Schwerpunkt Facility Management

Einsatzmöglichkeiten von Phasenwechsel-Materialien zur Gebäudeklimatisierung

Handwärmer sind eine praktische Erfindung. Auf Knopfdruck kristallieren die kleinen gelgefüllten Kissen, erwärmen sich und sorgen stundenlang für angenehme Temperaturen bei kalten Händen im Winter. In der Mikrowelle erhitzt, verflüssigt sich das Gel wieder und ist bereit für den nächsten wärmenden Einsatz. Diese Handwärmer sind ein Beispiel für Latentwärmespeicher, die mit Phasenwechselmaterialien arbeiten. Sie speichern thermische Energie verlustarm über lange Zeit und können häufig wiederverwendet werden.

Das Prinzip, nach dem sie funktionieren, ist einfach: Latentwärmespeicher speichern Wärme in einem Material, das seinen Zustand im Wechsel von fest in flüssig ändert (Phasenwechselmaterial oder PCM). Ab einer bestimmten Temperatur beginnt das Material (meist ein Salzhydrat oder ein Paraffin) zu schmelzen, speichert dabei Wärme, aber erhöht seine Temperatur während des gesamten Schmelzprozesses nicht. Erst nach der kompletten Verflüssigung des PCM steigt dessen Temperatur weiter an. Sinkt die Außentemperatur unter die Schmelztemperatur, kristalliert das PCM und gibt die gespeicherte Wärme ab, bis das Material sich vollständig erhärtet hat.

In der Gebäudetechnik werden Phasenwechselmaterialien nicht als Wärmespender, sondern zur Kühlung (Wärmespeicherung) von Räumen eingesetzt. Während des Schmelzvorgangs bietet das PCM dem Raum eine temperaturkonstante Wärmesenke. Die gespeicherte Wärme wird im Zuge der nächtlichen Regeneration des Phasenwechselmaterials wieder abgegeben. Dies geschieht im Normalfall durch kalte Nachtluft, gegebenenfalls unterstützt durch einen integrierten Kühlwasserkreislauf. Lassen die äußeren Bedingungen dies nicht zu, kann die Re-Kristallisierung durch eine freie Rückkühlung betrieben werden.

Gerade in Gebäuden mit großen Fenstern oder leichter Bauweise kann bereits eine moderate Außentemperatur für einen Anstieg der Raumtemperatur führen, die thermische Unbehaglichkeit auslöst. Mit PCM-Kühldecken oder -Fassaden-Lüftungsgeräten lassen sich sommerliche Temperaturspitzen abdecken und Kühllasten vom Tag in die Nacht verschieben. Jedoch kann ein Latentwärmespeicher eine konventionelle Klimaanlage wegen seiner geringeren Kühlleistung nur ergänzen, nicht vollständig ersetzen.

Das bestätigt auch eine Untersuchung des Caverion Forschungs- und Entwicklungszentrums in Zusammenarbeit mit den Fraunhofer-Instituten für Bauphysik und Solare Energiesysteme. Latentwärmespeicher sind schon im Bereich kleiner Temperaturänderungen effektiv. Es lassen sich verhältnismäßig hohe Wärmemengen speichern und damit hohe Speicherdichten erreichen. Zudem sind sie in der Lage, Temperaturschwankungen im Raum zu glätten und Temperaturspitzen zu verhindern, da der Phasenübergang bei konstanter Temperatur über einen gewissen Zeitraum verläuft. Und sie sind eine effektive Methode, um den Primärenergiebedarf bei der Klimatisierung von Räumen signifikant zu senken.

Nutzung im Plus-Energie-Gebäude

Im westfälischen Münster entsteht derzeit der als Plus-Energie-Gebäude konzipierte "Kristall" des Landwirtschaftlichen Versicherungsvereins Münster (LVM). Laut den Planungen wird das Gebäude mehr Energie erzeugen, als es im Laufe eines Jahres verbrauchen wird. Dafür sorgen Technologien wie Betonkernaktivierung, ein Blockheizkraftwerk, Geothermie, eine Photovoltaik-Anlage, Wärmepumpen und eine PCM-Kühldecke. Dafür verlieh die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) bereits vor der Fertigstellung ein Vorzertifikat in Gold in der Kategorie Neubau Büro- und Verwaltungsgebäude.

Das 18-stöckige und 60 Meter hohe Gebäude mit vollverglaster Doppelfassade wird Arbeitsplätze für 450 bis 500 Mitarbeiter zur Verfügung stellen. Die PCM-Kühldecken kommen auf rund 150 Quadratmeter in vier Schulungsräumen zum Einsatz und sorgen dafür, dass an heißen Tagen der Anstieg der Raumtemperatur nachmittags verzögert wird. Die genaue Lage und Hysterese des Phasenübergangs lässt sich im Bereich der Raumtemperatur in einer gewissen Bandbreite einstellen, auf beispielsweise 22 Grad Celsius.

Noch ist die Technologie der Phasenwechselmaterialien nicht sehr weit verbreitet. Das soll sich aber laut zwei amerikanischen Studien von 2013 bald ändern. Markets and Markets, Dallas, und Transparency Market Research, Albany, attestieren dem PCM-Markt in den kommenden fünf Jahren ein weltweites Wachstum von rund 20 Prozent.

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