MIPIM-Special

"Die klassische Hypothekenbank ist wieder das richtige Geschäftsmodell"

Was sollte eine Immobilienbank in der jetzigen Phase keinesfalls unterlassen beziehungsweise keinesfalls tun? Eine Immobilienbank sollte in der aktuellen Marktsituation auf keinen Fall ihr Geschäft aufgeben. Allerdings sollte sie Immobilien anders finanzieren, als sie dies vor zwei Jahren noch getan hat. Auf der Passivseite ist nach den jüngsten Erfahrungen derzeit eine möglichst kongruente Refinanzierung "state of the art". Aber auch dabei sollte nie vergessen werden, dass wir immer noch von Banken reden, die von einem gewissen Maß an Fristentransformation leben. Eine zu 100 Prozent fristenkongruente Refinanzierung ist nicht möglich und sinnvoll. Welche Geschäftsfelder sind für eine Immobilienbank richtig und notwendig? Zunächst ganz banal: Jeder sollte nur Geschäft machen, das er gut versteht. Für eine Immobilienbank heißt das, sie sollte direkte, kundenbezogene Finanzierungen darstellen und auf das spekulative Wertpapiergeschäft verzichten. Selbst die Staatsfinanzierung rechnet sich heute wieder. Wenn das Staatsfinanzierungsgeschäft auf die Art betrieben wird, wie es für die Hypothekenbanken in den achtziger Jahren üblich war, mit den heutigen Margen, dann ist dies ein gutes Geschäft. Denn ein Staatsfinanzierer hat es derzeit nicht nötig, über Zinsspekulationen die Margen anzureichern, wie dies in den vergangenen zwei Jahrzehnten gemacht wurde. Ein Immobilien- und Staatsfinanzierer sollte heute vielmehr aktivseitig alles vermeiden, was spekulativ und kapitalmarktorientiert ist. Wenn es angeraten und wirtschaftlich sinnvoll ist, sollten jedoch auch die Möglichkeiten der Balance-sheet-Entlastung durch Verbriefungen in Form von Commercial Mortgage Backed Securities (CMBS) wieder geprüft und praktiziert werden. Verbriefungen bleiben ein notwendiges Kerngeschäft der Immobilienbanken. Werden Verbriefungen in der nächsten Zeit wirklich noch eine Rolle spielen? Ist der Markt nicht heillos verbrannt? Der Markt ist schwierig, aber er muss zurückkommen. Denn auf die Banken läuft ein gewaltiges Problem zu: In den nächsten 18 Monaten sind 170 Milliarden CMBS weltweit fällig. Wer soll diese ablösen? Wer soll diese finanzieren? Insofern ist es dringend erforderlich, diesen Markt wieder zu beleben und die Investoren zu animieren. Wie kann das gelingen? Es muss das Vertrauen in das Produkt wieder hergestellt werden. Auf kurze Sicht wird das sehr schwer, denn die gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen sind überall schlecht und lassen Investoren eher zögern. Aber auf lange Sicht ist das Produkt so attraktiv, dass es für Anleger durchaus wieder interessant sein kann. Wir sprechen hierbei nicht von den Strukturen, die bis vor zwei Jahren üblich waren. Emissionen von einer, zwei oder gar fünf Milliarden Euro, bei denen keiner mehr wusste, was wirklich drin ist, werden wir nicht mehr sehen. Die Verbriefungen werden kleiner, überschaubarer und transparenter sein. Wenn sich der Kapitalmarkt endlich etwas beruhigt hat, werden auch Verbriefungen von institutionellen Anlegern wie Versicherungen und Pensionskassen wieder nachgefragt werden. Denn das Produkt bietet attraktive Renditen bei überschaubarem Risiko. Hierbei reden wir über verbriefte Darlehen mit einem Loan-to-value von 50 Prozent, nicht über die Exzesse, die es in der Vergangenheit hier und da gegeben hat. Aber wir haben heute das Problem, dass Banker, vor allem Investmentbanker, nicht nur in der Öffentlichkeit, sondern auch bei den Investoren einen schlechten Ruf haben. Viele Investmentbanker