Schwerpunkt: Herausforderung Wirtschaftsarchitektur

Innenarchitektur - ein unterschätzter Wertfaktor

Wenn darüber nachgedacht wird, dass jeder im Innendienst tätige Büroangestellte mehr als 38 Prozent seiner Zeit innerhalb von Arbeitsräumen verbringt, ist es verwunderlich, dass diesem Raum nicht noch mehr Bedeutung zugeordnet wird, als es bisher der Fall ist. Gebäude "leben" zwar durchaus mit Fassaden, doch den Innenraum eines jeweiligen Gebäudes erleben wir.

Raumgestaltung als Imageträger

So ist beispielsweise für die Gesamtdarstellung eines Unternehmens die räumliche Wahrnehmung eines Standortes, unabhängig ob es sich um den Firmensitz oder die Filiale handelt, zum Beispiel durch die Art und Weise, wie eine Empfangssituation gestaltet ist oder auch der Mitarbeiterplatz vorgefunden wird, prägend und beeinflussend. Kommuniziert beispielsweise ein Unternehmen als Leitmotiv "Transparenz", "Offenheit" und "zeitgemäßes Handeln", kippt dieser Ansatz spätestens dann, wenn der Besucher am Empfang durch einen Tresen empfangen wird, der einem Bollwerk gleicht, und die schlecht ausgeleuchtete Systemdecke so tief hängt, dass dem Besucher der Eindruck vermittelt wird, über den Hintereingang geschickt worden zu sein.

Führt der Besuch die Gäste anschließend in den den Konferenzräumen vorgelagerten Wartebereich, wo sie in massiven Sesseln zu versinken drohen, spätestens dann sollte darüber nachgedacht werden, etwas an der Innenraumgestaltung zur verbesserten Außendarstellung dieses Unternehmens zu ändern.

Ein ganz wichtiger Teil in der Unternehmensdarstellung ist die Innenarchitektur. Sie gestaltet nicht nur Räume, sie schafft Welten. So kann mit einer gezielt gestalteten Empfangssituation, bei der unter Berücksichtigung des Gesamtraumes die Farbigkeit, die Akustik, die Beleuchtung und die Materialität kundenspezifisch ausgewählt wurden, ganz unterbewusst aber gezielt eine entsprechende Firmenphilosophie kommuniziert oder auch bestätigt werden. Dabei geht es darum, die vom Unternehmen gewünschte Aussage zu kommunizieren. Dazu gilt es, eine Atmosphäre zu schaffen, auf deren Grundlage dem Besucher beim Eintreten in das Unternehmen dessen Botschaft authentisch vermittelt wird - immer auf der Grundlage der innenarchitektonischen Gestaltungskriterien wie Raum, Licht, Farbe und Akustik.

Zum Beispiel lassen sich mit Konferenzbereichen innenarchitektonische Atmosphären schaffen, die subtil die darin stattfindenden Besprechungen begleiteten und beeinflussen können, so unter anderem durch Raum, Größe und Farbe, natürlich immer unter Berücksichtigung der notwendigen technischen Komponenten.

Am Arbeitsplatz kann durch die Art und Weise der Gestaltung gegenüber dem Mitarbeiter und der von ihm ausgeführten Tätigkeit eine Wertigkeit vermittelt werden, die für das Unternehmen von Vorteil sein kann.

Viele werden den Anruf in einem Callcenter kennen, wenn auch bei stark vertraulichen Themen im Hintergrund Details anderer Telefonate deutlich zu hören sind. Nicht nur dass damit weder Vertrauen geschaffen noch Wertschätzung gegenüber dem Kunden vermittelt wird, das Unternehmen schadet sich auf eine weitere, nicht unbedeutende Weise selbst: Vom Kunden werden die Geräusche als störend wahrgenommen, andererseits machen fehlende akustische Maßnahmen auch den Mitarbeiter langfristig krank.

Leider handelt es sich hierbei um zwei unterschiedlich zugeordnete Budgetzugehörigkeiten, sodass die Bereitschaft der notwendigen Investition für akustische Maßnahmen im baulichen Ablauf oftmals zu gering ist und nicht mit dem späteren, daraus resultierenden personellen "Verlust" in Verbindung gebracht wird. Erfolgen jedoch geplante Investitionen im Bereich der Akustik, zahlen sich diese in der Regel nach sehr kurzer Zeit bereits positiv aus, messbar durch deutlich weniger Ausfälle bedingt durch Krankheit und Steigerung der Motivation am Arbeitsplatz; das Letztere lässt sich leider nur schwer nachweisen beziehungsweise messen.

Förderung der Kommunikation

Bereits in einem recht frühen Baustadium können zum Beispiel im Bereich der Akustik Optimierungen festgelegt werden, und dabei handelt es sich meist um räumliche Abhängigkeiten. Existiert beispielsweise in einem Gebäude eine betonkernaktivierte Decke, sind die akustischen Lösungen im Deckenbereich technisch begrenzt, sodass für einen funktionierenden Büroraum der Weg alternativer Lösungen im Boden- oder Wandbereich gewählt werden kann. Verfügt jedoch die Deckenlösung über eine sehr hohe Schallabsorption, kann die Maßnahme im Wand- und Deckenbereich geringer ausfallen.

