Kapitalmarkt

Immobilienfinanzierung im Ausland aus Sicht der Passivsteuerung

Die internationalen Immobilienmärkte und mit ihnen das Marktsegment
der Immobilienfinanzierung entwickelten sich in den vergangenen Jahren
zunehmend zu einem hochkompetitiven Umfeld. Ausgangspunkt dieser
Entwicklung waren die siebziger und achtziger Jahre, gekennzeichnet
durch hohe Margen und eine relativ stetige wirtschaftliche
Entwicklung. Hohe Akquisitionsvolumina waren dabei das wichtigste
Erfolgskriterium einer Immobilienbank.
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Entwicklung der Passivseite im Immobilienbanking
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Nachdem aber diverse Crashs an Immobilien- und Finanzmärkten Ende der
achtziger und in den neunziger Jahren (Japan, Ostdeutschland, USA) die
latenten Defizite der bis dato noch relativ unkritischen Steuerung der
Aktivseite im Immobiliengeschäft offenbarten, setzte bei vielen
Instituten ein Umdenken ein. Die heutige Wettbewerbssituation der
Banken im Immobiliengeschäft kennzeichnet deshalb insbesondere die
Frage, welches Institut die individuellen Bedürfnisse der Kunden am
besten und günstigsten bedienen kann. Dies bedingt auch den Wettbewerb
auf der Refinanzierungsseite.
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Gleichzeitig war die internationale Bankenlandschaft in dieser Phase
gekennzeichnet vom Expansionsdrang der großen Finanzinstitute, vom
Einsatz neuer Finanzinnovationen, von der zunehmenden
Internationalisierung der Investorenbasis und von der Liberalisierung
beziehungsweise Vereinheitlichung der rechtlichen und regulatorischen
Rahmenbedingungen. Die aktuellen Endpunkte dieser Entwicklung bilden
Basel II und für den Immobilienbereich die Ablösung des
Hypothekenbankgesetzes durch das Pfandbriefgesetz.
Immobilienfinanzierungen waren bis in die neunziger Jahre hinein
hauptsächlich eine Angelegenheit nationaler und in der Regel sehr
lange etablierter Finanzinstitute. Das "Cross border"-Geschäft von
Banken und Investoren spielte nur eine untergeordnete Rolle.
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In Deutschland führte das im Jahr 1899 in Kraft getretene
Hypothekenbankgesetz (HBG) über das Spezialbankprinzip zu einer
Segmentierung der Immobilienfinanzierung, indem zwischen risikoarmen
(deckungsfähigem) und risikoreichen Finanzierungsteilen unterschieden
wurde, die in der Folge auch unterschiedlich refinanziert wurden. Für
die risikoarmen Kreditteile entstand das Marktsegment der
Hypothekenbanken, denen für die in Kauf genommene Beschränkung ihrer
Geschäftsmöglichkeiten das Privileg der Refinanzierung über
Hypothekenpfandbriefe eingeräumt wurde.
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Während das deutsche, aber auch die kontinentaleuropäischen
volkswirtschaftlichen Finanzierungssysteme traditionell von
Bankintermediären geprägt waren, zeichnen sich die angelsächsischen
Länder und hier vor allem die USA durch eine starke und historisch
gewachsene Kapitalmarktorientierung aus. Staatliche Eingriffe im
Marktsegment der US-amerikanischen (Wohn-)Immobilienfinanzierung
führten bereits früh dazu, dass der Großteil der
Immobilienfinanzierungen über die internationalen Kapitalmärkte
refinanziert wurde.
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Zu diesem Zweck wurden staatlich alimentierte
Sekundärmarktinstitutionen geschaffen, die zum Teil explizit, vor
allem aber implizit über Garantien der US-Regierung verfügen. Eine
dieser Institutionen, die staatliche Government National Mortgage
Association (Ginnie Mae), setzte im Jahr 1979 erstmalig das
Refinanzierungsinstrument der Mortgage Backed Securities (MBS) ein.