haben ihre Kunden nicht betreut, sondern ihnen nur etwas verkauft. Diese können sich heute und auf absehbare Zeit im Markt nicht mehr blicken lassen. Was wir daher brauchen, ist eine neue Generation von Investmentbankern. Das wird Zeit brauchen, aber Vertrauen baut man nicht innerhalb von zwei Monaten wieder auf. Wer kann kurzfristig das nötige Vertrauen bei den Investoren schaffen? Auf der Produktseite mit Staatsgarantien zu arbeiten, ist problematisch. Ich bin kein Freund davon. Denn dieses hat Verwerfungen für andere Produkte zur Folge, damit sind die Gesamtwirkungen eher kontraproduktiv. So ist die Masse an staatsgarantierten Anleihen beispielsweise für den Pfandbrief eine Belastung. Umso erfreulicher ist, dass jetzt wieder erste großvolumige Pfandbrief-Emissionen gelungen sind. Besser wäre es, wenn der Staat auf der Bankenseite in die Verantwortung geht und Kapital einsetzt. Diese Meinung hätte ich vor einem Jahr noch nicht vertreten. Damals war ich kein Verfechter eines "Staatskapitalismus". Aber das Eingreifen des Staates ist im Bankenwesen heute unabdingbar. Teilweise ist das in Deutschland bereits umgesetzt worden, aber eher unter akutem Druck und noch nicht strategisch. Ohne den Staat wird das Bankenwesen in Deutschland aber nicht auskommen. Der Staat in der Wirtschaft ist natürlich nicht ganz unproblematisch. Deshalb sollten wir aufpassen, dass es nicht wieder zu den strukturellen Verwerfungen im Wettbewerb kommt, die in den vergangenen Jahren erfolgreich beseitigt wurden. Wir dürfen nicht zum alten Landesbankensystem zurückkehren. Die Vollverstaatlichung einer Bank ist möglicherweise kontraproduktiv. Eine Minderheitsbeteiligung des Staates kann ausreichen, um bei den Investoren wieder Vertrauen zu schaffen. Besser ist aber eine Mehrheitsbeteiligung. Ein 50-prozentiger Staatsanteil sichert einerseits das Investorenvertrauen und würde andererseits gewährleisten, dass die Bank weiterhin privatwirtschaftlich organisiert ist. Ein privater Eigentumsanteil würde die frühzeitige Reprivatisierung des Unternehmens wesentlich erleichtern. Die Beispiele aus Frankreich, Schweden und Israel, wo dies auch in der Vergangenheit schon hin und wieder mit Erfolg praktiziert wurde, können hierbei als Vorbild dienen. Vor einem staatlichen Engagement in einem Kreditinstitut habe ich keine Angst. Der Staat muss bei systemischen Banken seine Rolle als Retter in der Not wahrnehmen, aber er sollte sich das auch gut bezahlen lassen, ähnlich wie eine Private-Equity-Gesellschaft, die Distressed Assets beziehungsweise Distressed Companies kauft, diese mit Kapital aufpäppelt und sich ihr Engagement beim Weiterverkauf gut verzinsen lässt. Aber besteht dann nicht die große Gefahr, dass der Staat vor allem eigene Interessen in der Bank durchsetzen will, die aber letztlich nicht im Unternehmensinteresse sind? Der Staat muss wirtschaftlich vernünftig bleiben und sich wie ein langfristig am Unternehmenserfolg - nicht am Politikerfolg - interessierter Investor verhalten. Eine Vorgabe, mehr oder günstigere Kredite herauszugeben, steht dem entgegen. Denn dies würde zwangsläufig bedeuten, den Wettbewerb zu unterbieten. Die Strategie "Geschäft um jeden Preis" gab es - nicht nur - bei vielen Hypothekenbanken mehrfach und sie ist nie gut gegangen. Gerade in der jetzigen Phase wäre es fahrlässig, Kunden einen Kredit zu gewähren, wenn man sich nicht sicher sein kann, dass diese in Zukunft noch zahlungsfähig sind. Hier darf sich der Staat nicht einmischen. Er soll keine Lenkungsfunktion wahrnehmen, sondern stabilisierend eingreifen. Dann wird auch der