Leitartikel

Dringend nötige Korrektur

Das seit über vier Jahrzehnten in Deutschland von spezialisierten Tochtergesellschaften von Kreditinstituten durchgeführte Leasinggeschäft über Immobilien aller Art wird bis heute von seinen grundsätzlich unveränderten Funktionen getragen. Als ich vor genau 40 Jahren für eine deutsche Großbank die Chancen und Risiken für die Aufnahme des Immobilien-Leasinggeschäftes untersuchen und bewerten durfte, war meine Schlussfolgerung eindeutig: Dieses Geschäft sichert der Bank langfristigen "Zinsertrag" und eine besondere Kundenbindung. Dem Kunden bietet das Immobilien-Leasing durch die individualisierten mietvertraglichen Regelungen und die grundsätzliche Möglichkeit - die das Wesen eines Leasingvertrages ausmacht -, dass nach Ablauf einer unkündbaren Mietzeit der langjährige Nutzer "sein" Objekt zu einem festen Preis erwerben kann, einen in anderen Mietvertragsprodukten nicht gegebenen rechentechnisch belegten Kosten- und Nutzenaspekt bei einer Betriebsgebäudeanmietung.

Die Attraktivität des Immobilien-Leasings hat aus Kundensicht neben diesen Vertragsinhalten, der vollen Drittfinanzierungswirkung außerhalb der eigenen Bilanz sowie der Nutzung umfangreicher Servicekomponenten im Baubereich - von der Planung bis zur schlüsselfertigen Abwicklung mit einem Baufestpreis - bis zum 1. Januar dieses Jahres auch aus der Vermeidung von Doppelbesteuerungen im Vergleich zu eigenen Grundstücks- und Gebäudeinvestitionen bestanden. Dieses steuersystemimmanente Prinzip ist durch die sogenannte "Unternehmensteuerreform 2008" - die zahlreiche Eingriffe in den verschiedenen Steuergesetzen bewirkt hat - beseitigt worden, indem geregelt wurde, dass 25 Prozent des mit 65 Prozent unterstellten Finanzierungsanteils einer Grundstücksmiete beziehungsweise einer Leasingrate für gewerblich genutzte Immobilien dem Gewerbeertrag hinzugerechnet werden müssen, obwohl es sich unstrittig um kein Betriebsvermögen des Nutzers handelt. Erstmals wurde willkürlich die Drittnutzung einer Betriebsimmobilie mit Gewerbesteuer neben der Grundsteuer, die vom Eigentümer erhoben wird, belastet. Die Begründung, dass man hiermit "jede Finanzierungsform" steuerlich gleich behandeln würde, ist widersprüchlich, da ja bei der Eigennutzung eines Grundstücks die pauschalierte Ausgleichskürzung zwecks Vermeidung einer zusätzlichen Gewerbesteuer neben der Grundsteuer weiterhin Bestand hat.

Immobilien-Leasingobjektgesellschaften benötigen aufgrund der Qualität der Objekte und der langfristigen Immobilien-Leasingverträge mit bonitätsmäßig einwandfreien Kunden meistens kein Eigenkapital, weil die Kredit- und Kapitalmärkte 100-prozentige Refinanzierungen als Fremdmittel ermöglichen. Nun greift auch hier - völlig systemwidrig und von mir an anderer Stelle sogar als "postkommunistischer Eingriff" gebrandmarkt - der Steuergesetzgeber ein, indem er die Abzugsfähigkeit der Zinsen als Betriebsausgaben durch die sogenannte "Zinsschranke" bei einer vollen Fremdfinanzierung beschneidet. Damit ist es nicht mehr möglich, ohne relativ hohe Eigenkapitalien das Immobilien-Leasinggeschäft durchzuführen, solange dieser der Marktwirtschaft konträr gegenüberstehende Eingriff nicht beseitigt wird. Natürlich wäre eine Alternative - wie auch schon einmal bei der Investitionssteuer auf neue Betriebsgebäude in früheren Jahren erfolgreich praktiziert -, mit den

Leasingobjektgesellschaften ins benachbarte Ausland zu gehen. Aber dient dies der deutschen Volkswirtschaft?

Negativ beeinflusst auch die anhaltende Diskussion über die zukünftige bilanzielle Behandlung von Leasingverträgen langfristige geschäftliche Entscheidungen. Für die bisher nach FASB bilanzierenden Unternehmen sind Immobilien-Leasingverträge mit einer Kaufoption zum Restwert als "Finance-Leases" klassifiziert worden. Aufgrund der sich hiernach ergebenden Bilanzierungspflicht haben sich deutsche Großunternehmen vom

Produkt Immobilien-Leasing verabschiedet. Mit Sorge sind auch die aktuellen Überlegungen des IASB, London, zu verfolgen, über eine neue IAS/IFRS-Regel zukünftig "Rights of use", also die Nutzungsrechte aus einem Leasingvertrag, zu aktivieren. Dies ist - insbesondere wenn man die vielfältigen Optionsrechte betrachtet - ein nicht durchdachtes Vorhaben und würde zu noch mehr Unübersichtlichkeiten in den Bilanzen führen. Hinzu kommt, dass insbesondere große Handelskonzerne die beim Immobilien-Leasing notwendigen langfristigen Vertragslaufzeiten in den vergangenen Jahren eher als Nachteil auslegen beziehungsweise ansehen.

Allgemein geht im Geschäftsleben - stark beeinflusst durch angelsächsisches Denken - die Langfristplanung zurück, was auch unmittelbare Auswirkungen auf das Immobilien-Leasinggeschäft hat. So verwundert es nicht, dass - im Gegensatz zum Equipment-Leasing - das Immobilien-Leasing in Deutschland in den vergangenen Jahren verschiedentlich Neugeschäftsrückgänge zu beklagen hat. Das kleinteiligere mittelständische Geschäft, das ebenfalls für die Branche wichtig ist, kann diese Marktanteilsverluste naturgemäß nicht ausgleichen. Hinzu kommt die anhaltende Unsicherheit, ob der "gemessene" Aufschwung der deutschen Volkswirtschaft auch nachhaltig ist.

Gibt es trotzdem neue oder auszubauende Geschäftschancen im Jahre 2008? Die Antwort ist Ja, denn dem im Mittelstand typischen "Einmalbauherrn" werden mit Hilfe der professionell arbeitenden Leasinggesellschaften als Dauerbauherren neben der Finanzierung unverändert erhebliche nachweisbare Kosteneinsparungen ermöglicht, sodass die Leasingalternative attraktiv bleibt. Auch die grenzüberschreitenden Aktivitäten sind vielfältig erfolgreich. Gibt es doch nach wie vor Länder, die das Investitionsvehikel Immobilien-Leasing steuerlich begünstigen. Der Bereich Kommunalleasing mit dem hiermit verwandten PPP-Geschäft auf Leasingbasis, in dem schon ein beachtliches Investitionsvolumen realisiert wurde, hat ebenfalls grundsätzlich eine sehr positive Perspektive. Jedoch scheuen viele Kommunen, die den Großteil öffentlicher Investitionen in Deutschland durchführen, unverändert vor den bürokratischen Formerfordernissen solcher Geschäfte. Für die Leasingbranche dürfte es trotzdem unter längerfristigen Aspekten interessant sein, sich auch weiterhin intensiv um dieses insbesondere unter Serviceaspekten ausbaubare Geschäftsfeld zu kümmern. Aber dies kann nur erfolgreich sein, wenn "Zinsschranke & Co." baldmöglichst wieder abgeschafft werden. K. F.

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