Nachhaltige Immobilien

Nachhaltigkeit ist nicht nur Green Building

Das Wort Nachhaltigkeit ist einer der Begriffe, der abgenutzt wirkt, bevor überhaupt klar ist und jeder verstanden hat, worum es dabei geht. Dennoch oder vielleicht gerade deswegen wird es inflationär gebraucht. Wenn mehr Bäume gefällt werden als nachwachsen, wird ein Wald zwangsläufig irgendwann verschwunden sein.

Dieses einfache Beispiel ist so logisch wie auch für den Begriff Nachhaltigkeit wichtig. Denn ihren Ursprung hat die Nachhaltigkeit in der Forstwirtschaft des Mittelalters. Bereits im frühen 15. Jahrhundert regelten erste forstwirtschaftliche Verordnungen in Mitteleuropa den nachhaltigen Umgang mit dem Rohstoff Holz, um den Holzbedarf der Untertanen sowie den des holzverarbeitenden Gewerbes langfristig sicherzustellen. Den Verordnungen zufolge durften nur so viele Bäume geschlagen werden, wie im gleichen Gebiet jedes Jahr nachwuchsen.

Globale Megatrends

Heute wird der Begriff Nachhaltigkeit in allen Bereichen der Industrie und Wirtschaft genutzt. Auch in der Immobilienwirtschaft hat es den Anschein, sie komme ohne diesen Begriff nicht mehr aus. Nahezu alle Unternehmen handeln mehr oder weniger nachhaltig, sagen sie. In ihrer täglichen Praxis geht es um nachhaltige Erträge, nachhaltige Mieten und nachhaltige Gebäude. Aber auch hier ist die Perspektive auf Nachhaltigkeit zumindest mehr oder weniger verkürzt.

Zumeist wird Nachhaltigkeit auf den Aspekt der sogenannten Green Buildings begrenzt - also jene Gebäude mit einer erhöhten Ressourceneffizienz bei Energie, Wasser und Material. Dies greift jedoch viel zu kurz.

Ausgangspunkt sind vier globale Megatrends: Klimawandel und Umweltverschmutzung, Urbanisierung und Industrialisierung, demografischer Wandel und Ressourcenknappheit (Material und Energie). Diese Megatrends wiederum haben ökonomische, ökologische sowie soziale und kulturelle Aspekte.

Für die Immobilienwirtschaft folgen daraus vielfältige Aufgaben. Angefangen von der nachhaltigen Unternehmensführung, Werte- und Compliancemanagement sowie Corporate Social Responsibility über nachhaltiges Bauen und Sanieren, Schonung von Ressourcen (Energie, Wasser, Emissionen) bis zu sozial stabilen Nachbarschaften, Konzepten für lebenslanges Wohnen und Denkmalschutz reichen die Überschriften der Agenda.

Die Frage, ob es unbegrenztes Wachstum in einer begrenzten Welt gibt, ist mit "Ja, wenn" zu beantworten. Wachstum in den Industrieländern setzt eine Entkopplung von Wachstum und Ressourcenverbrauch voraus. Durch Innovation und Effizienz wird dies möglich sein.

Dies führt beispielsweise beim Bauen zur Reduzierung des Verbrauchs an Fläche (Natur) und Energie (beim Bau und Betrieb), zu Lebenszyklusbetrachtungen mit langen Nutzungsdauern und der Verwendung nachwachsender Rohstoffe. Allerdings - das gilt für Nachhaltigkeit im Allgemeinen wie auch speziell in der Immobilienwirtschaft - ist eine ökologische und soziale Neuausrichtung nicht möglich, ohne dass die ökonomische Grundlage langfristig gesichert ist.

Ein Gebäude ökologisch nachhaltig zu sanieren kann nur gelingen, wenn das wirtschaftliche Fundament stabil ist. Allerdings wird auch bei dieser Sichtweise offensichtlich, dass Ökologie und soziales Handeln oft über Gebühr monetarisiert werden.

Dort, wo Nachhaltigkeit zu teuer wird, weil die Einnahmen (Mieten) reglementiert sind, bleibt es in der Regel bei Lippenbekenntnissen. Die Beziehung der drei Säulen Ökologie, Ökonomie und soziales Handeln ist also alles andere als konfliktfrei.

Lohnende Investitionen

Dennoch erkennen immer mehr Unternehmen, dass langfristig nur derjenige Erfolg haben kann, der die drei Säulen der Nachhaltigkeit vereint - wer den eigenen wirtschaftlichen Erfolg sichert, Gebäude ökologisch und energetisch zukunftsfähig macht und berechtigte soziale Belange der Mieter im Auge behält.