Interbankenhandel - zumindest unter den Banken mit Staatsbeteiligung - wieder aufgenommen. Wenn dort Vertrauen zurückkehrt, dann müssten sich die Banken nicht mehr aus der Staatskasse bedienen und auch das Kreditgeschäft käme wieder in Gang. Bedeutet aber ein so umfangreiches staatliches Engagement an einer Bank nicht auch eine Garantie für deren Produkte, zum Beispiel Pfandbriefe? Sollte das nicht verhindert werden? Eine explizite Staatsgarantie für Pfandbriefe wäre für das Produkt insgesamt schädlich, aber bei einer Staatsbeteiligung gibt es nur eine implizite Garantie. Das Beste, was eine Bank in dieser Situation machen kann, ist die Emission von Pfandbriefen. Diese hätten ein ähnliches Preisniveau wie die Pfandbriefe einer Landesbank. Wenn der Pfandbriefmarkt wieder ins Laufen kommt, dann braucht die Bank keine Staatsgarantien für Anleihen mehr, sondern könnte sich wieder selbst am Kapitalmarkt mit Liquidität versorgen. Mit einer staatlichen Beteiligung in nennenswerter Größenordnung wird für die betroffene Bank nur die Situation wieder hergestellt, die vor dem Zusammenbruch des Kapitalmarktes herrschte. Sie wird von den Investoren und den anderen Banken wieder als stabiler Akteur am Markt angesehen und kann sich wieder zu wirtschaftlich tragfähigen Konditionen Refinanzierungsmittel beschaffen. Welche Gründe gibt es, eine Immobilienbank mit Steuergeldern vor der Insolvenz zu retten? Bei der Immobilienfinanzierung wird oft nur an die Finanzierung des Neubaus gedacht. Tatsächlich aber ist der weit überwiegende Großteil des Geschäfts Bestandsfinanzierung. Gewerbliche Investitionen ohne Fremdfinanzierung funktionieren nicht. Aber was nützt es einem mittelständischen Unternehmen, wenn zwar die Hausbank den Betriebsmittelkredit verdoppelt, aber der Immobilienfinanzierer - zum Beispiel aufgrund der eigenen Insolvenz - den Hypothekenkredit fällig stellt? Da derzeit alle Immobilien finanzierenden Banken das gleiche Refinanzierungsproblem haben, wird sich kaum ein Institut für die Anschlussfinanzierung finden beziehungsweise die Forderungen der anderen Hypothekenbank übernehmen. Dann ist der Mittelständler, selbst wenn es ein gut laufendes Geschäft ist, ebenfalls zahlungsunfähig. Die Hausbank will die Immobilie nicht, denn diese bindet zu viel Kapital und stellt ein zu hohes Risiko dar. Deshalb braucht es funktionsfähige Immobilienbanken, wenn die Wirtschaft nicht völlig zusammenbrechen soll. In dem Fall würden auch die Konjunkturprogramme nicht greifen. Verstehen die Politiker diese Argumentationskette? Die Zusammenhänge sind den damit befassten Politikern durchaus bewusst, aber diese Komplexität lässt sich schwer in die Öffentlichkeit transportieren. Grundsätzlich werden die notwendigen Maßnahmen angegangen, aber sie laufen noch immer unter dem Stichwort "Bankenrettung" und nicht unter dem Aspekt "Immobilienfinanzierung". Vielleicht können hier die Verbände noch mehr unterstützen und die Bedeutung der Immobilienfinanzierung für die Gesamtwirtschaft stärker in der Öffentlichkeit herausstellen. Deshalb ist es so wichtig, dass diese Marktphase überbrückt wird und größere wie kleinere Immobilienfinanzierer nicht "fallengelassen" werden. Dies kann in der gegenwärtigen Marktphase aber nur der Staat leisten. Nur der Staat kann den Banken das notwendige Eigenkapital zur Verfügung stellen, um Verluste auszugleichen. Dafür soll er aber auch an den steigenden Aktienkursen der betroffenen Banken voll partizipieren und sich später seinen Kapitaleinsatz zurückholen. Nochmal: Der Staat soll und darf seine Hilfe nicht umsonst leisten. Wenn die Situation so