Schwerpunkt Genossenschaften in der Immobilienwirtschaft

Nachhaltigkeit im Geschäftsmodell einer Kreditgenossenschaft am Beispiel der Münchener Hyp

So gut wie jedes Unternehmen, das etwas auf sich hält, ist heute auf Nachhaltigkeit in seiner Arbeit und seinem Wirken bedacht. Dies ist nicht weiter verwunderlich, hat sich das öffentliche Bewusstsein doch deutlich verändert: Angefangen bei Fragen der Nutzung der natürlichen Ressourcen bis hin zu sozialen und gesellschaftlichen Fragestellungen. Nachhaltiges Handeln wird von den Kunden und der Öffentlichkeit immer mehr erwartet und auch eingefordert.

Kein bloßer Modetrend

Die Kreditwirtschaft und die Finanzmärkte standen zunächst nicht im Zentrum dieser Forderungen. Dies hat sich spätestens nach Ausbruch der Finanzmarkt- und Staatsschuldenkrise geändert. Selbst professionelle Investoren machen inzwischen ihre Anlageentscheidungen nicht mehr allein von klassischen Finanzkennzahlen und Ratings abhängig. Vielmehr fragen sie gezielt nach, was auf dem Gebiet der Nachhaltigkeit getan wird. Auch Nachhaltigkeitsratings fließen immer stärker in ihre Investitionsentscheidungen ein.

Der Gedanke des nachhaltigen Wirtschaftens hat damit jedoch eine solche Verbreitung gefunden, dass seine Aussagekraft mitunter in Frage gestellt wird. Nachhaltigkeit sei inzwischen zu einem reinen Modetrend verkommen, so lautet der Vorwurf. Doch ist diese pauschale Kritik, wie so häufig, nicht gerechtfertigt.

Sicher gibt es Unternehmen, die Nachhaltigkeit lediglich zum Zwecke der besseren Vermarktung ihres Namens und ihrer Produkte allein in ihrer Außendarstellung leben. Aber dies ist nicht die Regel, alleine schon weil Presse und Öffentlichkeit heutzutage kritischer geworden sind und solche "Pinselsanierungen" schnell entlarvt werden. Die Konsequenzen für das Image der Betroffenen sind dann oft äußerst negativ. Nachhaltigkeit ist nicht mal eben im Vorbeigehen mitzunehmen, sondern es ist ein mühevoller Weg dorthin und allzu häufig besteht die Gefahr, vom Weg abzukommen. Dies fängt schon damit an, dass der Begriff der Nachhaltigkeit sehr unterschiedlich verwendet und verstanden wird.

Einigkeit besteht zumindest darin, dass nachhaltiges Handeln ökonomische, ökologische und soziale Verantwortung umfasst, mit dem Ziel, auch künftigen Generationen lebenswerte Rahmenbedingungen zu gewährleisten. Die Instrumente, die Unternehmen dafür zur Verfügung stehen, sind sehr vielfältig. Sie können und sollen daher an dieser Stelle nicht aufgezeigt werden. Vielmehr soll am Beispiel der Kreditgenossenschaften und im Besonderen der Münchener Hypothekenbank (Münchener Hyp) darauf eingegangen werden, welche Zusammenhänge zwischen Nachhaltigkeit und dem Genossenschaftswesen grundsätzlich bestehen und welche spezifischen Elemente der Nachhaltigkeit ihr Geschäftsmodell prägen.

Rechtsform

Der Gedanke des nachhaltigen Handelns findet sich schon in der Wiege des deutschen Genossenschaftswesens. Antrieb für die Gründung der ersten Genossenschaftsbanken vor über 150 Jahren war die gelebte Verantwortung gegenüber Bauern, Handwerkern und Gewerbetreibenden einerseits sowie den verarmenden Mittelschichten andererseits. Beide Gruppen litten darunter, dass sie keinen oder kaum Zugang zu Krediten hatten und deshalb in ihrer Existenz bedroht waren.

Deshalb schlossen sie sich auf lokaler oder regionaler Ebene zusammen, um ihre Kräfte und Interessen zu bündeln und wirksamer vertreten zu können. Die dabei zum Tragen kommenden Prinzipien der Hilfe zur Selbsthilfe sowie der Übernahme der Eigenverantwortung sind wesentliche Elemente auch eines modernen Nachhaltigkeitsbegriffs.

