Non-performing Loans

Leistungsgestörte Immobilienkredite als Herausforderung und Chance

Längst bekommen auch die Abwicklungsabteilungen der Kreditinstitute die Auswirkungen der vielzitierten Finanzkrise zu spüren: Zahlreiche Finanzierungen aus den vermeintlich guten Jahren mit kontinuierlich steigenden Immobilienwerten, hohem Fremdkapitaleinsatz und aggressiven Businessplänen geraten in ein schwieriges Fahrwasser. Denn die Marktaktivitäten haben sich deutlich verringert und oft genug bestehen Unsicherheiten bei der marktgerechten Einwertung von Immobilien. Die aggressiven Businesspläne sind häufig bereits Makulatur und müssen angepasst werden - so kommt es vermehrt zu Verletzungen der in den Kreditverträgen vereinbarten immobilienspezifischen Covenants, was ein deutliches Signal für den Anstieg von Leistungsstörungen ist.

Anpassung der Vergütungen im Asset Management

Für viele Banken und Sparkassen ergibt sich ein Handlungsbedarf also allein durch die Frage nach den nötigen Wertberichtigungen und den bilanziellen Auswirkungen, die sich daraus ableiten. Kritisch wird die Situation vor allem dann, wenn das eingesetzte Asset Management Honorare vereinbart hat, die an die ursprünglichen unrealistischen Businesspläne geknüpft sind. In diesem Fall sinkt dessen Motivation zu besonderem Engagement und für bauliche Anpassungen fehlt schlicht das Kapital. In der Folge sinkt der Wert der Immobilie noch weiter.

Handlungsbedarf ergibt sich aber auch aus der veränderten Rolle der Kreditinstitute. Wenn die Kreditnehmer ihr Eigenkapital bereits verloren haben, dann ist das finanzierende Kreditinstitut im wirtschaftlichen Sinne schon Eigentümer der Immobilie und trägt das gesamte wirtschaftliche Risiko - oft eine ungewohnte Situation, da hier Knowhow gefragt ist, das über die reine Abwicklung hinausgeht.

Sicherungsgut im Fokus

Wie können Kreditinstitute mit dieser Entwicklung umgehen? Zum einen sind Zwangsvollstreckungsmaßnahmen ein bewährtes Mittel der Forderungsbeitreibung. Doch sie führen nach einem langwierigen Verfahren in der Regel zu einer erheblichen Verlustrealisation. Sprich: Die ausstehende Forderung wird durch den Versteigerungserlös bei Weitem nicht befriedigt. Für einen sofortigen Anstieg der liquiden Mittel spricht zum anderen die Möglichkeit des Forderungsverkaufs. Gleichzeitig werden hierbei die Ressourcen der Bank geschont. Doch auch bei diesem Verfahren müssen Verluste in Kauf genommen werden, weil der Käufer die Forderungen grundsätzlich mit einem deutlichen Abschlag erwirbt.

Sowohl bei der Zwangsversteigerung als auch beim Forderungsverkauf gilt das wesentliche Augenmerk dem Kreditmanagement, dem Darlehensnehmer oder dem Bearbeitungsprozess. Was in vielen Fällen gar keine oder nur geringe Beachtung findet, ist die Immobilie selbst, die für das Engagement als Sicherheit hinterlegt wurde. Dabei bietet die professionelle und zielgerichtete Auseinandersetzung mit dem Sicherungsgut mitunter die einzige Chance, das Risiko einer Verlustrealisation zu vermeiden oder zumindest einzugrenzen. Gerade Institute, die sich vornehmlich regional engagieren also vor allem Sparkassen und Genossenschaftsbanken - tun sich hier oft schwer, die bekannten Wege zu verlassen, weil sie weitere Schnittstellen und Bearbeitungskosten scheuen. Denn um problematische Immobilien zu bewerten und gegebenenfalls wieder marktgängig zu machen, reichen rein betriebs- und kreditwirtschaftliches Know-how nicht aus. Zunächst geht es darum, Transparenz herzustellen über Wert und Zustand der Immobilie. Eine entsprechende Analyse umfasst Informationen zur regionalen Lage mit Daten zur demografischen Entwicklung, Prognose der zukünftigen Entwicklung und Daten zum Immobilienmarkt, Informationen zur Nutzung, also Mieter, Leerstände, Nutzungshemmnisse, Informationen zum Bauzustand, wie bestehende Mängel, Instandsetzungsrückstau, Auswirkungen auf die Nutzung sowie Informationen zur Ertragssituation - Ist-Zustand und Prognose der künftigen Entwicklung

