MIPIM-Special

Immobilien in den BRIC-Staaten - die Entwicklung der Shooting Stars

Brasilien, Russland, Indien und China (die sogenannten BRIC-Staaten) hatten in den vergangenen Jahren jährliche Zuwachsraten der Wirtschaftsleistung von fünf bis zehn Prozent. Wie haben sich die einstigen Hoffnungsträger des internationalen Immobilieninvestments in und nach der Krise entwickelt? Welche Veränderungen hat es gegeben und welche Herausforderungen gilt es, zukünftig zu meistern? Haben sich die Hoffnungen der Investoren erfüllt? Und sind diese Immobilienmärkte stärker oder schwächer von der Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise betroffen? Auf diese und weitere Fragen soll der nachfolgende Artikel Antworten geben. Er basiert auf den Ergebnissen des Global Market Report 2009, der jährlich durch NAI Global, das weltweit einzige unabhängige Maklernetzwerk für Gewerbeimmobilien, in Kooperation mit dem Deutschlandpartner NAI Apollo erstellt wird.

Brasilien - prosperierender Markt mit Potenzialen

Der große Gewinner der BRIC-Staaten heißt Brasilien. Als eines der weltweit stabilsten Wirtschaftssysteme hat sich Brasilien erwiesen und es wird erwartet, dass der Boom weiterhin andauern wird, nicht zuletzt aufgrund der riesigen Off-shore-Erdölvorräte und der Erschießung alternativer Energiequellen wie zum Beispiel Ethanol. Zudem ist Brasilien Gastgeber der Fußball-Weltmeisterschaft 2014 sowie der Olympischen Spiele 2016. Kurzfristig werden die hohen Darlehensraten und die Bürokratie das Wachstum des Landes noch einschränken. Aber dem ausufernden Behördenapparat wird durch Reformen in Politik und Verwaltung Paroli geboten.

Trotz der Krise ist der Immobilienmarkt in 2009 gewachsen - wenn auch nicht in derselben Geschwindigkeit - und die Risikowahrnehmung internationaler Investoren wird weiterhin abnehmen. Das Land bleibt ein attraktives Ziel für Büro-, Einzelhandels- und Industrieentwicklungen der Klasse A und für den spekulativen Erwerb von Grundstücken. Mieten für alle verschiedenen Immobilientypen bleiben stabil mit schwankenden Cap Rates zwischen neun bis elf Prozent. Die wirtschaftliche Situation Brasiliens ist beispiellos. Es sieht so aus, dass vor dem Hintergrund einer wachsenden Verfügbarkeit von Krediten Brasilien eine Expansion anfachen wird, die es so noch nie gab. Die Veränderungen werden vorrangig in vier Bereichen spürbar sein: Kapital, Infrastruktur, Einzelhandel und Immobilien.

Drei wichtige Wirtschaftszentren seien an dieser Stelle besonders beleuchtet: Porto Alegre, Sao Paolo und Rio de Janeiro. Die Wirtschaft von Porto Alegre basiert vorrangig auf dem Dienstleistungssektor, gefolgt von der Industrie und Landwirtschaft. Porto Alegre wird eines der zwölf Hauptquartiere der kommenden Fußball-Weltmeisterschaft und Gastgeberstadt für die Olympischen Spiele 2016 sein. Diese zwei Faktoren werden signifikante infrastrukturelle Investments, inklusive neuer Straßen und einer Erweiterung der U-Bahn, nach sich ziehen. Sie werden der lokalen Wirtschaft einen Impuls geben und die Aktivitäten im Immobilienmarkt erhöhen. Aktuell entstehen mehrere große Gewerbeimmobilienentwicklungen.

In Rio de Janeiro ist bei den meisten Firmen, Entwicklern und Bauunternehmern die Vorsicht der Vergangenheit gewichen. Die Investoren sind zurückgekommen. Der Büroimmobilienmarkt hat durch die globale Krise nicht gelitten, vorrangig aufgrund der niedrigen Leerstandsraten, die schon vorher existierten. Die erst kürzlich fertiggestellten Klasse-A-Gebäudetürme lassen sich gut vermieten. In Barra da Tijuca, der neuesten und attraktivsten Gegend, ist die Aktivität sogar noch größer aufgrund der bereits fertiggestellten und der zahlreichen kurz vor der Fertigstellung stehenden Gebäude. Die Mieten sind stabil geblieben, auch aufgrund der niedrigen Leerstandsquote.