Auch die Gründung der Münchener Hypothekenbank im Jahr 1896 - unter dem Namen Bayerische Landwirthschaftsbank - beruhte auf diesen Prinzipien. Sie war von der bayerischen Landwirtschaft initiiert und diente dem Zweck, die prekäre Situation der bayerischen Bauern durch die Bereitstellung von landwirtschaftlichen Realkrediten zu verbessern.

Als geeignete Rechtsform für die Verwirklichung dieser Aufgabe sah die Bayerische Staatsregierung die der eingetragenen Genossenschaft. Denn somit wurden diejenigen Kreise, denen die notwendigen Kreditmittel zur Verfügung stehen sollten, selbst in die Verantwortung genommen.

Mit der Entwicklung Bayerns vom Agrarzum Industriestaat wandelte sich auch das Geschäftsmodell des Instituts. Eines hat sich aber bis heute nicht geändert, und das ist die genossenschaftliche Rechtsform. Sie prägt weiterhin das unternehmerische Handeln des Bank, sie ist Leitbild und Antrieb zugleich.

Governance

Zweck einer jeden Genossenschaft ist es, das wirtschaftliche Wohl ihrer Mitglieder dauerhaft zu stärken. Die genossenschaftlichen Primärinstitute, die Volksbanken und Raiffeisenbanken, sind aufgrund ihrer lokalen und regionalen Struktur der Förderung der regionalen Wirtschaft und Bevölkerung verpflichtet. Dies kommt am deutlichsten in den ländlichen Regionen zum Tragen, wo Bankdienstleistungen nicht in gleichem Maße verfügbar sind wie in den städtischen Gebieten.

Die Mitglieder der Münchener Hyp hingegen setzen sich im Wesentlichen aus zwei Gruppen zusammen. Zum einen ist es die Gruppe der Kreditnehmer und zum anderen sind es die Primärinstitute. Es bedarf keiner Erklärung, dass die risikobewusste Kreditvergabe an Mitglieder der Bank deren Interesse dient. Besonders hervorzuheben ist jedoch die Funktion des Instituts gegenüber den Kreditgenossenschaften in der Immobilienfinanzierung.

Als Partner der Primärinstitute erweitert die Hypothekenbank deren Produktspektrum durch Finanzierungslösungen, die von ihnen selbst nicht oder nicht im gleichen Umfang angeboten werden können. Auf diese Weise unterstützt das Institut die regionalen Genossenschaftsbanken bei der Erfüllung ihrer Aufgaben gegenüber der Bevölkerung und leitet somit ihre Aufgabe gegenüber ihren Mitgliedern direkt aus der regionalen Verankerung der Kreditgenossenschaften ab. So dient sie im doppelten Sinne dem Wohl ihrer Mitglieder.

Demokratische Miteigentümerschaft

Ein Wesensmerkmal von Genossenschaften ist der rechtlich verankerte demokratische Entscheidungsprozess. Nach dem genossenschaftlichen Grundprinzip hat jedes Mitglied nur eine Stimme, unabhängig davon, wie viele Anteile es an der Genossenschaft hält. Bei den rund 80 000 Mitgliedern der Münchener Hyp gibt es also unabhängig von der Anzahl der Geschäftsanteile, die ein Mitglied besitzt, keinen Anteilseigner, der kraft einer Mehrheit von Anteilen den Kurs der Bank bestimmen kann. Somit können Kreditgenossenschaften sich in ihrem wirtschaftlichen Handeln ganz auf die Interessen aller ihrer Mitglieder konzentrieren. Dies erlaubt es, die Geschäftsstrategie an langfristigen Ertrags- und Unternehmenszielen zu orientieren.