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Internationalisierung der Refinanzierungsinstrumente
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In den neunziger Jahren begannen die großen Finanzinstitute den
Einstieg in andere geographische Märkte zu suchen. Viele
internationale Investoren versuchten, in deutsche
Immobilienengagements einzusteigen, aber auch die deutschen Institute
drängten massiv in neue Immobilienmärkte. Alimentiert wurde dieser
Prozess durch einen weltweit gestiegenen Anlagebedarf und eine
internationale Ausweitung der Investorenbasis, die zunehmend mit den
Anlageklassen Covered Bond (Pfandbrief) und Verbriefung (MBS) vertraut
wurde und somit die weltweite Etablierung dieser
Refinanzierungsinstrumente ermöglichte.
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Die im vergangenen Jahr erfolgte Neuregelung der
Pfandbriefgesetzgebung unterstützt diese Entwicklung. Das am 19. Juli
2005 in Kraft getretene Pfandbriefgesetz (PfandBG) beendete das
Spezialbankprinzip, durch das die unterschiedlichen Risikoarten in
verschiedenen Kreditinstituten angesiedelt wurden. Es erweitert so die
Angebotspalette der ehemaligen Hypothekenbanken und öffnet den
Geschäftsbanken den Zugang zur Pfandbriefrefinanzierung. Gleichzeitig
erweitert es die Berichtspflichten bezüglich der
Pfandbriefrefinanzierung in Anlehnung an andere Wertpapiere, wie
Commercial Papers, CLN oder MBS, was aus Investorensicht die
Vergleichbarkeit dieser Instrumente verbessert.
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Durch das PfandBG ist es möglich, die Instrumente der Refinanzierung
internationaler Immobilienfinanzierungen nebeneinander einzusetzen. Je
nach Risiko und Liquiditätsanforderungen können nun die
Immobilienbanken, die Investoren und die Immobilienbetreiber und
-entwickler aus einem Set von Refinanzierungsmöglichkeiten wählen und
ihren Bedürfnissen anpassen. Durch die Vergleichbarkeit konzentrieren
sich die Investoren zunehmend auf die jeweilige Risikostruktur, was
mehr und mehr zu einer transparenten Risikosicht führt.
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Dies stellt jedoch erhöhte Anforderungen an die Steuerung dieser
Refinanzierungen in der Immobilienbank.
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Eine moderne Refinanzierung deckt alle Kombinationen internationaler
Investitionsvarianten ab. Gleichzeitig ermöglicht sie, dass die
Refinanzierungsprodukte der Institute in neuen Paketen weiter
strukturiert werden können. Damit erfüllt sie die Anforderungen der
modernen Kapitalmärkte. Ein Institut, das die Vorteile dieser
Refinanzierung nutzen will, benötigt umfangreiches Wissen über die
Risikostruktur der einzelnen Produkte.
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Das Hauptproblem der Mischung internationaler Assets auf der
Aktivseite ist jedoch die Abbildung der unterschiedlichen Währungen,
in denen die Assets denominiert sind. Es ist möglich, dass in einer
Finanzierung die Währungen von Sicherheiten, Kredit und Passivseite
unterschiedlich sind. Die Flexibilität der Refinanzierung benötigt
deshalb ein präzises Management der Währungsrisiken, da die
Refinanzierungsmittel durchaus aus unterschiedlichen Währungen stammen
können, je nach Zinssatz, Risikostruktur und Laufzeit.
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Die einzelnen Instrumente der Passivseite müssen sehr flexibel
gehandhabt werden können, sowohl was das Volumen als auch ihre
Laufzeit anbelangt. Gleichzeitig ist es erforderlich, die
unterschiedlichen "Ramp-up"-Perioden der einzelnen Instrumente mit
anderen Refinanzierungsinstrumenten zu überbrücken. Dies erfordert
eine sehr flexible, sehr präzise Steuerung, um die angestrebten
Ertragsvorteile auch zu realisieren und nicht durch Unschärfen zu
verspielen.
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Schließlich dienen die Instrumente der Passivseite auch dazu, die
Risiken, die ein Finanzinstitut auf der Aktivseite eingegangen ist,
auf der Passivseite zielgerichtet an Investoren weiterzugeben. Dazu
gehören die regional unterschiedlichen Marktrisiken, die durch
unterschiedliche Bewertung der finanzierten Assets hervorgerufen
werden. Diesen Risiken kann entweder durch regional fokussierte
Wertpapiere entsprochen werden. Oder man versucht unterschiedliche
Märkte in einem Produkt abzubilden. Gleichzeitig können die
unterschiedlichen Risiken in speziellen Swaps abgebildet werden. Dabei
übernehmen die Swappartner anstelle der Investoren einzelne Risiken.
