Im Blickfeld

Münchener Fanal

Vier Bürgerentscheide haben ein klares Ergebnis gebracht: keine Olympischen Spiele 2022 - in München und den Partnergemeinden. Darüber mögen Lokalpolitiker, Sportler und ihre Funktionäre, das örtliche Hotelgewerbe und Gastronomen ebenso wenig glücklich sein wie Projektentwickler, Bauunternehmen und Grundstücksbesitzer. Allein die Bewerbung als Austragungsort hätte vielfältige Infrastrukturinvestitionen ausgelöst, um München in den Augen des IOC noch attraktiver zu machen.

Das aber war von den Bürgern nicht gewollt. Tatsächlich stellt sich im Falle Münchens die Frage, ob ein lokales Konjunkturprogramm wie es sich von den Olympischen Spielen erhofft wird, wirklich notwendig und angesichts eines ohnehin schon überhitzten Wohnungs- und Grundstücksmarkes sinnvoll ist. An dieser Stelle sollten dem internationalen Imagegewinn und möglichen Steuermehreinnahmen auch die (sozialen) Kosten für das Land und die Region gegenübergestellt werden.

Wie wollte man mit den "Nebenwirkungen" der sportlichen Großveranstaltung umgehen? Auf diese Frage haben die Initiatoren der Olympiabewerbung schlichtweg keine überzeugenden Antworten geben können - oder wollen. Schuld am Scheitern der Olympiabewerbung für München sind deshalb nicht vermeintliche Querulanten. Dass nicht nur hierzulande die Bürger zunehmend kritisch auf Großprojekte reagieren, zeigt sich aktuell in Brasilien und war auch in London zu beobachten.

Projektentwickler und Politiker sollten sensibler für die Stimmung in der Bevölkerung werden und Ablehnung, auch wenn sie nur Einzelne laut vorbringen, ernst nehmen. Insofern ist es richtig, bereits in einer frühen Phase die Betroffenen einzubeziehen und zu befragen. Das mag unbequem sein und nicht immer die erhofften Resultate bringen, aber sie zwingen zu einer nüchternen, umfassenden Kosten-Nutzen-Analyse der verschiedenen Vorhaben. Am Ende müssen Großveranstaltungen, neue Verkehrsinfrastruktur, Prestigebauten oder neue Stadtteile auch öffentlich akzeptiert sein.

Sicherlich: Die Wahlbeteiligung von üblicherweise rund 30 Prozent ist bei Plebisziten im Vergleich zu Bundestagswahlen gering. Doch stellt sie das deswegen nicht infrage. Auch das Argument, diejenigen, die ein Projekt ablehnen, ließen sich leichter zum Urnengang motivieren, als die Zustimmenden, ist schon mehrfach widerlegt worden. Beispielsweise hatte Stuttgart 21 trotz intensiver Proteste letztlich doch mehr Befürworter als Gegner. Münchens gescheiterte Olympiabewerbung erinnert wieder einmal daran, dass die Bürger offensichtlich emanzipierter geworden sind. Das sollte vor allem als Chance verstanden werden. L.H.

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