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Kundenorientierung und Shareholder Value - ein Widerspruch in der Wohnungswirtschaft?

Aktiengesellschaften haben in der Regel den Ruf, rücksichtslos auf schnellen Profit ausgerichtet zu sein. Eine Gesellschaft ist entweder darauf fokussiert, für ihre Anleger maximale Gewinne einzufahren, oder sie setzt auf Service und Qualität für den Kunden. Beides geht nicht. Oder? Stehen sich Kundenorientierung und Shareholder Value wirklich unversöhnlich gegenüber? Und wer ist der Wichtigere, kann einer vielleicht vernachlässigt werden?

Kundenbeziehung in der Wohnungswirtschaft

Die Kundenbeziehung in der Wohnungswirtschaft ist eine besondere, denn das Produkt Wohnen ist als Grundbedürfnis der Menschen stark emotional besetzt. Wohnen ist gleich leben. Lage, Objekttyp und Ausstattung gelten als Indikatoren für die soziale Stellung und das Selbstverständnis der Bewohner. Die Ansprüche an den Vermieter sind dementsprechend hoch: eine intakte Wohnung, ein gepflegtes Wohnumfeld, gute Erreichbarkeit des Vermieters, schnelle Bearbeitung von Anfragen, umgehende Durchführung von Reparaturen, geringe Betriebskosten und das, wenn möglich, zu einer günstigen Miete.

Für den Aktionär ist das Thema Wohnen eine Assetklasse in seinem Anlageportfolio. So erhofft er sich von seiner Gesellschaft steigende Kurse, im Idealfall gepaart mit einer hohen Dividende. Das Management sollte das ihm zur Verfügung gestellte Geld möglichst gewinnbringend investieren. Die Assetklasse Wohnen hat gerade im Zuge der Finanzmarktkrise einen enormen Zulauf erfahren. Sie steht für gute Renditen, solide Cash-Flows und eine stabile Wertentwicklung. Sowohl institutionelle Investoren als auch Privataktionäre möchten von dieser Entwicklung profitieren.

Wie begegnet nun die Deutsche Wohnen den diversen Ansprüchen? Zunächst einmal ist der Konzern so strukturiert, dass eine professionelle und effiziente Bearbeitung der einzelnen Themenfelder möglich ist. Die Deutsche Wohnen AG bündelt als übergeordnete Holding die Bereiche Personal, Recht, Finanzierung/Controlling/Rechnungswesen und Kommunikation. Die beiden Geschäftsbereiche Wohnungsbewirtschaftung und Wohnungsverkauf sind in zwei Tochtergesellschaften organisiert, die die operativen Säulen des Konzerns darstellen.

Die Kundenbetreuung wird durch die Tochtergesellschaft Deutsche Wohnen Management GmbH verantwortet. Dabei werden wesentliche Kernkompetenzen von der Vermietung einer Wohnung, der Betriebskostenabrechnung über das Mietenmanagement, das Forderungsmanagement bis hin zur baulichen Verbesserung des Bestands auch im Unternehmen realisiert. Outsourcing ist beschränkt auf standardisierbare Prozesse, wie zum Beispiel das Facility Management und wird von verlässlichen und etablierten Partnern abgebildet. Durch ein eigens konzipiertes Qualitätsmanagement können hier die definierten Leistungsstandards permanent geprüft werden.

Die Deutsche Wohnen Management GmbH agiert bundesweit vor Ort an fünf Standorten mit insgesamt acht sogenannten Service Points. Hier haben Mieter und Interessenten die Möglichkeit, sich direkt mit ihren Anliegen an das Unternehmen zu wenden. Die dezentral aufgestellten Serviceteams ermöglichen so eine größere Nähe zum Mieter und ergänzen das Service Center, das zentrale Anlaufstelle für telefonische und schriftliche Anfragen ist. Besonderheit des Service Centers sind die eigenen wohnungswirtschaftlich qualifizierten Mitarbeiter, die Anfragen nicht nur vermitteln, sondern zum großen Teil selbst zeitsparend erledigen.

Bestandsentwicklung als Grundlage des Geschäftsmodells

Die Entwicklung der eigenen Bestände gehört zum Kerngeschäft der Deutschen Wohnen. Die Immobilien sind schließlich das Kapital der Gesellschaft. So ist die Portfoliostrategie klar auf die Wertentwicklung der Wohnungsbestände ausgerichtet. Dementsprechend wurden die Investitionen hier in den vergangenen Jahren sukzessive erhöht. Insgesamt hat die Deutsche Wohnen für Instandhaltungen und Modernisierungen im ersten Halbjahr 2011 insgesamt 19,8 Millionen Euro (6,65 Euro pro Quadratmeter) aufgewendet - eine Investitionssteigerung um über neun Prozent gegenüber dem Vorjahr, relativ zum Wohnungsbestand betrachtet sogar um mehr als elf Prozent.