Voraussetzung für die sinnvolle Analyse einer dem Grunde nach bekannten Immobilie ist es, das Objekt neu zu betrachten und dabei ein Höchstmaß an Objektivität einfließen zu lassen. Das heißt: Ausgangspunkt für eine solche Betrachtung sind nicht mehr die ursprünglich angesetzten Mieterträge, Nutzungskonzepte oder Verkaufspreise - Leitlinie können ausschließlich die augenblicklichen Marktbedingungen mit den augenblicklichen Mieten, Preisen und Nutzungsanforderungen sein.

Neue Ideen

Auf Grundlage dieser Analyse können externe Berater - nach Abwägung von Chancen und Risiken - Handlungsoptionen aufzeigen. Ein Lösungskonzept beinhaltet in aller Regel eine Objekt- sowie eine Markt- und Standortanalyse, zeigt die Stärken und Schwächen des Objektes auf, priorisiert die durchzuführenden Maßnahmen, kalkuliert den notwendigen Zeit- und Kostenaufwand und leitet aus den erarbeiteten Ergebnissen eine Handlungsempfehlung ab. Der Umfang einer solchen Untersuchung wird durch die Komplexität des jeweiligen Objektes bestimmt. Verglichen mit den Verlustrisiken, die sich aus dem Verzicht auf Prüfung alternativer Ansätze oder einem langwierigen juristischen Verfahren ergeben, erfordert die erste Prüfung einen überschaubar geringen Aufwand. Bereits für einige wenige Tagessätze an Beratungshonorar erhält das Kreditinstitut eine Fachexpertise als belastbare Grundlage für die Entscheidung über die Zukunft der als Kreditsicherheit dienenden Immobilie.

Hierbei sind auch kreative Lösungen gefragt - neue Ideen, die bei der bisherigen Objektnutzung noch nicht fokussiert wurden, sind willkommen. Vielleicht lässt sich das leerstehende Hotel als Pflegeeinrichtung sehr viel besser nutzen. Oder lässt sich die großflächige ehemalige Einzelhandelsnutzung durch Flächenteilung zukünftig nachhaltig vermieten? Diese umfassende Analyse mit anschließender Handlungsempfehlung lohnt sich umso mehr, je größer das Engagement ist.

Klarheit über die Liegenschaften

Klar ist dabei aber auch: Es wird auch zukünftig eine Anzahl leistungsgestörter Immobilien geben, deren immobilienwirtschaftlicher Lebenszyklus sein Ende erreicht hat. In diesen Fällen ist selbst durch unterstützende Maßnahmen eine nachhaltige Marktgängigkeit nicht wieder herzustellen. Doch auch, wenn die Analyse des Immobilienengagements zu diesem Schluss kommt, hat das Kreditinstitut doch zumindest Transparenz über die Lage erlangt und kann seine Entscheidungen aufgrund gesicherter Erkenntnisse treffen. Darüber hinaus gibt es zwei Arten von problematischen Immobilien:

1. Immobilien, die wegen zu aggressiver Businesspläne und überzogener Ertragserwartungen Leistungsstörungen aufzeigen,

2. Immobilien, die durch ihre Vornutzung, ein mangelhaftes Asset Management, durch veränderte Marktanforderungen oder einen Instandsetzungsrückstau bauliche oder nutzungsspezifische Leistungsstörungen aufweisen.

Die Objekte der ersten Gruppe können nach einer marktgerechten Einwertung relativ problemlos einer Neu- beziehungsweise Vollvermietung zugeführt werden. Ein Businessplan, der auf die veränderten Rahmenbedingungen abstellt, erlaubt es im Einzelfall sogar, ein identifiziertes Upside-Potenzial auszunutzen.

