Im Blickfeld

Bauzinsen im Dauertief zumindest mittelfristig

Die Baufinanzierungszinsen haben sich binnen Jahresfrist um mehr als ein Prozent ermäßigt und bewegen sich nahezu auf historischem Tief. Die Märkte für Hypothekendarlehen aber sind nach wie vor sehr nervös und Überraschungen an der Tagesordnung. Derzeit profitiert der deutsche Markt von einer nicht enden wollenden Griechenland-Tragödie in mehrfacher Hinsicht: Die Flucht in sicher geltende Bundespapiere hat den Bund-Future auf ein sehr niedriges Niveau gedrückt. Im Gleichklang sanken die für die Baufinanzierung repräsentativen DGZF-Renditen für Pfandbriefe jüngst auf den niedrigsten Wert seit Erhebung der Statistik im Jahr 1980. Erfreulich auch das Erstarken des Pfandbriefmarktes, der sich in einem nahezu konstanten Zinsabstand von Baufinanzierungskonditionen und den DGZF-Referenzzinsätzen eingependelt hat. Aber auch die hohe Liquidität der Banken, bedingt durch ein fast unbegrenztes Refinanzierungsvolumen bei der EZB faktisch zum Nulltarif, bewirkt einen Kampf um den wiederentdeckten Privatkunden.

Das Produkt Baufinanzierung erfreut die Risikomanager der Banken und hat in den Finanzinstituten inklusive der Versicherer zu einer kleinen Renaissance des Ankerprodukts Baufinanzierung und zur Freude der Konsumenten zu einem harten Wettbewerb geführt. Wie aber wird die künftige Entwicklung sein? Vieles hängt nach wie vor davon ab, ob es gelingt, das von den EU-Finanzministern neu geschnürte zweite Rettungspaket für Griechenland mit einem Volumen von 130 Milliarden Euro zu einem Konsens zu führen. Noch bedeutsamer ist die Erfüllung der getroffenen Vereinbarungen. Die Verteidigung des Euro wird aber am Tiber stattfinden. Der in Italien vollzogene Regierungswechsel sorgt für berechtigte Hoffnung. Vor diesem Hintergrund dürfte ohne Eurobonds und drastische Aufstockung des Rettungsfonds EAS dem Euro keine zu große Gefahr drohen, zumal die europäischen Banken derzeit ein Volumen von rund 500 Milliarden Euro zur Verteidigung bunkern.

Dies hat aber auch seine Schattenseite, denn erste Stimmen werden laut, dass die Kreditwirtschaft ihre eigentliche Aufgabe im Firmenkundengeschäft, nämlich ihre Kunden mit ausreichenden Krediten zu versorgen, vernachlässigen könnte und somit die positive Konjunkturentwicklung abgebremst wird. Weiter offen bleibt für die Konjunkturentwicklung auch das Ausmaß der laufenden und kommenden Lohnrunden. Vieles hiervon wird die künftige Zinsentwicklung mitbestimmen. Letztlich aber sind die zwei konträr verlaufenden Entwicklungen der Kontinente alte Welt und neue Welt für den künftigen Weg entscheidend. Das amerikanische Rezept lautet vereinfacht dargestellt, ihrer starken Wirtschaftskraft weiterhin zu vertrauen und auf bewährte Art und Weise noch mehr Schulden zu machen und dies mit noch mehr billigem Zentralbankgeld zu finanzieren. Diese Lösung lässt sich jedoch nicht bedingungslos auf den alten Kontinent übertragen. Deshalb ist die europäische, insbesondere die deutsche Version verhaltener.

Beeinflusst aber hierzulande die US-Version die Politiker, dann werden wir weiter Bauzinsen im Dauertief mit geringem Spielraum nach unten sehen. Vor dem Hintergrund der jüngsten Griechenland-Einigung über das weitere Rettungspaket droht der Spielraum einer erneuerten Zinssenkung verloren zu gehen. Die hohen Staatsschulden und das Aufkaufen von Staatsanleihen, was letztlich mit einer zügellosen elektronischen Geldmengenvermehrung gleichzusetzen ist, dürften diesem Trend entgegenstehen. Die kumulierten Schuldenlasten gilt es über künftige Generationen zu schultern. Um diese Herausforderung erträglich zu bewältigen, bleibt allein die Inflation als Verbündeter. Langfristig werden wir dem Übergang zu steigenden Zinsen nicht aus dem Wege gehen können.

Prof. Dr. Klaus Fleischer Of Counsel, Rölfs Partner, München

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