Neues vom Pfandbrief

Debütantin ING-Diba

Im Juni soll das Warten ein Ende haben: Die ING-Diba AG aus Frankfurt am Main will mit einem Hypotheken-Pfandbrief debütieren. Nachdem zuletzt die Deutsche Bank im Jahr 2009 mit einem Jumbo-Hypothekenpfandbrief für "frisches Blut" im Markt gesorgt hatte, stand als nächstes die ING-Diba ganz oben auf der Liste der Pfandbrief-Aspiranten. Immerhin verfügt die Bank schon seit dem 3. November 2010 über eine entsprechende Emissionserlaubnis. Mit einem Hypothekenbestand von 51,5 Milliarden Euro zum Jahresende 2010 gehört die größte deutsche Direktbank zu den bedeutendsten Baufinanzierern des Landes. Refinanziert hat sie dieses Geschäft bislang ausschließlich über Einlagen, die aktuell eine Größenordnung von 80 Milliarden Euro haben.

Allerdings sind dies vor allem kurzfristige Gelder, die auf Giro-, Tages- und Termingeldkonten liegen. Hierbei bewegt sich die Bank jedoch in einem äußerst wettbewerbsintensiven Markt, in dem sie vor allem über die Konditionen gewachsen ist. Doch entsprechend preissensibel sind die mittlerweile 7,1 Millionen Kunden - sowohl bei der Geldanlage wie bei der Finanzierung. Daraus ergibt sich ein Aktiv-Passiv-Ungleichgewicht, das für die Bank mit erheblichen Kosten verbunden ist, auch weil eine milliardenschwere Liquiditätsreserve vorgehalten werden muss - zulasten der Rendite des Instituts. Dieser Kostenfaktor dürfte unter Basel III sogar noch an Bedeutung gewinnen.

Ausgehend von diesen speziellen Herausforderungen des Geschäftsmodells der ING-Diba kann sich die Emission von Pfandbriefen als Lösung anbieten. Lässt sich doch so für einen Teil des Portfolios bei entsprechender Laufzeitengestaltung Fristenkongruenz herstellen, sodass die Liquditätsvorsorge gemindert werden kann. Zudem wird die Refinanzierungsbasis verbreitert und stabilisiert, weil sie die Abhängigkeit von kurzfristigen, zinssensiblen Kundeneinlagen reduziert. Vor allem angesichts des erwarteten und seit August 2010 bereits zu beobachtenden Zinsanstiegs kann die Emission von Pfandbriefen für die Direktbank sogar günstiger sein.

Dazu muss die Bank jedoch ihre ambitionierte Preisvorstellung durchsetzen. Ein Aufschlag über Swap-Mitte im einstelligen, höchstens niedrigen zweistelligen Basispunktbereich gilt als Ziel. Seit Monatbeginn präsentiert die ING-Diba - begleitet von Commerzbank als Arranger, der HSBC, der ING und der Unicredit - sich und ihr auf zehn Milliarden Euro angesetztes Pfandbrief-Programm auf einer Road Show den potenziellen Investoren. Jedes Jahr will die Bank Pfandbriefe in der Größenordnung von ein bis zwei Milliarden Euro absetzen. Dem Vernehmen nach ist das Interesse der Investoren groß, doch wird die Direktbank nicht mit einem Jumbo an den Start gehen (können).

Die Ursache dafür liegt in der Qualität des Hypothekenbestands. Um in der privaten Baufinanzierung schnell über den Konditionenwettbewerb zu wachsen, hat die ING-Diba in der Vergangenheit vielfach auf Objektbesichtigungen zur Wertermittlung verzichtet. Damit passen diese Forderungen jedoch nicht in den Deckungsstock von Pfandbriefen. Somit war die Bank trotz ihres beachtlichen Baukreditbestands gezwungen, seit Jahresbeginn eigens einen neuen Deckungspool aufzubauen. Bis Ende April wurde jedoch lediglich ein deckungsstockfähiges Hypotheken-Neugeschäft in Höhe von 630 Millionen Euro geschrieben. Das reicht nicht für einen Jumbo-Pfandbrief, aber immerhin für eine Benchmark-Emission in der Größe von 500 Millionen Euro.

Dafür deckt sich die fünfjährige Laufzeit des Pfandbriefs im Wesentlichen mit der des Deckungsstocks. Rund 80 Prozent der Darlehen haben noch eine Zinsbindung von mindestens fünf Jahren, weitere 17 Prozent sogar mehr als zehn Jahre. Zur Besicherung dienen ausnahmslos auf Euro denominierte private Baufinanzierungen, die eine feste Zinsbindung und keine Leistungsstörungen aufweisen. Die 9532 Einzeldarlehen verteilen sich auf das gesamte Bundesgebiet und sind jeweils nicht größer als 400000 Euro. Rund 70 Prozent dienen der Finanzierung von Einfamilienhäusern, 24,5 Prozent sind für Wohnungen und der Rest entfällt auf Zwei- und Mehrfamilienhäuser. Damit weist der Deckungspool eine Struktur auf, wie es sie hinsichtlich Granularität und Risikostreuung nur noch selten in Deutschland gibt. Lediglich die Postbank wird als vergleichbar angesehen.

Für das Rating des Pfandbriefs ist neben der Qualität des Deckungsstocks auch die Bonität des Emittenten ausschlaggebend. Von Moody's, der einzigen beauftragten Ratingagentur, hat die ING-Diba mit "Aa3" eine Note erhalten, die sie deutlich von einer Reihe anderer Pfandbriefbanken absetzt. Dabei würdigt die Agentur einerseits die Marktführerschaft, die hohe Finanzstärke, die Qualität der Aktiva und die Effizienz der Direktbank. Zudem hat das Kreditinstitut in Deutschland durchaus systemische Relevanz. Darüber hinaus ist es eine 100-prozentige Tochtergesellschaft der ING Bank N. V., die wiederum vom niederländischen Staat gestützt wird. Ausgehend vom Emittenten-Rating und unter Einbezug der Qualität des Deckungspools erhält der ING-Diba-Pfandbrief erwartungsgemäß die Bestnote "Aaa".

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