Zeitgemäße Büroformen, in denen die Kommunikation gelebt werden kann, sind ein deutlicher Mehrwert für ein Unternehmen. Denn im Bereich der Arbeitsplatzgestaltung hat sich in den vergan genen Jahren viel bewegt. Führen wir unsere Korrespondenz doch längst über E-Mails und Mini-Laptops, halten an jedem Ort schnell ein paar Notizen fest und das Handy verwaltet unsere Kontakte, die mit einem Klick gelöscht, verändert oder ersetzt sind. Auch in der Arbeitsplatzanordnung findet sich diese Mobilität wieder. So können anhand von Workbenches Arbeitsplätze effizient genutzt und den jeweiligen Projektgruppen zugeordnet werden. Besprechungsinseln bieten innerhalb der Arbeitsbereiche die Möglichkeit für kurzfristige Meetings, um damit nur einen Aspekt des "modernen" Arbeitens zu benennen.

Um solche Arbeitsszenarien funktionierend zu errichten, ist es entscheidend, schon frühzeitig in den Planungsprozess eines Gebäudes oder auch einer Fläche einzugreifen, um auf die Gestaltung, die technischen Notwendigkeiten und die baulichen Maßnahmen für eine gewinnbringende Ausnutzung Einfluss nehmen zu können. Oftmals werden jedoch in der Planung neue Büroformen als Großund Segmentbüros missverstanden und nur der positive Effekt der Flächeneffizienz berücksichtigt. Für eine funktionierende und zeitgemäße Bürogestaltung als Mischung aus Kombi-, Einzel- und Gruppenbüros bedarf es ergänzender Komponenten.

Im Vorfeld ist sicherlich abzu wägen, welche Mitarbeiter und Abteilungen besser in Gruppen arbeiten. In der Regel bleiben in jedem Unternehmen Bereiche übrig, bei denen Einzel- und Doppelbüros nicht wegzudenken sind. Dennoch kann man die Anordnung der Arbeitsplätze so vorsehen, dass Kommunikation innerhalb des Unternehmens oder der einzelnen Abteilung entsteht, ein Rückzug bei besonderer Tätigkeit möglich ist und Bereiche geschaffen werden, in denen konzentriertes Arbeiten durchführbar ist.

Eine vergleichbare Aufgabe galt es für die Schufa umzusetzen. Im Hauptsitz wie auch im Bereich der deutschlandweiten Standorte wurde auf Grundlage eines eigens dafür entwickelten Corporate Designs eine Arbeitswelt geschaffen, die den neu definierten Zielen der Schufa Holding AG gerecht wurde. Das Ergebnis war eine zeitgemäße Gesamtdarstellung des Unternehmens innerhalb eines Gebäudes, das repräsentativen Zwecken genauso gerecht wird wie funktionierenden Arbeitswelten, bei denen Kommunikation eine große Rolle spielt.

Die Aufgabe der optimalen Lösung des Innenraumes stellt sich in einem Neubau gleichermaßen wie in einem Bestandsgebäude. Hierfür ist es für Innenarchitekten wünschenswert, bereits frühzeitig in einen Projektprozess involviert zu sein, um so langfristig Grundrisse zu erreichen, welche die Stützen- und/oder Schachtanordnung, die Raumtiefe oder Raumhöhe und die Lage der unveränderbaren Brandschutzwände schon berücksichtigen können, um die größtmögliche Flexibilität in der späteren Nutzung zu wahren.

Es existieren nach wie vor unzählige Büroflächen, die durch zu hohe Raumtiefen oder gar andersartig geformte Grundrisse eine hohe Anzahl von Flächen vergeuden, wodurch dem Nutzer in der Gesamtbetrachtung zu hohe Kosten entstehen. Oft lassen sich genormte Schreibtischgrößen nur mit hohen Flächenverlusten innerhalb von Büroetagen stellen und erhöhen dadurch den Gesamtplatzbedarf eines späteren Nutzers, oder es gibt ganze Etagen, die aufgrund fehlender Brandschutzkonzepte enormen Zwängen unterliegen, sodass sie sich entweder nicht flexibel gestalten lassen, Mittelzonen nicht nutzbar sind oder ein Großteil der Fläche aus Fluchtwegen besteht.

Einbindung der Gebäudedienstleister

Die Symbiose aus Architektur und Innenarchitektur ist bereits mit Projektstart die gewinnbringende Vorgehensweise, bei der jeder Fachplaner, also der Architekt, der Innenarchitekt ebenso wie der Haustechniker, die seinem Bereich entsprechende Fachkenntnis im Prozess zur Verfügung stellt und so den Mehrwert eines Objektes langfristig sichert. Richten sich zukünftige und bestehende Büro- und Flächenkonzepte nach der von Unternehmen gewünschten Flexibilität oder lassen entsprechende Ausbaustandards Möglichkeiten offen, so werden diese Art von Flächen mit hoher Wahrscheinlichkeit zukünftig und langfristig von Unternehmen mit eben genau dieser modernen, zeitgemäßen und zukunftsorientierten Vorgehensweise gefragt sein. Auf dieser Grundlage lässt sich eine Einzigartigkeit eines Objektes im Dschungel des Immobilienmarktes erzielen, welche sich durch eine funktionierende Vermietbarkeit oder gewinnbringende Nutzerstruktur bestätigt.

Ein Innenarchitekt hat die Aufgabe, mit seiner Kompetenz, seiner Erfahrung und seinem Können den Eigentümer oder Nutzer der Immobilie "an die Hand zu nehmen", um in enger Zusammenarbeit mit ihm das Objekt zu einem authentischen Ergebnis zu führen. Dabei spielt die Beachtung der Raumakustik, der Beleuchtung und der Materialität eine genauso große Rolle wie die Anforderungen des Brandschutzes, der Haustechnik, der DIN-Normen oder zwingender Regularien.

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