Unternehmen und Märkte

JLL: Anhaltender Anlageboom

Das Jahr 2006 kann auf den maßgeblichen Immobilienmärkten der Welt als ein Jahr der Rekorde gelten. Voraussichtlich 455 Milliarden Euro an Anlagekapital weltweit werden auf die gewerblichen Immobilienmärkte geflossen sein. Einschließlich Wohnimmobilien und den indirekten Beteiligungen über Kapitalgesellschaften könnten es um die 600 Milliarden Euro werden. Das wäre mehr als doppelt so viel wie im Jahr 2003. Ein erheblicher Teil davon entfällt auf das grenzüberschreitende Geschäft. Anleger aus der ganzen Welt positionieren Deutschland neben Japan, China und Indien als einen der Favoriten in der internationalen Immobilienanlageszene, so Christian Ulbrich, CEO Jones Lang Lasalle Deutschland. Wie kaum ein anderes Land hat Deutschland diesbezüglich einen Nachholbedarf, ausgelöst durch die Effekte der Wiedervereinigung, die die Anpassung des deutschen Immobilienmarktes an die Gepflogenheiten des internationalen Kapitalmarktes um mehr als ein Jahrzehnt verzögert hat.

Die Zyklen in anderen Ländern sind der Entwicklung in Deutschland vorausgeeilt und haben den dortigen Immobilienmärkten zu einem starken Aufschwung verholfen - auf den Wohnungsmärkten zahlreicher Länder sogar mit einer Vervielfachung der Preise. In den USA hat, auch unter dem Einfluss der zahlreichen Zinserhöhungen, bereits eine leichte Dämpfung der Konjunktur eingesetzt, zum Teil mit deutlichen Bremseffekten in der Nachfrage nach Wohnimmobilien. Auf den deutschen Immobilienmärkten sind Signale für eine nachhaltige Besserung erst seit dem Beginn des vergangenen Jahres zu sehen. Besonders deutlich ist das Interesse ausländischer Investoren an Wohnungsbeständen und Wohnungsgesellschaften in Deutschland. Seit 2003 sind annähernd 20 Milliarden Euro in dieses Marktsegment geflossen. Ebenso ist der Einzelhandelsimmobilienmarkt rasant in den Fokus der Anleger geraten. Auf den Büromärkten ist eine vergleichbare Tendenz zu erkennen, wie der Verkauf und die geplanten Veräußerungen großer Portfolios von Offenen Immobilienfonds, Banken und der öffentlichen Hand zeigen.

"Diese Entwicklungen haben innerhalb kürzester Zeit ein derartig hohes Volumen erreicht, dass schon ein Halten des Niveaus vom abgelaufenen Jahr (rund 50 Milliarden Euro) in 2007 ein großer Erfolg wäre - aber durchaus realistisch. Deutschland wird auch 2007 zu den Gewinnern auf den Immobilienmärkten dieser Welt gehören. Die Entwicklung des Jahres 2006, und absehbar 2007, wird kein kurzfristiges Phänomen sein, sondern ein Signal für die Eingliederung Deutschlands in den globalen Immobilienkapitalmarkt", so Ulbrich.

Für die europäischen Investmentmärkte geht Jones Lang Lasalle für 2006 von einem Transaktionsvolumen von um die 200 Milliarden Euro aus (2005: 156 Milliarden Euro). Die Immobilieninvestitionen in Europa werden auch 2007 von den Aktivitäten in Großbritannien, Frankreich und Deutschland dominiert sein. Der Blick wird sich aber verstärkt auch auf Märkte in Mittel- und Osteuropa (unter anderem die Türkei und die Balkanländer) sowie auf Skandinavien und den Mittleren Osten richten, erwartet der Makler. Für einen Rückgang der Investorennachfrage im Laufe des Jahres 2007 gebe es indessen keine Anzeichen. Insgesamt könnte das Verhältnis bei über vier Euro auf der Nachfrageseite gegenüber einem Euro auf der Angebotsseite liegen. Die Investoren, die 2006 nicht zum Zuge kamen, werden sich in den ersten Monaten 2007 voraussichtlich als eifrige Käufer erweisen. Darüber hinaus seien auf den indirekten Anlagemärkten mit einem breiten Spektrum an öffentlichen und privaten Kredit- und Eigenkapitalmöglichkeiten die Voraussetzungen für zunehmend professionellere Märkte in 2007 und darüber hinaus geschaffen.

