Schwerpunkt: Pfandbriefe und Pfandbriefbanken 2012

Fragen an Jan Bettink zur Zukunft des Pfandbriefs<P>

I&F Wie beurteilen Sie die aktuelle Lage des Pfandbriefmarktes?

Nach der Entspannung zu Jahresbeginn haben die Kapitalmärkte seit Beginn des zweiten Quartals wieder spürbar auf Krisenmodus zurückgeschaltet. Der Pfandbriefmarkt hat seine Krisenfestigkeit einmal mehr unter Beweis stellen können und für positive Schlagzeilen gesorgt. Ende Mai kamen in Wochenfrist sechs großvolumige Pfandbrief-Emissionen, darunter zwei Jumbos und vier Benchmark-Transaktionen, zu sehr günstigen Konditionen an den Markt. Aus anderen Ländern haben wir in jener Zeit so gut wie nichts gesehen. Die hohen Qualitätsanforderungen des Pfandbriefgesetzes und die kontinuierliche Weiterentwicklung des Gesetzesrahmens verstetigen die Attraktivität des Pfandbriefs. "Made in Germany" zieht an den Märkten besonders - gerade in schwierigen Zeiten.

I&F Nun steigen allerdings die regulatorischen Anforderungen an das Bankgeschäft. Wie steht es dabei um den Pfandbrief?

Die Finanzkrise hat es an den Tag gebracht, die Leitplanken für das Bankgeschäft müssen verstärkt werden. Bei der Neuformulierung des regulatorischen Rahmens für den Finanzsektor ist die Bedeutung des Pfandbriefs als Stabilitätsanker grundsätzlich angemessen berücksichtigt worden. Insbesondere wurde in der Bankenrichtlinie CRD IV die Präferenzgewichtung für Pfandbriefe im Kreditrisikostandardansatz bewahrt. Regulatorische Belastungen sehe ich durch Solvency II und die geplante Bail-in-Regulierung in der Europäischen Union vor allem bei der ungedeckten Refinanzierung. Außerdem steht risikoarmes Kreditgeschäft wie die Staatsfinanzierung oder Teile der Immobilienfinanzierung durch die geplante Einführung einer Schuldenobergrenze oder Leverage Ratio vor beträchtlichen Hfoeraduesrungen.

I&F Was bedeuten die Regulierungsinitiativen für pfandbriefbasierte Geschäftsmodelle?

Pfandbriefbasierte Geschäftsmodelle sind von den Regulierungsinitiativen mittelbar betroffen - sei es das Kreditgeschäft oder die Ausgabe ungedeckter Bankschuldverschreibungen. Beunruhigend ist es darüber hinaus, dass der Gesamteffekt aus der Einführung einer Leverage Ratio und des Liquiditätspuffers gemäß Basel III, der Neuregelungen in Solvency II sowie der Bail-in-Regulierung unbekannt ist. Klar ist, dass gedeckte Refinanzierung die ungedeckte nicht ersetzen kann. Der Markt für Verbriefungen ist ebenfalls noch nicht wieder funktionsfähig. Dabei hat sich ein ausgewogener Refinanzierungsmix, also der Zugang zu möglichst vielen unterschiedlichen Kapitalquellen, gerade in schwierigen Zeiten als vorteilhaft und nachhaltig erwiesen.

I&F Sind Mittelstandsforderungen geeignete Deckungswerte?

Das Pfandbriefgesetz lässt nur qualitativ hochwertige Sicherheiten zu. Mittelstandsforderungen erfüllen die Anforderungen des Pfandbriefgesetzes nicht. Sie sind daher lediglich als Deckungswerte für strukturierte, also auf vertraglicher Grundlage basierende, gedeckte Schuldverschreibungen denkbar, die die Sicherungsprinzipien des Pfandbriefgesetzes "nachempfinden". Sie werden daher auch andere Käuferschichten ansprechen.

I&F Die Ratingagenturen satteln bei ihren Anforderungen drauf - ist das Triple-A für Pfandbriefe noch zu erwirtschaften?

Der Nutzen von Triple-A für Pfandbriefe muss institutsabhängig gegen die Interessen anderer Anspruchsgruppen wie zum Beispiel die Renditeerwartungen der Anteilseigner oder Interessen der Gläubiger ungedeckter Schuldverschreibungen abgewogen werden. Die Agenturen überarbeiten die Annahmen ihrer Methodologien ständig mit der Folge, dass die Anforderungen für die Höchstnote Triple-A immer weiter anziehen. Die von den Agenturen geforderte Überdeckung wird immer teurer - hier muss ganz klar zwischen Vorteil und den Kosten der Höchstnote abgewogen werden.

Vor diesem Hintergrund ist nicht davon auszugehen, dass sich der Anteil von Triple-A-Pfandbriefen weiter erhöhen wird. In einem Umfeld, wo im Bereich der Länderratings in Europa kaum noch Triple-A vergeben wird, ist das sicher keine Überraschung. Tatsächlich gibt es Beispiele für Institute, die angesichts der hohen Kosten für die Überdeckung freiwillig auf ein Triple-A verzichtet haben. Gerade unter den inländischen Anlegern gibt es eine beträchtliche Anzahl, die ihre Investitionsentscheidungen nicht von bestimmten Ratings der Pfandbriefe abhängig machen und keine Probleme mit Bonitätsnoten unterhalb von Triple-A haben.

I&F Wie viel darf Qualität kosten? Können sich Investoren den Pfandbrief angesichts der niedrigen Risikoprämien noch leisten?

Seit Ausbruch der Finanzkrise honoriert der Markt Qualität wieder in besonderem Maße. Der Krisenmodus, zu dem die Kapitalmärkte mit Beginn des zweiten Quartals zurückgekehrt sind, wirkt als Verstärker. Die letzte Maiwoche hat es gezeigt - Investoren sehen "made in Germany" als besonders sicheres Asset und sind bereit, dafür besondere Konditionen zu akzeptieren. Ich kann nicht erkennen, dass sich das auf absehbare Zeit ändern sollte.

Vergleicht man die Performance über einen längeren Zeitraum, so bieten beispielsweise Pfandbriefe mit einer Restlaufzeit von drei bis fünf Jahren dennoch einen vorteilhaften Ertrag verglichen mit anderen gedeckten Produkten oder auch manchen Staatstiteln. Aktuell liegt der Renditevorsprung der Pfandbriefe gegenüber Anleihen der öffentlichen Hand im 5-jährigen Bereich bei knapp 100 Basispunkten.

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