Im Blickfeld

Kreditklemme - bis 2015 oder länger?

Was ist noch finanzierbar? Wer sich derzeit in der Immobilienwirtschaft umhört, bekommt hinsichtlich der Finanzierbarkeit von Liegenschaften höchst unterschiedliche Auskünfte. Einige konstatieren zwar, dass die Zahl der Banken, die in der Immobilienfinanzierung noch ein Kerngeschäftsfeld sehen, abnimmt, doch bewirken die geldpolitischen Maßnahmen zur Euro-Rettung gleichzeitig, dass bei Kreditprolongationen in der Regel die Fremdkapitalkosten insgesamt sinken.
Andere beklagen dagegen, dass ihre Kreditgesuche noch nicht einmal mit einem schlechten Angebot beantwortet würden.

Wird nur auf hohem Niveau geklagt oder finden Kreditangebot undnachfrage tatsächlich nur noch selten zusammen? Halbwegs objektive Daten dazu sind rar. Jetzt hat das Maklerhaus DTZ die Diskussion um ein paar Fakten bereichert. Nach ihrer Marktanalyse scheint sich der Finanzierungsengpass insbesondere bei auslaufenden Krediten zu entspannen, vor allem weil Geldgeber außerhalb des Bankensektors ihre Kredite um 45 Prozent ausweiteten. So verringerte sich die Nettorefinanzierungslücke in den vergangenen sechs Monaten laut DTZ Global Debt Funding Gap Report weltweit um 17 Prozent und in Großbritannien sogar um 55 Prozent. In Asien wurde ein Defizit von 31 Milliarden US-Dollar ermittelt, während in Nord- und Südamerika das Kreditangebot den Prolongationsbedarf decke.

Am höchsten ist die Refinanzierungslücke in Kontinentaleuropa, auch wenn sie sich hier um 20 Prozent auf 86 Milliarden US-Dollar verkleinert habe. Doch im Zuge der bevorstehenden strengeren Regulierung des Bankensektors erwartet DTZ, dass sich das Defizit im kommenden Jahr auf 190 Milliarden US-Dollar mehr als verdoppelt. Besonders betroffen wären Frankreich, Deutschland und die Niederlande. Allein in Deutschland übersteige der Prolongationsbedarf das Angebot dann um 27 Milliarden US-Dollar, nach aktuell gerade einmal drei Milliarden US-Dollar.

Die gute Nachricht: Wo die Banken nicht mehr zur Verfügung stehen, springen zunehmend Versicherungen und Fonds ein. Laut DTZ sollen inzwischen zehn Assekuranzgesellschaften und etwa 30 Fonds gewerbliche Immobilienfinanzierungen zur Verfügung stellen. Diese Akteure könnten weltweit Kredite von insgesamt 75 Milliarden US-Dollar ausreichen. Zudem könnten nach Schätzungen des Maklerhauses Unternehmensanleihen in Höhe von 29 Milliarden US-Dollar am Markt platziert werden. Bis Ende 2015 könnten so Kredite über 225 Milliarden US-Dollar von Nicht-Banken in den Immobilienmarkt gelangen, von denen etwa zwei Drittel aus dem Versicherungssektor kommen. Dann sollten auch europaweit die Refinanzierungsengpässe überwunden sein.

Eine Einschränkung nehmen die Makler allerdings vor: Ihre Prognose haben sie unter dem Vorbehalt getroffen, dass die Akteure auf den Finanzmärkten nicht noch zusätzlich zu den geplanten Maßnahmen reguliert werden. Noch aber sieht es so aus, dass sich die bereits anstehenden Regulierungsschritte verzögern. Solange diese Unsicherheiten bestehen, wird großvolumiges und margenschwaches Kreditgeschäft wie die gewerbliche Immobilienfinanzierung - wenn überhaupt - nur mit der gebotenen Zurückhaltung betrieben werden. L.H

Noch keine Bewertungen vorhanden


X