ist, wie Sie sagen, dann ist für eine gewinnorientierte Bank die Immobilienfinanzierung im Moment das beste Geschäft. Man kann sich faktisch konkurrenzlos das beste Risiko zum niedrigsten Preis aussuchen. Warum werden die Kapazitäten nicht in dieses Geschäftsfeld gelenkt? Der Zeitpunkt ist ideal, um eine Immobilienbank zu gründen beziehungsweise aus einer bestehenden Bank heraus Immobilienfinanzierung zu betreiben, wenn man das nötige aktiv- und passivseitige Know-how und die Liquidität - die Refinanzierung - hat. Nicht nur für die Staats-, sondern auch für die Immobilienfinanzierer gilt, dass die Margen heute sehr gut sind. Sie werden zwar nicht auf Dauer dieses Niveau haben, aber sie werden auch nicht auf das Level von vor zwei Jahren fallen. Denn viele Marktteilnehmer, die den Markt eigentlich nicht kennen und die sehr aggressiv aufgetreten sind, haben sich so gründlich die Finger verbrannt, dass sie auf Jahre nicht mehr in diesem Bereich zu sehen sein werden. Deshalb kann für die Immobilien- und Staatsfinanzierung gesagt werden: Das Geschäftsmodell der Hypothekenbanken aus den achtziger Jahren ist heute das richtige. Es gibt aber natürlich das Problem der hinderlichen Altlasten: Ist eine Bad Bank, also eine Sammelstelle für die schlechten Risiken, die richtige Option, um eine Immobilienbank wieder handlungsfähig zu machen? Die Frage ist, was ist "bad" und was ist "good". Worüber reden wir bei einer Bad Bank? Die Assets der Immobilien- und Staatsfinanzierer sind nicht per se komplett schlecht, ausfallgefährdet oder notleidend. Das Problem ist, dass die Altbestände, all das, was bis einschließlich 2007 in die Bücher genommen wurde, meist nicht die Margen bieten, die dem Risiko angemessen sind. Das heißt aber nicht, dass sie gar keinen Ertrag mehr bringen. Die Banken müssen deshalb so lange durchhalten und eine Refinanzierung bekommen. Deshalb ist der Ausdruck "bad" eigentlich falsch. Besser wäre es von "continued" und "discontinued" Assets zu sprechen. Darüber hinaus gibt es auch Darlehen, die nicht wie geplant verlaufen. Diese Risiken muss die Bank selber tragen Bevor eine Bad Bank geschaffen werden kann, muss als erstes definiert werden, was "discontinued business" ist. Wie groß ist das Portfolio? Welchen Wert hat es? Welcher Preis soll dafür gezahlt werden? Und von wem? Solange das nicht geklärt ist, wissen wir gar nicht, über welche Summen wir reden und wie teuer eine Bad Bank wird. Aber sind die Banken bereit, so viel Transparenz zu zeigen? Darum kommen wir doch ohnehin nicht herum. Wenn wir ein zukunftsfähiges Bankensystem haben wollen, dann müssen die Karten auf den Tisch. In dieser Situation, in der die Institute um Vertrauen werben, wäre eine Verschleierungstaktik das Dümmste, was man tun kann. Daher wäre es kontraproduktiv, Basel II oder IAS/IFRS ganz oder teilweise auszusetzen. Einer Bank, die auf diese Weise bestimmte Positionen ihrer Bilanz nicht mehr zeigen müsste, würde kein Investor Geld geben und es würde das Vertrauen in die Kreditwirtschaft insgesamt endgültig ruinieren. Ebenso wäre es nicht systemgerecht, eine Bad Bank zu schaffen, deren heute schon erkennbare Verluste später dem Staat aufgebürdet werden. Diese Verluste muss derjenige tragen, der dafür verantwortlich ist. Deshalb können die Assets nur zu Marktpreisen auf diese Bad Bank übertragen werden. Freilich wird man noch definieren müssen, was der Markt ist. Bei Staatsanleihen ist sicherlich eine andere Werthaltigkeit zu unterstellen als bei Firmenkunden. Das kann sich auch im Preis widerspiegeln, den man als fair annimmt. Aber einen Markt gibt es