Verstärkt wird dies dadurch, dass Genossenschaftsanteile nicht an den Kapitalmärkten handelbar sind und ihr Nominalwert sich nicht verändert. Wer also Anteile an einer Genossenschaft erwirbt, kann demnach keine spekulativen Interessen verfolgen. Vielmehr steht das Interesse an einer dauerhaft rentablen Investition im Vordergrund. Und da neben diesem Interesse auch immer die Förderung des genossenschaftlichen Zwecks steht, sind die Renditeziele angemessen. Der sogenannte Shareholder Value orientiert sich bei Kreditgenossenschaften somit nicht vorrangig an der kurzfristig erzielbaren laufenden Rendite oder dem Wertzuwachs des Geschäftsanteils, wie dies häufig insbesondere bei börsengehandelten Unternehmensanteilen der Fall ist. Das verpflichtet Genossenschaften zu einer nachhaltigen Wirtschaftlichkeit im Umgang mit dem ihnen anvertrauten Kapital.

Pfandbriefe

Eine Besonderheit der Münchener Hyp gegenüber den meisten anderen Genossenschaftsbanken ist die Refinanzierung über Hypotheken- und Öffentliche Pfandbriefe. Der Pfandbrief gilt aufgrund seiner hohen Qualitätsanforderungen als sehr sicheres Wertpapier. Ein wichtiges Qualitätskriterium ist beim Hypothekenpfandbrief die Höhe des Beleihungsauslaufs. Nur 60 Prozent des Beleihungswerts einer Immobilie können in die Deckungsmasse des Pfandbriefs eingebracht werden. Diese Regelung macht den Pfandbrief sehr sicher, weil sie die nachhaltige Verwertbarkeit der Immobilie gewährleistet.

Aufgrund seiner hohen Qualität genießt der Pfandbrief auch einen sehr guten Ruf bei langfristig orientierten Investoren. Dieses Ansehen hat während der jüngsten Finanzmarktkrise sogar noch zugenommen, da der Pfandbrief eines der wenigen Wertpapiere war, das nahezu unbeschadet durch diese Krise gekommen ist.

Inzwischen gibt es Überlegungen, in Zukunft auch ökologisch nachhaltige Pfandbriefe, sogenannte "grüne Pfandbriefe" auf den Markt zu bringen. Diese könnten zum Beispiel zur Refinanzierung von nach ökologischen Kriterien errichteten Immobilien oder von Anlagen für erneuerbare Energien dienen. Allerdings gestaltet sich die Einführung bislang noch recht schwierig, da es bisher keine tragfähigen Strukturen gibt, die die Sicherheit solcher Pfandbriefe für Investoren gewährleisten.

Immobilienfinanzierung

Bei der Münchener Hyp hat Nachhaltigkeit in der Immobilienfinanzierung vor allem zwei Adressaten: Das sind zum einen die genossenschaftlichen Primärinstitute und zum anderen die Kunden, die häufig zugleich auch Mitglieder sind.

- Gegenüber den genossenschaftlichen Partnerbanken liegt die Verantwortung darin, ein attraktives und bedarfgerechtes Produktangebot bereitzustellen, damit diese ihrer Verantwortung - der Kreditversorgung ihres Geschäftsgebiets - und den Bedürfnissen ihrer Kunden gerecht werden können. Dabei gehen das Eigeninteresse der Münchener Hyp, ein wettbewerbsstarker Anbieter zu sein und ihre Aufgabe gegenüber den Volksbanken und Raiffeisenbanken Hand in Hand.

Deshalb hat die Hypothekenbank ihre Finanzierungsangebote so flexibel aufgebaut, dass diese eine umfassende Berücksichtigung individueller Kundenwünsche ermöglichen. Ausgehend von einem Basisprodukt können zahlreiche weitere Bausteine, wie Tilgungs- und Sondertilgungsoptionen nahezu vollständig miteinander kombiniert und zu individuellen Finanzierungslösungen zusammengefügt werden. Dies kommt den Bedürfnissen der Primärinstitute und ihrer Kunden in hohem Maße entgegen.

- In den Beziehungen zu den Kunden verlangt vor allem der langfristige Charakter von Immobilienfinanzierungen ein nachhaltiges Handeln. Zeiträume von zehn Jahren und mehr sind üblich. Das bedeutet: Die finanzierende Bank sollte im Sinne der Nachhaltigkeit der Kundenbeziehung über die gesamte Laufzeit des Darlehens und auch bei der Anschlussfinanzierung ein verlässlicher und vertrauensvoller Partner sein und sich nicht bei der erstbesten Gelegenheit aus der Kundenbeziehung lösen. Das gilt besonders für die Privatkunden, bei denen die Finanzierung des eigenen Heims oft die wichtigste finanzielle Entscheidung im Leben darstellt.