In der Kombination von Investorenmarge und Swapgebühr sind diese
Pakete oft günstiger als einfache Refinanzierungsinstrumente.
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Im Ergebnis ermöglicht diese Erweiterung der
Refinanzierungsinstrumente einen enormen Ausbau der Möglichkeiten in
der Passivsteuerung. Insbesondere können nun die einzelnen Cash-Flows
der jeweiligen Finanzierungsstufen miteinander in Beziehung gesetzt
werden. In diesem Konstrukt werden alle Risiken und Margen transparent
und können flexibel gehandhabt werden. Der Vergleich der Immobilien-
mit den Refinan-zierungs-Cash-Flows erfordert jedoch deutlich
weitergehende Anforderungen an Akquisition und Servicing der
Immobilienfinanzierungen. Das Wissen über die Zahlungsströme der
Immobilien muss konsequent auf einem hohen Niveau sein, damit eine
präzise Steuerung der Passivseite möglich wird.
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Enge Kooperation mit dem Kreditkunden nötig
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Die Anforderungen der Passivsteuerung nach den erweiterten
Refinanzierungsmöglichkeiten des Pfandbriefgesetzes verbinden die
unterschiedlichen Risiken aus Immobilienbetrieb mit der Passivseite
der finanzierenden Bank. Ein zentraler Aspekt der Passivsteuerung sind
deshalb die Informationen des Immobilienbetriebs, was eine enge
Zusammenarbeit mit den Kreditkunden bereits bei der Akquisition
erfordert.
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Eine moderne Bank kann nur dann erfolgreich im Markt bestehen, wenn
sie den Immobilienbetreiber professionell in die Pflicht nehmen kann
und gleichzeitig aus diesem Zusammenspiel Margenvorteile für sich und
für den Immobilienbetreiber erwirtschaftet. Insbesondere erzeugt
dieses Zusammenspiel, dass komplexere Optionsrechte das gesamte
Finanzierungskonstrukt durchziehen.
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Diese Anforderungen erfordern mehr und mehr die exakte Abbildung der
Ertragssituation der Immobilien und ihrer Risiken. Des Weiteren
erfordern sie die taggenaue Darstellung der Finanzie-rungs-Cash-Flows.
Diese Zahlungsströme werden als Cash-Flows der Aktivseite der Bank den
Cash-Flows der Passivseite gegenübergestellt und täglich abgeglichen.
Auf dieser Basis kann eine punktgenaue Abstimmung der Passivsteuerung
erfolgen, mit allen Optionen und Risiken der Immobilie und ihrer
Finanzierung.
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Diese Optionen können nun bewertet und mittels
Kapitalmarktinstrumenten, also Hedges und Swaps abgesichert werden.
Erst diese Absicherung am Kapitalmarkt wiederum ermöglicht eine
präzise Preisfindung und eine Gegenüberstellung mit globalen
Steuerungsmodellen, wie sie eine Bank mit hoch entwickelter
Passivsteuerung anbieten kann.
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Die internationale Immobilienfinanzierung benötigt aus Sicht der
Passivsteuerung hoch entwickelte Instrumente, um ein präzises Pricing
zu ermöglichen und diese dann auch gegenüber den eigenen Investoren zu
gewährleisten. Diese neuen Anforderungen verlangen viel Transparenz
seitens der Immobilienbetreiber, aber insbesondere auch den sicheren
Umgang mit allen Möglichkeiten der Cash-Flow-Steuerung auf Aktiv- und
Passivseite. Dabei entstehen neue Margenerwartungen, die nur durch
eine umfassende Passivsteuerung nachgehalten werden können, welche die
Risiken der Immobilienfinanzierung in adäquaten Instrumenten abbildet.
Dies wiederum erfordert eine Steuerung, die alle Opportunitäten und
Optionen berücksichtigt, die in einem modernen Finanzierungsinstitut
möglich sind.

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