienmärkte ist die Treffergenauigkeit sehr gut, da das statistische Modell hinter der automatisierten Bewertung auf eine entsprechend große Stichprobe zurückgreifen kann. Bei der Betrachtung eines einzelnen Objektes sind hier natürlich Grenzen der Genauigkeit zu berücksichtigen.

Umso lageuntypischer das Objekt ist (die Villa in schlechter Wohnlage) desto kritischer muss die erste Wertaussage hinterfragt werden. Das genutzte System sollte hier geeignete Indikatoren bereitstellen, um dieses zu erkennen.

Selbstlernendes System

Die automatisierte Bewertung ist ein notwendiger Baustein einer solchen Lösung, aber es gibt bereits die nächste Entwicklungsstufe, das "selbstlernende System". Hier können Kreditinstitute ihre Stärke ausspielen: viele Fälle zu haben beziehungsweise viele Objekte zu kennen. Gerade die Sparkassen und Volksbanken mit ihrer Fokussierung in der Region können hiervon sehr schnell und einfach profitieren. Also lässt man das System lernen und zwar aus eben diesen Fällen.

Das Besondere: Die Fälle des eigenen Instituts sind nach dem gleichen Verfahren, der gleichen Nomenklatur und gleichen Rahmenbedingungen erfasst worden (das System sollte dieses natürlich sicherstellen). Wo jetzt das Gleiche draufsteht, ist auch das Gleiche drin. Es darf verglichen werden. Der Immobiliengutachter nennt dieses "indirektes Vergleichswertverfahren". Regressionsanalyse und andere schreckliche Mathematik steckt da drin, die IT versteckt dieses zum Glück. Übrig bleibt ein aus den eigenen Fällen berechneter Referenzwert in Euro.

Hier kann es insbesondere interessant sein, Altfälle von vor der Nutzung eines solchen Systems zu verwenden. Diese müssen lediglich einmalig übernommen werden. Eine Sparkasse mit hohem Marktanteil in ihrer Region kann so mit einem Schlag ein direktes Abbild der Wertverhältnisse runter bis in die einzelnen Straßen erhalten. Qualitätsbedenken bei der Beratung oder Wertermittlungen unterhalb der Kleinkreditgrenze gehören der Vergangenheit an.

Wertermittlungsvorschlag

Mit der Wertindikation ist noch keine Wertermittlung und insbesondere keine Beleihungswertermittlung erfolgt. Hier ist in der Vergangenheit die meiste Zeit im Prozess angefallen. Jetzt kann aber die Tatsache genutzt werden, dass bereits die signifikanten Objektdaten erfasst worden sind, gegebenenfalls bereits durch den Markt, und schon eine Wertaussage vorliegt. Zum anderen haben Gutachterausschüsse und Expertenrunden der Banken hier viel Vorarbeit geleistet und Kenngrößen, Funktionen und Tabellen bestimmt. So kann der Vorgang hier umgedreht werden: Es wird keine Wertermittlung mehr geschrieben, sondern ein Wertermittlungsvorschlag komplett ausgefüllt aus der Wertindikation vollautomatisch abgeleitet.

Der sachverständige Nutzer sieht direkt die fertige Wertermittlung und prüft jetzt nur noch. Geprüft werden die Angaben (Grundstücksgröße, Baujahr und so weiter), die bereits im Markt erfasst wurden, und die nun aus der Wertindikation offen gelegten Wertansätze (Grundstücksaufteilung, Mieten et cetera). Der Beleihungswert nach den Grundsätzen des eigenen Hauses (Sicherheitsabschläge, Mindestkapitalisierungszinssätze, mit oder ohne BelWertV) kann in gleicher Weise mitbetrachtet werden.

Sobald der Wert bestätigt ist und damit das Qualitätssiegel des Instituts trägt, sollte dieser in das selbstlernende System einfließen und steht damit unmittelbar als Wertstütze für die nächsten Wertindikationen zur Verfügung, egal ob in der Kreditsachbearbeitung, der Beratung, dem Immobiliencenter oder einer Geschäftsstelle. Sammelt man darüber hinaus auch die notariellen Kaufpreise zu diesen Fällen, können diese ebenfalls mit einfließen und man steigert kontinuierlich die Quote der Verwendung des Vergleichswertverfahrens.

Aktivieren des Immobilienmotors der Bank

Liegt die Wertermittlung einmal so formal im System vor, ist es auch nicht mehr schwer, einfach einen Marktwertreport als Handout für den Kunden abzuleiten. Ein Marktwertreport gibt die Wertermittlung um die institutsspezifischen Inhalte, (Beleihungswertsicht) entledigt, um Erläuterungen sowie Haftungsausschluss ergänzt und im Institutslayout ansprechend aufbereitet wieder - ein hervorragendes Mittel, um seine Gebühren und Courtagen gegenüber dem Kunden zu schützen.

Das Thema Immobilien wird innerhalb des eigenen Hauses damit immer greifbarer.

Jeder hat von jedem Arbeitsplatz direkten Zugriff. Das Thema ist zudem so leichtgewichtig geworden, dass auch der Letzte die Hemmungen verlieren sollte. Berater und Sachbearbeitung machen sich den Bauch der Makler und das Gedankengut der Gutachter zunutze. Die Makler sehen alle Immobiliengeschehnisse des Institutes, egal ob diese über das Immobiliencenter gelaufen sind oder nicht. Überleitungen zwischen den Beteiligten werden auf einmal dokumentiert und damit messbar. Die gesetzlich geforderte prozentuale Überprüfung von Bewertungen unterhalb der Kleindarlehensgrenze durch die Gutachter hat jetzt einen direkten positiven qualitativen Rückfluss für alle nachfolgenden Bewertungen.

Und der Einstieg in dieses Thema ist denkbar einfach. IT-Lösungen gibt es bereits heute am Markt. Der Einstieg muss noch nicht mal mit Investitionen verbunden sein.

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