immer, auch wenn manche gerne das Gegenteil behaupten, weil ihnen der Marktpreis nicht passt und sie abschreiben müssen. Aus diesem Grund ist die Forderung der Politik auch richtig, dass jede Bank ihre eigene Bad Bank führen soll. Es hat in der Vergangenheit immer wieder Banken gegeben, die sich erfolgreich restrukturiert haben, indem sie das nicht mehr strategiekonforme, unrentable oder sogar verlustreiche Portfolio vom übrigen, gesunden Bestand getrennt haben. Das ist auch im Sinne der Aktionäre, die dann sehen können, wo die Bank wie viel Geld verdient. Wir sollten unsere Kapazitäten auf die Good Banks konzentrieren und nicht auf die Lösung des Bad-Bank-Problems verwenden. Die Schaffung von Bad Banks kann dazu beitragen, aus Banken wieder Good Banks zu machen. Das erfordert sehr viel Geld vom Staat, der den Abschreibungsbedarf abdeckt, aber es geht auch zulasten der Aktionäre, deren Anteil am Unternehmen abnimmt. Wir müssen vor allem wieder zukunftsgerichtet, positiv denken. Wenn wir uns nur damit beschäftigen, was noch alles schlecht ist, dann übersehen wir die Erfolge und positiven Entwicklungen. Wenn wir zeigen können, dass Immobilienfinanzierung, dass Staatsfinanzierung und dass Pfandbriefemissionen möglich und erfolgreich sind, dann wird das Vertrauen in die Banken schneller zurückkehren. Zum Vorausschauen gehört auch der Blick zurück, um alte Fehler nicht ein zweites Mal zu begehen. Waren die Hypothekenbanken zu kapitalmarktnah geworden? Liegt hier ein Systemfehler vor? Die Nähe zum Kapitalmarkt war nicht das Problem. Aber die Hypothekenbanken fingen an, sich als Allrounder zu betätigen und den Anteil der nichtpfandbrieffähigen Finanzierungen seit dem Ende der achtziger Jahre kontinuierlich zu steigern. Auch ich war ein Verfechter dieser breiteren strategischen Aufstellung. Aus heutiger Sicht könnte man diskutieren, ob diese Entwicklung richtig war. Zudem gab es aber einige Institute, die anfingen zu spekulieren und dieses Geschäft stärker als andere zu betreiben. Das ist einige Jahre gut gegangen. Manche gerieten auch schon früher in Schieflage. Aber spätestens mit der Einführung von IAS/IFRS war dieses Geschäftsmodell in dieser exzessiven Form nicht mehr möglich, weil anders als in der HGB-Bilanzierung viel mehr offengelegt und zu Marktpreisen bewertet werden muss. Unter HGB konnten ungünstige Marktphasen ausgesessen werden. Wichtig war nur, dass der Markt rechtzeitig drehte, bevor das Geld ausging. Heute muss das Kapital sofort unterlegt werden. Sind die jetzigen Kapitalanforderungen an die Banken ein Problem der Krise? Vor dem Ausbruch der Krise reichte eine Eigenkapitalquote von rund sechs Prozent aus. Heute braucht eine Bank neun bis zehn Prozent. Das bedeutet, für den gleichen Kreditbestand, also ohne Neugeschäft abgeschlossen zu haben, braucht das Institut ein Drittel mehr Kapital oder muss seinen Bestand entsprechend abbauen, um die geforderte Eigenkapitalquote zu erreichen. Vor der Krise war das kein Problem, da es immer jemanden gab, der diese Assets nachgefragt hat. Aber heute wollen alle Banken verkaufen. Eine Nachfrage existiert aber faktisch nicht mehr. Für dieses Problem gibt es noch keine Lösung. Möglich wäre, dass der Staat das Geld den Banken zur Verfügung stellt oder neue Banken gegründet werden, die Bestände von anderen Kreditinstituten erwerben. Warum sind einige Hypothekenbanken vom "Pfad der Tugend" abgekommen? Weil sie an bestimmten Stellen wachsen wollten. Entweder bei der Bilanzsumme oder beim Ertrag. Dahinter standen zuweilen die Eigentümer, aber noch häufiger die Analysten. Vor allem die Analysten