Industrielle Zentren

Die Vermietung von Einzelhandelsflächen in Rio de Janeiro ist aufgrund der starken Präsenz von Firmenkunden und der verschiedenen touristischen Zonen, die Ausländer und Brasilianer gleichermaßen anziehen, sehr aktiv. Der Südosten Brasiliens ist die wichtigste Region für die industrielle Produktion. Der Bestand an Industrieflächen war in Rio de Janeiro in 2009 sehr stabil und Projektentwicklungen sowie durchschnittliche Preise sind relativ konstant geblieben. Auch Rio de Janeiro erwartet einen großen wirtschaftlichen Schub hinsichtlich der Verbesserung der Infrastruktur und mehr Investitionen im Zuge der anstehenden Sportevents. Die größte Stadt Brasiliens, São Paulo, konnte die hohe Wachstumsrate von 2008 im darauffolgenden Jahr nicht wiederholen. Nichtsdestotrotz wächst der Markt der über elf Millionen Einwohner starken Metropole in einer soliden Geschwindigkeit. Aufgrund der anstehenden Präsidentschaftswahlen hat sich das Tempo der Bautätigkeiten auf der südlichen Strecke des "Rodoanel Mario Covas" erhöht. Vor dem Hintergrund dieser unerwarteten Beschleunigung wird die Fertigstellung dieser logistisch wichtigen Straße nun Anfang 2010 erwartet.

Der Bestand an Büroimmobilien wächst und Entwickler in der Region beginnen damit, maßgeschneiderte Klasse-A-Büroimmobilien zu realisieren. Der Bestand reicht jedoch nicht aus, um die große Nachfrage zu befriedigen. Das führt dazu, die Leerstandsrate niedrig und die Preise stabil und hoch zu halten. Der Einzelimmobilienmarkt hat weniger als andere Sektoren gelitten, vorrangig durch die niedrige Verfügbarkeit und die kontinuierlich hohe Nachfrage während der letzten Jahre. Shoppingcenter und Supermärkte werden in naher Zukunft besonders stark nachgefragt werden.

Indiens IT-Sektor noch nicht angesprungen

Indien konnte trotz der Rezession ein hohes BIP-Wachstum verbuchen, für 2010 werden 6,4 Prozent prognostiziert. Der Anstieg der Verbraucherpreise liegt laut Schätzungen in diesem Jahr bei 8,4 Prozent. Der Büroimmobilienmarkt erfährt aufgrund von Käufen durch Banken und Finanzdienstleister einen Vertrauenszuwachs, aber der IT-Sektor ist auf diesen Zug noch nicht aufgesprungen. In Delhi und Mumbai wurden die meisten Gebäude zur Vermietung entwickelt. Die Leerstandsrate im Bandra-Kurla Komplex und im Kalina District von Mumbai ist auf 30 Prozent angestiegen, die in Noida nahe Delhi liegt bei 40 Prozent.

Die neue Regierung und fallende Zinsen hatten die Stimmung in Indien schon Mitte 2009 verbessert. Jedoch sind die Büromieten in den großen Städten unter Druck geraten, weil Mieter in billigere oder - ohne zusätzliche Kosten - in bessere Lagen gezogen sind. Die gewerblichen Immobilienmärkte werden kurz- und mittelfristig empfindlich bleiben. Vermieter von Büroimmobilien in Zweitlagen werden mit den Auswirkungen des Überangebotes konfrontiert und müssen die Incentives für Mieter erhöhen. Der Gewerbeimmobilienmarkt wird zwar dem Wachstumsschub des Wohnimmobiliensektors folgen, aber nur langsam. Bei Industrieimmobilien positionieren sich die Marktteilnehmer, um Plattformen für Logistiker und Hersteller zu schaffen. Denn hochwertige Gebäude und eine gute Infrastruktur sind gefragt. Die größte Herausforderung ist jedoch, das dafür nötige Land zu erwerben.

China - fortgesetztes Wachstum

Für 2010 wird ein Anstieg des chinesischen BIP auf neun Prozent erwartet, während die Verbraucherpreise nur um 0,6 Prozent ansteigen werden. Chinas Steueranreizpaket von 586 Milliarden US-Dollar, das Ende 2008 angekündigt wurde, kommt in der Wirtschaft an. Schon Ende des dritten Quartals 2009 konnte China einen starken Anstieg von ausländischem Direktinvestment im Segment der Hersteller beobachten.

In Beijing liegt die durchschnittliche Leerstandsrate bei Einzelhandelsflächen wegen der zahlreichen Neubauten für Olympia bei 30 Prozent. Im Gegensatz dazu beträgt die Leerstandsrate für Pre-mium-Einzelhandelsflächen in Shanghai nur 3,3 Prozent, doch kann sie vor dem Hintergrund von signifikanten Projektentwicklungen für die Weltausstellung Expo 2010 wachsen. Zudem wird erwartet, dass die Investitionen im Industriesektor ansteigen.