Bei den Objekten der zweiten Gruppe sind zusätzliche Investitionen zwingend erforderlich. Diese gilt es abzustimmen, in ihrem Umfang einzugrenzen und anschließend wirtschaftlich umzusetzen. Dabei ist zu beachten, dass es sich um Einzelfall-Betrachtung handelt. 08/15-Lösungen greifen gerade bei schwierigen Immobilien nicht und wären auch in diesem Zusammenhang nicht zielführend.

Entscheidet sich das Kreditinstitut dafür, in eine Sicherungsimmobilie zu investieren, gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten: den Rettungserwerb mit nachfolgend vollständiger Handlungsfreiheit oder die Zusammenarbeit mit dem Darlehensnehmer. Der Rettungserwerb, also der Ankauf der Sicherungsimmobilie durch bankeigene Gesellschaften im Zuge einer Zwangsversteigerung, dient in der Regel dazu, die Verlustrealisation zu minimieren. Dabei liegt einerseits die gesamte Verantwortung des zukünftigen Verwaltungs- und Vermarktungsprozesses in den Händen des Kreditinstituts. Andererseits erhält es aber auch vollständige Kontrolle und die Möglichkeit, in ein eigenes Objekt zu investieren. Ein zielorientiertes und letztlich erfolgreiches Handeln setzt bei einem Rettungserwerb allerdings voraus, dass sich über die Chancen und Risiken dieses Vorgehens im Vorfeld möglichst umfassende Transparenz erarbeitet wird. Gefragt ist hier in jedem Fall auch immobilienwirtschaftliches Fachwissen, um wesentliche Fragen beantworten zu können:

- Zu welchem Preis kann das Objekt im freihändigen Verkauf voraussichtlich veräußert werden?

- Wie lang ist der Vermarktungszeitraum?

- Liegen Vermarktungshemmnisse vor?

- Wie können diese beseitigt werden?

- Welche Maßnahmen sind zwingend erforderlich, um einen freihändigen Verkauf durchführen zu können (zum Beispiel Räumung, Mängelbeseitigung, Nutzungsänderung)?

- Welche Kosten werden durch Unterhaltung, Mängelbeseitigung und Vermarktung voraussichtlich entstehen?

Diese Betrachtungen müssen mit den erwartbaren Ergebnissen eines Zwangsversteigerungsverfahrens abgeglichen werden, um die Möglichkeiten und Grenzen eines Rettungserwerbs herauszuarbeiten. Denn ohne diese klare Zielorientierung wird der einzelne Rettungserwerb eine zeit- und kostenintensive Bearbeitung verursachen, die das ursprüngliche Ziel einer Verlustminimierung beziehungsweise Wertaufholung häufig konterkariert - wohl auch ein Grund, weshalb der Rettungserwerb bei vielen Instituten in den vergangenen Jahren aus der Mode gekommen ist. Die Entscheidung des Kreditinstituts, das Heft des Handelns selbst in die Hand zu nehmen, wirft nicht nur die Frage nach den zur Verfügung stehenden Ressourcen auf. Angesichts der Vielzahl der Fälle werden die Abwicklungseinheiten der Institute die Probleme kaum allein bewältigen können. Auch diese Fragen gilt es zu bedenken, bevor über einen Rettungserwerb entschieden wird.

Abwägung von Chancen und Risiken

Kommt es nicht zum Rettungserwerb, ist die Kooperation mit dem (Alt-)Eigentümer zwingende Voraussetzung für die Arbeit an der Sicherungsimmobilie. Doch da beide Parteien ein gemeinsames Interesse verfolgen, kann hier meist eine gute Lösung gefunden werden. Manchmal sind es nur wenige, überschaubare Investitionen, die die Vermarktungsfähigkeit wieder herstellen. An anderer Stelle kann diese Arbeit aber durchaus in eine echte Projektentwicklung münden. Gerade hier sind dann Kenntnisse nötig, die über die der Abwicklungseinheiten, aber auch über die des Maklernetzwerks hinausgehen.

Insbesondere diese größeren leistungsgestörten Immobilienengagements sind für die Kreditinstitute eine Herausforderung. Sich dieser Herausforderung nicht zu stellen, bedeutet aber, gute Chancen möglicherweise nicht zu nutzen. Bei der Einschätzung helfen interne Experten oder externe Berater - sie sorgen für Transparenz und die nötige Kreativität im Entwickeln neuer Nutzungskonzepte.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X