Recht und Steuern

Mietvertragsende: Senioren bleiben

Bislang war es in der mietvertraglichen Praxis bei Pflege- und Seniorenimmobilien üblich, dass diese bei Beendigung des Mietverhältnisses geräumt zurückzugeben sind. Dieser Praxis tritt nunmehr das für das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz (WBVG) zuständige Bundesfamilienministerium in einer Stellungnahme vom 19. August 2010 entgegen. Die neuen Erkenntnisse resultieren aus einer Anfrage beim Ministerium durch FPS Rechtsanwalte & Notare und Avivre Consult GmbH. Hintergrund ist eine Mandatierung zur Umstrukturierung einer städtischen Einrichtung des Betreuten Wohnens. Der Mietvertrag, der mit einem privaten Investor abgeschlossen wurde, endet in etwa drei Jahren. Im Rahmen der Umstrukturierung implementieren Avivre und FPS die neuen Regelungen des WBVG, einem Verbraucherschutzgesetz für Einrichtungen des Betreuten Wohnens und der stationären Pflege.

Da der Vermieter bei Beendigung des Vertrages auf die Erfüllung der vertraglichen Pflichten der besenreinen, geräumten Übergabe bestand, musste geklärt werden, was nach dem Ablauf des Vertrages mit den über 200 Bewohnerinnen und Bewohnern geschieht. Von besonderer Bedeutung ist die Situation allein deswegen, weil die Eigentümer in der Regel die Einrichtung nicht direkt an Bewohner vermieten, sondern an einen gewerblichen Zwischenmieter (Betreiber), der erst dann an die Bewohner weitervermietet. Aufgrund der hohen Auslastung der Heime im Einzugsgebiet, können auf die Eigentümer bei Beendigung des Mietverhältnisses mit dem Betreiber erhebliche Schwierigkeiten zukommen, da die Einrichtung bis zum Mietvertragsende nicht ohne Bewohner übergeben werden kann.

Das Ministerium vertritt nun die Ansicht, dass bei einer Beendigung des Mietverhältnisses mit dem Betreiber der Eigentümer verpflichtet ist, in die Bewohnerverträge einzutreten, soweit es um die Wohnraumüberlassung geht. Dies gilt für Pflegeheime und Einrichtungen des Betreuten Wohnens gleichermaßen. Der Betreiber bleibt demgegenüber verpflichtet, die bisherigen Pflege- und Betreuungsleistungen weiterhin zu erbringen. Nur mit einer solchen Interpretation würde dem Willen des Gesetzgebers Rechnung getragen, dass den Bewohnern einer Einrichtung ein nochmaliger Umzug nicht mehr zugemutet werden soll und somit ein Verbleiben in der Einrichtung bis zum Ableben der Bewohner sichergestellt wäre.

Hergeleitet wird dies aus einer analogen Anwendung des § 5 Abs. 2 WBVG in Verbindung mit § 565 BGB. In § 5 Abs. 2 WBVG ist geregelt, dass der Käufer einer Pflegeeinrichtung in die bisherigen Bewohnerverträge des ursprünglichen Eigentümers mit den Bewohnern eintreten muss, soweit es den Wohnraum betrifft; dabei wird auf die Vorschriften der §§ 566 bis 567 BGB ("Kauf bricht nicht Miete") verwiesen. Jedoch fehlt im WBVG ein Verweis auf den Übergang des Mietverhältnisses mit den Bewohnern auf den Eigentümer bei einem gewerblichen Zwischenmietverhältnis, wie es in § 565 BGB geregelt ist.

Ungeachtet dessen beruft sich das Bundesfamilienministerium auf den Rechtsgedanken des § 565 BGB. Bei dieser Rechtslage würden sich sämtliche Vermieter von Pflegeheimen und Einrichtungen des Betreuten Wohnens umstellen müssen, da § 565 Abs. 3 BGB ausdrücklich bestimmt, dass die Regelung zum Übergang der Bewohnerverträge auf den Eigentümer bei Beendigung des Mietvertrages mit dem Betreiber zwingend ist. Für Investoren beziehungsweise Eigentümer von Pflegeeinrichtungen ist es bei dieser Rechtslage zur Absicherung des Investments notwendig, sich mit dem Betreiber vertraglich auf eine Betriebsübernahme bei Ende des Mietverhältnisses zu einigen.

Der Betreiber wird sich diesem Ansinnen regelmäßig nicht versperren, denn er ist auf den Eigentümer angewiesen, wenn er weiter gegenüber den Bewohnern seine Pflege- und Betreuungsleistungen erbringen muss. Damit der Eigentümer seine Verhandlungsposition gegenüber dem Altbetreiber oder potenziellen neuen Betreibern nicht verschlechtert, muss er sich frühzeitig nach einer neuen Lösung umsehen, um die Leistungsteilung zu verhindern. Ein Managementvertrag zur Übernahme des Betriebes mittels einer Vorratsgesellschaft kann eine bessere Alternative sein, als sofort einen Nachfolgebetreiber zu finden. Wirtschaftlich betrachtet bietet der Managementvertrag einen um bis zu fünf Prozent vom Umsatz höheren Cash-Flow nach Miete für den Vermieter. Für den Fall einer vorzeitigen Beendigung des Mietverhältnisses wird der Eigentümer nicht umhinkommen, einen kommissarischen Ersatzbetreiber dauerhaft vorzuhalten.

(FPS Rechtsanwälte & Notare)

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