Chinesen werden in den kommenden Jahren ausländische Investoren als wichtige Käufergruppe für Gewerbeimmobilien ablösen. Allein bis Mitte 2009 betrug der inländische Anteil an den Immobilieninvestitionen 70 Prozent, während es 2008 noch 36 Prozent gewesen waren.

Russland - starke Rückgänge

Russland hat von den BRIC Staaten am meisten durch die globale Krise gelitten. Trotzdem hat die Wirtschaft, die immer noch sehr stark von Rohstoffen und dem Ölpreis abhängt, schon Ende 2009 Zeichen der Erholung gezeigt. Moskau als Hauptstadt und größte Stadt Russlands hat es am härtesten in den vergangenen Monaten getroffen, aber es wird erwartet, dass sich Moskau auch am schnellsten wieder erholt.

Die durchschnittliche Leerstandsquote bei Büro- und Einzelhandelsimmobilien ist höher als 15 Prozent, im Vergleich zu weniger als drei Prozent im Jahr 2008. Besonders die Leerstandsquote für Büroflächen der Klasse A und B erreichte 20 Prozent, die höchste in der vergangenen Dekade. Die Spitzenmieten sind auf einem historischen Tiefstand, um 40 bis 60 Prozent unter den Vergleichswerten von 2008 und der Anteil der Untermietflächen ist signifikant gestiegen. Es ist jetzt möglich, in Moskau eine exzellente Klasse-A-Bürofläche für weniger als 500 US-Dollar pro Quadratmeter im Jahr zu mieten. Spitzen-Einzelhandelsflächen in bester Lage können für 2 000 US-Dollar pro Quadratmeter per annum im Vergleich zu 5 000 US-Dollar im Jahr 2008 gemietet werden.

Der russische Hotelmarkt ist vergleichsweise besser aufgestellt. Die durchschnittliche Auslastungsquote betrug im zurückliegenden Jahr 50 Prozent, gegenüber 70 Prozent im Jahr 2008. Es gab 2009 diverse Transaktionen in diesem Sektor mit opportunistischen Investoren, die alte Assets in Moskau zu extrem niedrigen Preisen gekauft haben, um sie in westlich orientierte Hotels zu verwandeln. Andere große russische Städte sind bezüglich Hotelzimmern noch immer unterversorgt und es wird erwartet, dass lokale und ausländische Investoren in diesem Segment auch dieses Jahr aktiv bleiben.

Dadurch dass sich große internationale und russische Unternehmen normalerweise für Moskau als Sitz ihrer Firmenzentrale entscheiden, hat St. Petersburg die globale Krise nicht so stark zu spüren bekommen wie der große Konkurrent Moskau. So sind die Mieten in der zweitgrößten Stadt Russlands im Jahr 2009 weniger stark als in Moskau gefallen. Spitzenmieten für Büro und Einzelhandel, die bis dahin viel niedriger als in Moskau waren, sind fast auf gleicher Höhe geblieben. Der Industrieflächenmarkt ist immer noch sehr stark unterversorgt und die Mieten konnten den Auswirkungen der Krise wesentlich besser standhalten. Spitzenmieten im Lagerflächensegment liegen jetzt erstmals höher als in Moskau.

Das Gastgewerbe verzeichnete 2009 Leerstandsraten von unter 50 Prozent. Trotzdem bleibt das Segment aufgrund des hohen Tourismuspotenzials der Region und aufgrund des Fehlens von Standardhotels für viele Investoren attraktiv. So sind die Investmentrenditen niedriger als in Moskau. Aber es wird erwartet, dass sie steigen, weil die Preise für Büro- und Einzelhandelsimmobilien in den kommenden Monaten sinken werden. Bei der jetzigen Kapitalisierungsrate von zwölf Prozent für Büro- und Einzelhandelsimmobilien sind derzeit nur russische Investoren bereit, Objekte zu kaufen. Internationale Investoren, die Investmentvolumen größer als 40 Millionen US-Dollar suchen, glauben, dass der Risk Reward für Investitionen in St. Petersburg höher sein sollte als in Moskau und deswegen Renditen von 14 bis 15 Prozent zu erzielen sein sollten.

Es scheint, dass der St. Petersburger Markt die Talsohle erreicht hat, ein paar Monate nach Moskau. Paradoxerweise versuchen aber immer noch viele Eigentümer, ihre Immobilien zu Preisen auf Vorkrisenniveau zu vermieten oder zu verkaufen, was zu einer großen Differenz zwischen den Vorstellungen von Angebot und Nachfrage führt. Es wird erwartet, dass diese Schieflage 2010 schrittweise verschwindet.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X