Expo Real 2006

Messeausgabe 2006 Immobilien und Kapitalmarkt - neue Herausforderungen für Berater

Es gab Zeiten, da war der Bergriff "Immobilienberater" hierzulande ein Euphemismus für "Makler". Berater verstanden sich im Wesentlichen als Mittler, die Mieter und Vermieter beziehungsweise Käufer und Verkäufer zusammenbrachten. Wissensvorsprung im Sinne von "ich weiß etwas, was du nicht weißt" rechtfertigte die Profession. Doch mit dem Zusammenwachsen der Märkte, den damit einhergehenden internationalen Verknüpfungen von wirtschaftlichen, rechtlichen und steuerlichen Aspekten sowie der stark gewachsenen Transparenz der Immobilienmärkte haben sich die Anforderungen an Immobilienberater stark gewandelt.

Qualitätsstandards und Berufsethik als Basis

Dies spiegelt sich in der hohen Professionalität wider, über die erfolgreiche Immobilienberater heute verfügen müssen. Hierzulande war dies nicht immer so, denn lange Zeit vernachlässigten sowohl die kaufmännische Berufsausbildung als auch die Ausbildung an den Hochschulen den Immobilienbereich stiefmütterlich. Erst unter dem Druck der wachsenden Internationalisierung vor etwa 15 bis 20 Jahren und der damit einhergehenden Anerkennung der Immobilienberatungsdisziplinen begann die Ausbildung von Immobilienfachleuten dem angelsächsischen Vorbild zu folgen.

So ist der deutsche Nationalverband der Royal Institution of Chartered Surveyors (Rics), der weltweit über 110 000 Mitglieder zählt, mit über 900 Mitgliedern in Deutschland der größte Nationalverband in Kontinentaleuropa. Die 1868 gegründete Rics hat Aus-, Weiterbil-dungs-, und Qualitätsstandards entwickelt sowie eine Berufsethik definiert und sorgt dafür, dass ihre Mitglieder diese umsetzen und weiterentwickeln.

Weltumspannender Service ist ein Muss

Ein hohes Ausbildungs-, Wissens- und Erfahrungsniveau bilden die Basis, die ein Immobilienberater ins Immobiliengeschäft mitbringen muss. Hinzugekommen ist indes jedoch zwingend der Faktor Internationalität. Weltweit agierende Kunden wollen aus einer Hand beraten werden und damit lokales Know-how mit der Expertise "ihres Beraters" verbunden sehen, der die Strategie und Ziele ihres Unternehmens kennt und auf dessen Qualifikationen sie vertrauen.

Service aus einer Hand ist für international aufgestellte Unternehmen enorm wichtig und häufig Voraussetzung für einen Beratungsauftrag. Diese Aufgabe können besonders internationale Häuser leisten, die rund um den Globus mit eigenen qualifizierten Mitarbeitern in allen Beratungsdisziplinen - von Kapitalmarktberatung, Investment über Vermietung bis hin zum Research - vertreten sind. Sie sorgen für Transparenz und geben mit ihren Interpretationen und deren professionellen Aufbereitung dem Kunden Entscheidungsgrundlagen und damit echten Mehrwert. Zudem ist die interdisziplinäre Beratung immer weiter in den Vordergrund gerückt. Kaum eine Transaktion bleibt ohne steuerliche oder bilanzielle Auswirkungen für die Beteiligten, insbesondere wenn sie grenzüberschreitend ist und unterschiedliche Wirtschafts- und Rechtssysteme aufeinander treffen.

Je umfangreicher und komplizierter Transaktionen sind, desto wichtiger sind gutes Standing und Anerkennung im Kapitalmarkt. Renommee und Expertise überzeugen nicht nur Rating-Agenturen, sondern stellen den Beteiligten sicher, dass Regulative, Gesetze und Auflagen, wie zum Beispiel hierzulande von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), in London von der Financial Services Authority (FSA) und in New York von der US Securities and Exchange Commission (SEC) beachtet und eingehalten werden.

So wäre so mancher Gang an die deutsche Börse, so manches Listing im Londoner Segment des Alternative Investment Market (AIM) und die Zulassung zum erleichterten Handel von Private Placements am hoch regulierten US-amerikanischen Wertpapiermarkt nach Rule 144A des Securities Act 1933 ohne eine robuste Immobilienbewertung in der jüngsten Vergangenheit nicht möglich gewesen.

