Deka-Immobilien-Monitor

Investmentmärkte: Flucht in Qualität hält vorerst an

Trotz einer zuletzt wieder dynamisch wachsenden Weltwirtschaft ist Euphorie derzeit fehl am Platz. Die hohen Wachstumsraten, die direkt auf die tiefe Rezession folgten, werden sich vielerorts bereits im laufenden Jahr wieder abschwächen. Die Gründe sind einfach. In Europa schwelt weiter die Staatsschuldenkrise. Viele europäische Staaten müssen angesichts ausufernder Defizite massive Sparmaßnahmen ergreifen. Einige Länder haben damit bereits begonnen. Im kommenden Jahr werden weitere folgen. Die Sparmaßnahmen hemmen die konjunkturelle Erholung in der Eurozone und lassen die in den meisten Ländern deutlich gestiegenen Arbeitslosenzahlen nur langsam sinken. Ein weiterer Belastungsfaktor ist das europäische Bankensystem, das noch immer mit den Folgen der Finanzkrise kämpft.

In den USA sollte sich die wieder zunehmende Investitionstätigkeit der Unternehmen weiter positiv auf die Entwicklung am Arbeitsmarkt auswirken. Allerdings wird die Erholung am Arbeitsmarkt im historischen Vergleich eher schwach verlaufen. Mittelfristig dürften auch die USA nicht um Maßnahmen zur Haushaltskonsolidierung herum kommen, wodurch die weiteren Wachstumsperspektiven gedämpft sind. In diesem Umfeld bleiben die Inflationsgefahren gering, sodass die Zentralbanken der Industrieländer weiterhin die Zinsen niedrig halten und sich auf die Stabilisierung des Finanzsystems konzentrieren können.

Zunächst ein Blick auf die europäischen Investmentmärkte für Büroimmobilien. Derzeit profitiert insbesondere das Pri-me-Segment von dem Mix aus konjunktureller Erholung und der hohen Risikoaversion der Investoren. Wir erwarten, dass die Marktgesamterträge idealtypischer Investitionen bereits in diesem Jahr an beinahe allen betrachteten Standorten wieder positiv sind. Die Flucht in Qualität auf Investorenseite führte bereits zu deutlich rückläufigen Spitzenrenditen in den großen Märkten wie London oder Paris. Dies dürfte sich in den nächsten Quartalen fortsetzen und zu starken Anstiegen der Gesamterträge führen. Die Mietmärkte der meisten anderen Standorte erreichen ihren Tiefpunkt erst im Laufe dieses Jahres. Dennoch sollten die Spitzenrenditen in diesen Märkten Ende 2010 unterhalb der Vorjahreswerte liegen und damit die Gesamterträge steigen lassen.

Auf mittlere Sicht (2011 bis 2014) sollte die Entwicklung der Spitzenmieten - in Folge der moderaten konjunkturellen Erholung in Kombination mit sehr niedrigen Neubauzahlen - wieder der Haupttreiber für positive Gesamterträge sein. Dabei erholen sich die Mietmärkte an einigen Standorten langsamer als bisher angenommen. Gründe hierfür sind anstehende oder bereits eingeleitete staatliche Sparmaßnahmen. Diese belasten die Unternehmen tendenziell und dämpfen damit die Nachfrage nach Büroflächen. Insbesondere die spanischenStandorte dürften davon betroffen sein.

Im Zuge einer langsamen Normalisierung der aktuell extrem hohen Risikoaversion auf Investorenseite sollte sich das Interesse in den kommenden Jahren nicht mehr ausschließlich auf Prime-Objekte fokussieren. Zudem gewinnen nach den starken Renditerückgängen in den großen liquiden Märkten andere Standorte an Attraktivität. Ein Beispiel hierfür könnte Warschau sein, das sich mehr und mehr zu einem begehrten Standort internationaler Banken entwickelt.

Unter den betrachteten deutschen Büromärkten weist mit Frankfurt der Standort die günstigsten Gesamtertragsperspektiven auf, der in den Krisenjahren 2008 und 2009 zu den größten Verlierern gehörte. Umgekehrt ist der Ausblick für Stuttgart, wo selbst während der Krise positive Erträge erzielt wurden, sehr verhalten. Die übrigen Standorte, die in den beiden Vorjahren größtenteils moderate Verluste auswiesen, verteilen sich im Mittelfeld der Rangliste.

Zur Berechnung der prognostizierten Marktgesamterträge für Büroimmobilien an US-amerikanischen Standorten wurden erstmals Durchschnittsmieten sowie Spitzen-Cap-Rates im Class-A-Segment herangezogen. Wie in Europa ist auch an den US-Standorten eine ausgeprägte Risikoaversion zu beobachten. Allerdings waren die Cap Rates in New York oder Los Angeles vor der Krise teilweise so tief gesunken, dass der Anstieg auf rund fünf Prozent während der Krise als Korrektur zu werten ist. Wir erwarten keinen weiteren Rückgang. Die Preise in den Top-Märkten sollten sich auf diesem Niveau verfestigen. Für die Marktgesamterträge 2010 ergibt sich dadurch im Mittel nur ein leichtes Plus. Die hohen Erträge für Seattle können dabei als statistische Verzerrung gewertet werden, da sie sich aus einem starken Anstieg der gemeldeten Spitzen-Cap-Rates im Vorjahr und einer anschließenden Normalisierung ergeben.

In den USA sind die Mietmärkte weiterhin schwach, an den meisten der betrachteten Standorte ist erst 2011 oder 2012 die Trendwende zu erwarten. In den Folgejahren sollten sich Ertragsperspektiven aufgrund der Erholung am Arbeitsmarkt zunehmend weiter aufhellen. Für den Zeitraum von 2011 bis 2014 ergeben die Prognosen Gesamterträge von 6,3 Prozent pro Jahr. Dabei liegen San Francisco, Boston und Washington DC mit prognostizierten Erträgen von mehr als zehn Prozent pro Jahr an der Spitze der Rangliste.

Gunnar Meyke, Economist, Immobilienresearch, Deka-Bank

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