In Westeuropa werden die höhere Nachfrage und die geringeren Leerstandsraten von einem positiven Wirtschaftswachstum und ohne bedeutende Angebotsrisiken gestützt. Das größte Mietpreiswachstum für Büroimmobilien wird in Städten wie London, Madrid, Barcelona Moskau und Stockholm notiert werden. Im Einzelhandelssektor werden es Spanien und Schweden sein. Neben dem stärkeren Mietpreiswachstum wird es ein weiteres Jahr mit Erträgen europaweit im zweistelligen Bereich zwischen zehn und 13 Prozent in allen Marktsegmenten geben. Die höchsten Erträge werden für Fachmärkte und Büroflächen erwartet. Globale Investoren könnten ihre dominante Rolle in Europa weiter ausbauen. Erhöhte Aktivitäten werden sowohl vonseiten australischer Investoren erwartet als auch von Investoren aus dem Mittleren Osten, deren Investmentaktivitäten aus dem zunehmenden Petro-Dollar-Kapital herrühren.

REITs als Turbolader für Immobilienderivate

Der Siegeszug des Jahres 2006 galt dem börsennotierten Real Estate Investment Trust. Er eröffnet den Zugang für Beteiligungen an Immobilienbeständen in nunmehr 20 Ländern. Weitere sollen in 2007 hinzukommen, darunter in Italien sowie der G-REIT in Deutschland. Die langfristige Bedeutung des REITs dürfte nach Einschätzung des internationalen Maklers weniger in den von der Politik diskutierten Feldern liegen, wie Sammelbecken für Unternehmensimmobilien oder Anlageklasse für Privatkunden, sondern eher als der Turbolader für das Immobilienderivat.

REITs unterliegen weltweit gesetzlichen Auflagen, der ständigen Beobachtung der Investmentmärkte und weisen außerdem bilanzrechtlich, steuerlich und bewertungstechnisch international vergleichbare Strukturen auf. Somit bieten sie eine ideale Grundlage als Basis von Derivaten. Folglich könnten REITs ein wichtiger Meilenstein im Globalisierungsprozess der Immobilienanlagewirtschaft werden.

Die Kapitalmarktorientierung der Immobilien wird an Vehemenz gewinnen und ohne Umkehr sein. Die Bedeutung dieser Entwicklung hin zu Finanzmanagement und Financial Engineering wird nur über die Einflussfaktoren der größtmöglichen Verzinsung des eingesetzten Eigenkapitals nachvollziehbar sein. Laufende Erträge der Immobilien und ihre Wert veränderung sind dabei von immenser Bedeutung ebenso wie die gewählte Refinanzierungsstruktur. "Das Credo lautet - Verkaufe die Risiken und behalte die Erträge. Wiederhole dieses Vorgehen so lange, bis man keine eigenen finanziellen Risiken in einer Transaktion hat, aber immer noch einen Teil der Erträge erhält", so Ulbrich.

Gibt es nur Chancen und keine Risiken? Zumindest überwiegen derzeit die Chancen sehr deutlich. Rückschläge wird es aber in einigen Märkten oder in Teilbereichen geben. Wenn sie an den jeweiligen Nettoanfangsrenditen gemessen werden, ist auf vielen Märkten in wenigen Jahren eine Angleichung der Renditen eingetreten. Sie haben sich durch sehr hohe Preissteigerungen zum Teil halbiert. Auf einigen Märkten spiegeln sie nicht die tatsächlichen Risikopotenziale wider, so dass Preiskorrekturen nicht auszuschließen sind.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X