Haftungsfragen

Dabei haben Transaktionsvolumina und internationale Verknüpfungen die Haftungsfrage im Immobilienkapitalmarkt in den letzten Jahren in ein neues Licht gerückt. Sie ist eine Herausforderung für Immobilienberater, die bei wachsender Transaktionsgröße durchaus Immobilienvolumina in Milliardenhöhe beratend begleiten. Dies bedingt ein theoretisches Haftungspotenzial, für das der Immobilienberater selbstverständlich über eine "angemessene" Vermögensschadenshaftpflicht verfügen muss, die, selbstredend, von der Versicherung mit entsprechend anspruchsvollen Auflagen verbunden ist.

Allein dies ist eine Anforderung, die heute nur sehr wenige Beratungshäuser erfüllen können. Gerade bei der Verwendung von Sachverständigenleistungen im internationalen und hoch regulierten Kapitalmarkt erhält der Mandant durch eine hohe und transparent dokumentierte Haftungszusage einen unschätzbaren Mehrwert durch das dadurch kolportierte Vertrauen, insbesondere wenn seine Book-Runner nicht bereit sind, in eigene Verantwortung zu gehen: Der Immobilienberater hält im Zweifel den Kopf für ihn hin.

Unternehmerisches Denken

Beratungspalette undumfang sind den beständigen Veränderungen des Marktes ausgesetzt, aus denen sich Trends und neue Beratungsfelder entwickeln, die rechtzeitig erkannt und mit maßgeschneiderten kompetenten Dienstleistungen bedient werden müssen. Deshalb muss ein Immobilienberater Trends antizipieren und Wendepunkte in den Produkt- und Marktzyklen erkennen können. Ein Bespiel dafür sind die Nonperforming Loans (NPL): Wer hat vor zehn Jahren eine NPL-Beratung benötigt? Oder: In wie vielen IPO haben damals die Leistungen eines Immobilienberaters eine bedeutende Rolle gespielt?

Innovation und Flexibilität sind bei der Gestaltung der Beratungspalette Grundvoraussetzungen. Dafür ist ein gehöriges Maß an unternehmerischem Denken erforderlich, denn schließlich geht es um den eigenen Erfolg und letzten Endes auch um die Existenz des Immobilienberaters. In der Regel wird man nicht nur heute ein exzellenter Player sein wollen. Deshalb müssen die eigene Unternehmensstrategie beständig feinjustiert und Qualifikationen stets auf dem aktuellsten Stand gehalten werden. Die strategische Ausrichtung und Unternehmensplanung schließt auch die Gestaltung von Honoraren ein, die beispielsweise immer häufiger vor dem Hintergrund des Kostenrisikos bei Bieterverfahren oder immensen Haftungsvolumen stattfindet.

Von einem Immobilienberater erwarten die Kunden für alle ihre Immobilienangelegenheiten Problemlösungen. Um dies leisten zu können, muss man nicht nur die Sprache seiner Kunden sprechen, sondern auch ihr Geschäft verstehen, sich in sie hineinversetzen können und letztlich auch so denken wie sie. Vor dem Hintergrund der Saturierung von Märkten (zum Beispiel im deutschen Einzelhandel) stoßen Handelsunternehmen in immer weiter entlegene Regionen der Erde vor. Immobilieninvestoren werden angesichts der globalen Renditekonvergenz immer mutiger, in der Hoffnung in exotischeren Märkten ein wenig mehr Rendite für ihr Risiko zu bekommen.

Den Kunden an die Hand nehmen zu können und dort vor Ort zu sein, wo es eine Lösung zu finden und zu implementieren gilt, das ist die große Herausforderung der Branche. Zugleich werden Eigentums- oder Ertragsrechte an Immobilien durch Verbriefungen und indirekte Immobilienvehikel immer liquider und fungibler.

Immobilienlösungen überall auf dem Globus bieten zu können, wie es lokale Nischenplayer für sich jeweils vor Ort reklamieren, in verwandte Disziplinen wie Asset Management und Investment Banking vorzustoßen und den tradierten Tellerrand zu überspringen, das sind die unternehmerischen Stoßrichtungen moderner Immobilienberatungsunternehmen. Im Rückblick auf die Entwicklung der vergangenen zehn Jahre darf man gespannt sein, welche Dynamik sich in den nächsten Jahren einstellen wird.

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