Im Blickfeld

Im Grenzbereich

Der Umgangston zwischen Regierungen, Bürgern und Banken wird schärfer. Jüngstes Beispiel: Die Deutsche Bank wird von der US-amerikanischen Regierung verklagt, weil sie Hypothekenkredite an US-amerikanische Staatsbürger vermittelt hat. Was ist passiert? Über ihre 2007 erworbene Tochter Mortgage-IT hat sich Deutschlands größtes Geldhaus munter auf dem Markt für Subprime-Hypotheken getummelt. Dabei bediente man sich der in Amerika üblichen Praxis, diese Ausleihungen über eines der Hypothekenversicherungsprogramme der Federal Housing Administration abzusichern.

Das war von der amerikanischen Regierung vom Grundsatz her durchaus so gewollt, war es doch das Ziel, möglichst vielen Bürgern ein Leben in den eigenen vier Wänden zu ermöglichen, egal ob diese sich das auf Dauer leisten konnten oder nicht. Damit die Banken mitspielten, agierte der Staat als Lender of Last Resort. Das war ein gutes Geschäft für die Banken, die Hypotheken vergaben unddiese schnell weiterverkauften. So strichen sie die Abschlussgebühren und Zinsen ein, während das Risiko woanders lag. Die Folgen dieser Politik muss man heute nicht mehr allzu breit diskutieren, sie waren Auslöser der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise.

Der Deutschen Bank wird nun vorgeworfen, sich mit falschen Angaben zu den vergebenen Krediten den Zugang zum staatlichen Schutzprogramm ermogelt zu haben, ihre Treuhänderpflicht verletzt zu haben und grob fahrlässig gehandelt zu haben, da man sich nach Weiterverkauf der Kredite um die Hausbesitzer nicht mehr gekümmert habe. "Während Deutsche Bank und Mortgage-IT vom Wiederverkauf dieser staatlich garantierten Hypotheken profitierten, wurden Tausende Amerikaner mit Zahlungsverzug und Zwangsräumung konfrontiert, und die Regierung hat Hunderte von Millionen US-Dollar an Versicherungsansprüchen befriedigt", so die Anklageschrift.

Zwischen 1999 und 2009 hat die Deut-sche-Bank-Tochter dem Programm etwa 39 000 Darlehen mit einem Volumen von fünf Milliarden US-Dollar zugeführt. Bezogen auf die bisher zu leistenden Versicherungszahlungen in Höhe von 386 Millionen US-Dollar entspricht das einer Ausfallrate von acht Prozent. Mancher Immobilienfinanzierer wäre froh, Krisen so glimpflich zu überstehen.

Nicht so der amerikanische Staat: Der will rund eine Milliarde US-Dollar an Schadenersatz von der Deutschen Bank. Kriegen wird er die nicht, das weiß man auch in Washington. Allerdings kalkulieren die Verantwortlichen jenseits des Atlantiks sicherlich ein, dass die Deutsche Bank sich nicht auf einen jahrelangen Rechtsstreit einlassen kann und will. Das wäre zu schlecht für das Image, was vor allem im neuen Wachstumsfeld Privatkundengeschäft Spuren hinterlassen würde. Also spekulieren die Amerikaner auf eine außergerichtliche Einigung mit einer ordentlichen Abschlagzahlung. Dafür spricht, dass ausgerechnet ein ausländisches Institut als erstesbelangt werden soll, obwohl ähnliche Vorwürfe gegen zahlreiche amerikanische Banken ebenso im Raum stehen.

Empörung, egal in welche Richtung, egal über welches Verhalten ist fehl am Platze. Die Deutsche wie all die anderen Banken haben clever bestehende Aufsichts- und Regulierungslücken ausgenutzt - vorsätzlichen Betrug immer ausgeschlossen. Das ist durchaus legal, wenn auch nicht immer legitim und schon gar nicht moralisch. Doch am Anstand des Bankgeschäfts reibt man sich seit so vielen Jahrhunderten, dass es wohl auch nicht mehr darauf ankommt. In einem scharfen globalen Wettbewerb müssen sich die Institute zunehmend im Grenzbereich bewegen, um Margen zu erzielen, die am Ende des Tages ausreichen, die Ansprüche vieler Tausender Investoren und Anleger zu befriedigen. Das geht nicht mit Einlagen einsammeln und Krediten vergeben an kleine Unternehmer und Privatkunden, die man allesamt persönlich kennt. Das geht auch nicht mit Skrupeln. Das sollte man leider akzeptieren, auch wenn man es keineswegs schön oder gar richtig finden muss. P. O.

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