Leitartikel

Endlich wieder ein Bau-Minister

Beim Neujahrsempfang des Verbandes der privaten Bausparkassen war es dessen Vorstandsvorsitzendem Andreas J. Zehnder ein Bedürfnis, den geladenen Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Peter Ramsauer, vor allem als "Bundes-Bau-Minister" zu begrüßen. Nach der Neukonstitution der Bundesregierung unter Schwarz-Gelb hegen die Bausparinstitute die wohl berechtigte Hoffnung, dass der Wohnungs- und Städtebau wieder stärker die ministerielle Aufmerksamkeit genießt. Zu sehr sind immobilienwirtschaftliche Themen unter Amtsvorgänger Wolfgang Tiefensee vom angestrebten - wenngleich nie verwirklichten - Börsengang der Deutschen Bahn ausgebremst worden. Dieses Privatisierungsprojekt des Bundes ist zwar vorerst, aber nicht endgültig vom Tisch. Die hohe öffentliche Verschuldung könnte den Verkaufsdruck auf den Bund neuerlich erhöhen und den Minister wieder verkehrspolitisch stärker fordern. Umso wichtiger ist es für die Immobilienwirtschaft, das ministerielle Augenmerk auf ihre Belange zu lenken.

Als Bayer gönnt sich Ramsauer freilich eine gewisse Kantigkeit - erst recht in Berliner Interessenzirkeln. So sieht er sich sowohl als Verkehrs- als auch als Bau- als auch als Stadtentwicklungsminister und verspricht mehr politische Ausgewogenheit. Mit der Feststellung, dass auch das Verkehrswegenetz im Westen der Republik dringender Investitionen bedarf, hatte er bereits kurz nach seinem Amtsantritt eine Duftmarke in der Infrastrukturpolitik gesetzt. Jetzt will er in der Stadtentwicklung eine neue Richtung einschlagen und den ländlichen Raum stärker berücksichtigen. Neue Impulse will Ramsauer dem Bau geben, indem er den Einsatz von ökologisch nachhaltigeren Materialien vorantreiben möchte und dabei die heimische Landwirtschaft als leistungsfähigen Lieferanten sieht. Kehrt also demnächst der Schweineborsten-Putz ins Wohnzimmer zurück?

Unmissverständlich bekennt sich der Minister zum (Wohn-) Eigentum. Der Eigentumsanteil von 43 Prozent hat für ihn durchaus "noch etwas Luft nach oben". Eine Rückkehr zur Eigenheimzulage wird es aber auch mit ihm nicht geben. Immerhin verspricht er die dringend nötige Vereinfachung des Bürokratiemonsters "Wohn-Riester". Darüber dürfen sich in erster Linie die Kunden freuen, denen dann hoffentlich weniger Beipackzettel zu ihrer Eigenheim-Renten-Police mitgegeben werden. Aber auch für die Baufinanzierer würde sich der Aufwand merklich reduzieren. Zudem fördert die bessere Verständlichkeit des Produkts dessen Absatz. Zu begrüßen wäre zudem, Wohn-Riester für die energetische und altersgerechte Modernisierung zu öffnen. Denn es ist nicht einsichtig, warum eine junge Familie zwar ein "gebrauchtes" Eigenheim mit der Förderung kaufen darf, die Wärmedämmung und der Einbau einer effizienteren Heizungsanlage aber nicht mit Riester finanziert werden kann.

Ebenso unverständlich ist, warum zwar das Eigenheim als Rentenvorsorge gefördert wird, aber nicht die Umbauten, die im Rentenalter ein möglichst langes, selbstbestimmtes Wohnen in den eigenen vier Wänden ermöglichen.

Dass es Ramsauer mit der Eigentumsbildung ernst meint, zeigt auch sein Streiten für eine gerechtere Erbschaftssteuer. Sein Tenor: Die Bildung von Wohneigentum muss sich lohnen. Komplizierte Regelungen und hohe Steuersätze - zum Beispiel wenn das geerbte Eigenheim nicht selbst genutzt wird - sind schlichtweg realitätsfern. Und sie sind unsozial. Denn, so weiß auch Ramsauer, erst Eigentum schafft soziale Verantwortung und ermöglicht Solidarität. Dass er sich deshalb auch weiterhin für die Förderung des Bausparens einsetzen will, ist beileibe nicht selbstverständlich. Denn hin und wieder wähnen Haushaltspolitiker in der bausparfördernden Wohnungsbauprämie bloß eine Branchensubvention. Tatsächlich jedoch hat wohl keine andere staatliche Förderung einen so großen Anreizhebel. Und schließlich zeigen gerade die aktuellen Hypothekenkrisen in den angelsächsischen Märkten, wie volkswirtschaftlich schädlich das Fehlen eines gezielten und konsequenten Zwecksparens sein kann. Umgekehrt erweist sich das Bausparsystem mit seiner staatlichen Förderung als ein außerordentlich stabilisierendes Element. Umso wichtiger ist es, diesen fundamentalen Baustein des deutschen Finanzsystems nicht porös werden zu lassen. So kommen aufgrund der seit Jahren konstanten Einkommensgrenzen für die Prämie bei gleichzeitig steigenden Nominaleinkommen immer weniger Haushalte in den Genuss der Förderung. Wenn der Minister die Bildung von Wohneigentum vorantreiben will, dann sollte Bausparen durch angemessene Förderung attraktiv bleiben.

Als konjunkturell stabilisierend, ökologisch nachhaltig und nachfrageseitig äußerst erfolgreich haben sich auch die KfW-Förderungen für energieeffizientes Bauen und Sanieren erwiesen. Umso mehr verunsicherte die Mitteilung, dass die Bank für drei ihrer aktuellen Programme zeitweilig keine Zusagen mehr gibt. Denn Förderanträge, die nach dem Ende des alten Haushaltsjahres 2009 gestellt wurden, liegen auf Eis, solange der Deutsche Bundestag noch nicht den Bundeshaushalt für 2010 beschlossen hat. Bis zum Abschluss des parlamentarischen Verfahrens mochte der Bauminister jedoch nicht warten und drängte mit Erfolg auf vorzeitige Freigabe der Mittel. In seiner Sitzung am 27. und 28. Januar stand diese Anfrage auf der Tagesordnung des Haushaltsausschusses im Deutschen Bundestag. Doch auch bis dahin wollte der Minister kein Fördervakuum und ließ Anträge aus anderen verfügbaren "Töpfen" seines Ministeriums vorfinanzieren. Ramsauer erweist sich damit noch während der ersten 100 Tage im neuen Amt schon als Pragmatiker. L. H.

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