So investieren Wohnungsunternehmen beispielsweise in verschiedene ökologische Maßnahmen wie eine klimaschonende Haustechnik. Dazu zählen Solaranlagen, Wärmepumpen, moderne Blockheizkraftwerke, effiziente Wärmedämmungen von Fassaden, Fenstern, Türen, Dächern und Kellern sowie Photo-voltaik-Anlagen.

Zu weiteren Maßnahmen zählen die Nutzung von Oberflächenwasser und die Umstellung von Nachtspeicher- auf Zentralheizungen. Durch diese Maßnahmen lassen sich nicht nur CO2-Emissionen reduzieren, sondern auch die laufenden Kosten für die Mieter und die Unternehmen minimieren und die Immobilienwerte über den gesamten Lebenszyklus der Gebäude steigern.

Soziales Management für stabile Mieterstrukturen

Im sozialen Bereich fördern die Unternehmen beispielsweise das Engagement der eigenen Mieter. Sie unterstützen Projekte zur Entwicklung stabiler Nachbarschaften im Quartier. Die Unternehmen erreichen dies etwa, indem sie Sozialmanager, Jugend- oder Seniorenbeauftragte etablieren. Sie kooperieren mit sozialen Institutionen wie Kultur- und Sportvereinen, Schulen, dem Jugendamt oder der Schülerhilfe. Die soziale Komponente hat mittlerweile jedoch auch bei Gewerbeimmobilien eine nicht zu vernachlässigende Wirkung.

Behaglichkeit gibt es auch bei Büroimmobilien, sei es über die Architektur, die Einrichtung der Büroräume, die Verpflegung der Mitarbeiter oder die Erreichbarkeit mit dem öffentlichen Personennahverkehr.

Wohlfühleffekte

Ein Beispiel: Fühlen sich Mitarbeiter in einem Büro wohl, erhöht dies die Produktivität und dies hat wiederum positive wirtschaftliche Folgen. Eine bessere Bürobeleuchtung etwa kann nachgewiesen zu positiven Leistungssteigerungen von bis zu 30 Prozent führen.

Weder im Wohnungsbau noch bei Gewerbeimmobilien ist der positive Imageeffekt zu vernachlässigen, den nachhaltige Investments mit sich bringen. Dies zeigt, dass begrenzte nachhaltige Engagements unter sozialen und ökologischen Gesichtspunkten keineswegs konträr zu einem wirtschaftlichen Erfolg stehen müssen.

Fakt ist allerdings, dass trotz aller Fortschritte und der vermehrten Fokussierung auf alle drei Nachhaltigkeitssäulen bei den meisten Unternehmen noch immer der Energiebedarf allein im Fokus steht. Daran haben auch international anerkannte Zertifizierungen wie das

Zertifikat der Deutschen Gesellschaft für nachhaltiges Bauen nichts geändert auch wenn sie soziokulturelle Qualitäten und den Werterhalt von Gebäuden mit beinhalten.

Zertifikate als Papiertiger

Insbesondere die Zertifikate und Nachhaltigkeitsausweise haben sich bislang eher als Papiertiger entpuppt.

- Zum einen verursachen sie einen erheblichen Mehraufwand und Bürokratie - womit sie alles andere als nachhaltig sind.

- Zum anderen besteht bei ihnen durchaus auch die Gefahr, dass sich Unternehmen mit solchen Zertifikaten zurücklehnen und das eigentliche Ziel einer nachhaltigen Entwicklung, etwa der Immobilienbestände, aus den Augen verlieren.

Insbesondere die relevanten Bezugsgruppen erhalten auf Ebene der Unternehmen sogar eine noch höhere Relevanz als bei der ausschließlichen Betrachtung der Immobilie. Bei dieser oftmals nur am Rande beachteten Komponente der Nachhaltigkeit steht das verantwortungsbewusste Handeln von Unternehmen nicht nur nach außen, sondern auch nach innen im Vordergrund. Dieser Betrachtung hat sich in der Immobilienwirtschaft die Initiative Corporate Governance angenommen.

Im Mittelpunkt einer guten nachhaltigen Unternehmensführung in der Immobilienwirtschaft stehen immer die zentralen Gestaltungsfelder Gegenwart meistern (Steuerung, Kontrolle und Finanzmanagement), Zukunft gestalten (Innovationsmanagement und energetische Sanierung) und Werte bewahren (Nachwuchs und langfristige Orientierung).

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