Die Hypothekenbank hat sich deshalb gegenüber ihren Kunden beispielsweise dazu verpflichtet, keine vertragsgemäß bedienten Wohnungsbaudarlehen zu verkaufen oder an Dritte abzutreten. Ebenfalls legt sie Wert auf einen hohen Service in der Bearbeitung der Finanzierung. Das fängt an bei schnellen und verlässlichen Entscheidungen und reicht über die termingerechte Auszahlung bis zur Betreuung während der Darlehenslaufzeit. Ziel dabei ist es, eine partnerschaftliche und vertrauensvolle Kundenbeziehung von Anfang an zu etablieren.

Ökologie

Ein weiteres wichtiges Prinzip ist die Förderung der ökologischen Nachhaltigkeit von Gebäuden. So vergibt die Münchener Hyp auch Darlehen für Immobilien, die nach ökologischen Kriterien errichtet wurden oder fördert entsprechende Modernisierungsmaßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz. Dafür bietet sie insbesondere verschiedene Programme der KfW an. Sie begleitet ihre Kunden vor allem mit den größten Programmen, dem Wohneigentumsprogramm, dem Programm Energieeffizient Bauen und dem Programm Energieeffizient Sanieren. Ein Finanzierungspartner, der langfristig denkt und plant, muss das Thema Ökologie auch vorrangig unter seiner nachhaltigen Bedeutung und Wirksamkeit sehen. Für die Hypothekenbank steht daher vor allem die Frage im Mittelpunkt: Wie wirken sich ökologische oder energetische Maßnahmen auf den nachhaltigen, also langfristigen Wert einer Immobilie aus? Ist zum Beispiel das entsprechende Gebäude auch noch nach zehn Jahren finanzierbar, lässt es sich gut vermieten oder veräußern? Dies sind gerade für die Finanzierung von Gewerbeimmobilien maßgebliche Kriterien.

So ist zum Beispiel die ökologische Nachhaltigkeit einer Immobilie dann ein wichtiger Punkt, wenn sie dazu beiträgt, dass sich das Objekt langfristig vermarkten und verwerten lässt. Allerdings geht heute die Gleichung "ökologische Maßnahmen gleich Steigerung des nachhaltigen Werts einer Immobilie" noch nicht immer auf. Es fehlt noch an eindeutigen Kriterien, die es ermöglichen, bei der Bewertung der ökologischen Maßnahmen ein Urteil zu treffen, das noch in zehn oder mehr Jahren Bestand hat.

Immobilienfinanzierer brauchen aber konkrete und nachhaltig belastbare Kriterien, sonst sind die Risiken bei der Finanzierungsentscheidung für sie nicht abwägbar. Ökologische oder energetische Maßnahmen müssen sich deshalb künftig in den Bewertungssystemen abbilden lassen, sodass etwa ein bestimmter Grad an Energieeffizienz zu einem besseren Rating führt. Klare Kriterien für ökologische oder energieeffiziente Gebäude helfen aber auch Investoren. Denn auch für sie ist es wichtig, dass sich die von ihnen erworbene Immobilie langfristig wirtschaftlich betreiben lässt.

Kontinuierliche Weiterentwicklung

Das Thema Nachhaltigkeit hat für Genossenschaftsbanken und damit auch für die Münchener Hyp schon seit langem einen hohen Stellenwert. Sie versteht dabei Nachhaltigkeit als einen ständigen Entwicklungsprozess, bei dem es gilt, laufend zu analysieren, inwieweit das Geschäftsmodell und die Corporate Governance weiterhin den Anforderungen und Erwartungen an Nachhaltigkeit in der Unternehmensführung gerecht werden. Auf dieser Grundlage werden die Nachhaltigkeitsstrategien und -ziele der Bank kontinuierlich weiterentwickelt und angepasst.

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