Da ein wesentlicher Anteil des Portfolios unter Denkmalschutz steht, ist das Unternehmen bei der Modernisierung und Sanierung mit besonderen Herausforderungen konfrontiert, denn energetische Maßnahmen und Denkmalpflege sind nicht immer leicht zu vereinbaren. Mit den Bauexperten werden Lösungen und Kompromisse entwickelt, die beiden Ansprüchen gerecht werden. Drei Siedlungen in Berlin gehören seit 2008 sogar zum UNESCO-Weltkulturerbe. Dort werden seit 2009 umfangreiche Baumaßnahmen mit dem Ziel durchgeführt, die Bestände denkmalgerecht, entsprechend dem historischen Erscheinungsbild zu sanieren.

Im Spannungsfeld zwischen Mieter und Aktionär?

Das Interesse an diesen Beständen ist besonders groß. Dort zu wohnen, wo Bruno Taut und seine Kollegen einst den sozialen Wohnungsbau reformierten, hat für viele Mieter einen besonderen Charme. Kundenbetreuung und Bestandsentwicklung haben bei der Deutschen Wohnen einen hohen Stellenwert. Die beschriebenen Maßnahmen tragen dazu bei, den Mietern eine gute Servicequalität zu bieten. Doch widerspricht das den Interessen der Anleger? Wohl kaum. Denn alle Maßnahmen basieren auch auf Effizienz- und Kostenüberlegungen.

Ein gut geschultes Service Center entlastet die Fachkräfte und verbessert die Effizienz in der Kundenbetreuung. Von den Einsparungen in den Betriebskosten profitieren sowohl die Mieter als auch das Unternehmen im Rahmen des Bewirtschaftungsergebnisses und folglich auch die Aktionäre. Im Forderungsmanagement werden mit den Mietern Lösungen erarbeitet, wie rückständige Mieten zurückgezahlt werden können.

Mit den Investitionen in den Bestand verbessert das Unternehmen einerseits den direkten Lebensraum sowie das Wohnumfeld seiner Mieter, denn nur so kann es dauerhaft am Markt erfolgreich sein. Auf der anderen Seite wird nachhaltig der Wert der Immobilien gesteigert. Diese substanzerhaltende Investmentstrategie ist auch für Anleger attraktiv. In den letzten Monaten wurde beobachtet, dass sich vor allem langfristig orientierte Anleger für das Segment Wohnimmobilien interessieren. Sie sind an einer kontinuierlichen Wertsteigerung des Unternehmens interessiert. Diese generiert die Deutsche

Zwei Indikatoren sprechen klar für die Vereinbarkeit von Kundenorientierung und Shareholder Value in der Wohnungswirtschaft: Auf der einen Seite beträgt der Leerstand zum Ende des zweiten Halbjahres 1,8 Prozent in den Kernregionen (exklusive Verkauf). Hier besteht noch weiteres Potenzial in Beständen, in denen derzeit Modernisierungsmaßnahmen stattfinden.

Auf der anderen Seite konnten in den vergangenen Jahren die Mieten kontinuierlich auf 5,53 Euro pro Quadratmeter gesteigert werden (Kernregionen exklusive Verkauf). Die Neuvertragsmiete von 6,53 Euro pro Quadratmeter zeigt, dass auch hier noch Potenzial liegt. Die Entwicklung der Mieten ist dabei untrennbar mit der Entwicklung der Bestände verbunden. Nur mit attraktiven und gepflegten Wohnungen lassen sich entsprechende Potenziale auch realisieren.

Akzeptanz durch Kommunikation

Sicher sind nicht immer alle Maßnahmen sowohl für Mieter als auch für Aktionäre gleich attraktiv. Umso wichtiger ist die aktive Kommunikation mit beiden Gruppen. Ein Beispiel: Die Deutsche Wohnen hat nach dem Zusammenschluss mit der Berliner GEHAG Gruppe im Jahr 2007 zunächst keine Dividende gezahlt. Diese Entscheidung wurde bei den Aktionären nicht gerade positiv aufgenommen. Sie war aber im Zuge der Restrukturierungsphase notwendig, um das Unternehmen anschließend wieder auf Erfolgskurs zu bringen. Demgegenüber ist es wichtig zu vermitteln, dass privates Kapital notwendig ist, um die hohen Investitionskosten in den Bestand zu stemmen. Die Unternehmensstrategie sollte hier für beide Seiten transparent und nachvollziehbar sein.

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