Im Blickfeld

Kundenkontakt - eine soziale Frage

Damit aus Wissen Marktmacht wird, braucht es bekanntlich Informationen - über den Kunden und seine Bedürfnisse, aber auch über den Wettbewerb. Persönliche Kontakte, Netzwerke und ein gewisses Gespür sind wesentliche Komponenten des Erfolgs - speziell auch in der Immobilienwirtschaft. Das galt zumindest bislang. Zunehmend rückt jedoch eine Managergeneration nach, die wie selbstverständlich die neuen technischen Möglichkeiten der Social Media zur Interaktion nutzt. Soweit so gut. Dennoch wird um diesen eigentlich unspektakulären Vorgang ein großes Bohei gemacht. Fast schon im Wochenrhythmus erfragen Marktforscher, ob und wie intensiv Private und Firmen von Twitter, Xing, Facebook und ähnlichen Selbstdarstellungsforen Gebrauch machen.

Jüngst nahmen sich die Depotbank Caceis und die Wirtschaftsprüfergesellschaft PwC der Verbreitung von Social Media speziell in Asset-Management-Unternehmen an. Die Untersuchung ergab: 60 Prozent der Befragten sind schon im Bereich der neuen Medien aktiv geworden. Für die Ersteller der Studie ist das aber offensichtlich weniger als erwartet, denn sie konstatieren trotzdem bei einem Großteil der Vermögensverwalter eine "abwartende" Haltung. Zu erklären sei dies mit dem Mangel an einer verbindlichen Regulierung, aus der wiederum Ungewissheit im Umgang mit den neuen Medien re sultiere. Auch zeigte sich, dass größere Unter nehmen offensichtlich eher in der Lage sind, den Aufwand für eine aktive Social-Media-Nutzung zu stemmen als kleinere. Denn während 77 Prozent der Asset Manager, die mehr als 500 Milliarden Euro verwalten, über ein aktives Nutzerkonto für Social Media verfügen, sind es bei den Unternehmen, die weniger als 150 Milliarden Euro Vermögen verwalten, nur 46 Prozent.

Es gilt als sicher, dass die Interaktion der Unternehmen mit ihren Zielgruppen zukünftig in weit stärkerem Maße über die neuen Kommunikationskanäle laufen wird. Denn die Internet-Generation wird eine zunehmend wichtigere Kapitalquelle, deren Bedürfnisse zu kennen und zu verstehen, eine wesentliche Erfolgskomponente sein wird, schlussfolgern die Autoren der Studie. Allerdings sollte

nicht vergessen werden, dass Kommunikation schwächer wird, je mehr sie Persönlichkeit durch Technik ersetzt. Ein Gespräch von Angesicht zu Angesicht hat nun einmal eine stärkere Verbindlichkeit als ein Telefonat und erst recht als eine E-Mail oder gar eine Status meldung in den sogenannten Sozialen Netzwerken.

Hinzu kommt, dass durch die sozialen Medien ein beträchtlicher Druck aufgebaut wird, mit dem es umzugehen gilt. Permanente Präsenz zwingt zu fortlaufender Aktualität. Es müssen also einerseits in hoher Frequenz Nachrichten generiert werden, wobei die Gefahr zunimmt, vor allem Triviales oder Marketing-Geblubber abzusondern. Andererseits ist auf externe Ereignisse möglichst unmittelbar zu reagieren.

Darüber hinaus gilt es, den (unternehmens-)eigenen Narzissmus zu bändigen. Denn natürlich lässt sich die Zahl der virtuellen Freundschaftsbekundungen nicht beliebig steigern, auch mit Desinteresse, Liebesentzug oder sogar Shitstorms ist möglicherweise umzugehen - inklusive der darauf möglicherweise folgenden schlechten Publicity auch in den klassischen Medien. Es darf gefragt werden, wie unter diesen Umständen nachhaltige Unternehmensführung und langfristige Geschäftsstrategie noch möglich sein soll, wenn sich doch vor allem langfristig orientierte Unternehmen wie beispielsweise börsennotierte Immobiliengesellschaften von der Pflicht zur Quartalsberichterstattung unangemessen getrieben fühlen. L.H.

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