üben einen gewaltigen Druck auf die Unternehmen aus, vor allem wenn sie im Dax notiert sind. Rückblickend muss festgestellt werden, dass die geforderten Ertragsziele eine der Ursachen für das heutige Desaster waren. Was kann, was darf eine Hypothekenbank, die richtig aufgestellt ist, heute und in Zukunft nachhaltig verdienen? Eine Hypothekenbank kann mit Sicherheit nachhaltig keine 25 Prozent Rendite vor Steuern liefern. Aber von einer Hypothekenbank, die keine Altlasten hat, ist eine zweistellige Rendite durchaus darstellbar - auf Basis der heutigen Marktlage. Dreistellige Margen sind heute bei Finanzierungen möglich, bei denen es vor drei Jahren keine 30 Basispunkte gegeben hätte. Mit den Altbeständen ist dieses Ertragsziel jedoch nicht zu realisieren, im Neugeschäft dagegen schon. Wird in der aktuellen Marktphase Mezzanine Capital wieder eine stärkere Rolle spielen? Bis Mezzanine Capital wieder eine Rolle in der Immobilienfinanzierung spielt, wird es noch lange dauern, denn derzeit sind die Preise dafür so hoch, dass die nötige Rendite mit einer Bestandsimmobilie nicht zu erwirtschaften ist. Bei der einen oder anderen spekulativen Projektentwicklung mag das darstellbar sein, aber dafür ist den Kapitalgebern das Risiko momentan zu hoch. Was können wir gerade jetzt und nach den Erfahrungen der vergangenen Monate vom Ausland lernen - Gutes wie Schlechtes? In den USA, Großbritannien oder auch Frankreich wird schneller reagiert als in Deutschland. Dabei werden in der Eile natürlich auch Fehler gemacht, die später korrigiert werden müssen, doch zumindest wird rasch gehandelt. Hierzulande diskutieren wir erst lang und breit, um auch ja alles perfekt zu machen, doch wenn die Lösung endlich gefunden ist, kommt sie zu spät. Wir haben vielleicht das beste Hedgefonds-Gesetz der Welt, aber als es in Kraft trat, brauchte es niemand mehr. Wir haben um die beste REIT-Struktur gerungen, doch als diese gefunden war, hatte sich das Zeitfenster schon wieder geschlossen. Wir neigen zu einem Perfektionismus, der uns bremst. Unser größter Fehler ist, dass wir Angst haben, Fehler zu machen. Das Ziel muss sein, das Thema Bankenkrise so schnell wie möglich vom Tisch zu bekommen. Denn wenn sich erst in den Köpfen festgesetzt hat, dass die Banken nicht mehr auf die Beine kommen, dann wird die Rettung tatsächlich immer schwieriger und dann werden auch Institute unter Feuer geraten, die jetzt noch nicht täglich in den Schlagzeilen stehen. Für ein positives Signal reicht oftmals schon, eine Maßnahme nur anzukündigen. Barack Obama hat eine Bad Bank angekündigt, allein die Ankündigung war bereits ein positives Signal für den Markt. Wie eine Bad-Bank-Lösung dann im Detail aussieht, kann man noch klären, aber zunächst ist wichtig, die Richtung aufzuzeigen. Wandelt sich in der Krise die Rolle des Aufsichtsrates? Wenn die Gesellschaft verlangt, dass der Aufsichtsrat einerseits kompetent, aber andererseits möglichst unabhängig vom Unternehmen sein soll, dann ist das ein unlösbarer Widerspruch. Dieses Kriterium würde nur ein Wettbewerber erfüllen. Einen Vertreter des Wettbewerbers in den Aufsichtsrat zu holen, wäre aber auch nicht sinnvoll. Ein Teil der Bankenkrise ist sicherlich auf dieses Dilemma zurückzuführen. Das Arbeitspensum eines kompetenten Aufsichtsrates ist nicht mehr während einer Bahnfahrt von Frankfurt nach Düsseldorf zu bewältigen. Heute braucht es eigentlich professionelle Aufsichtsräte, die eine entsprechende Ausbildung haben und neben ihrem Aufsichtsratsmandat keinem Fulltime-Job nachgehen.

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