Mipim Special

Wo alternative Finanzierungsmodelle eine Chance haben

Alternative Finanzierungsmodelle für Immobilientransaktionen und Projektentwicklungen haben in gewisser Hinsicht eine eigene Konjunktur. Vor der Krise spielten sie eher eine untergeordnete Rolle, Bankendarlehen waren günstig und vergleichsweise einfach zu erhalten. In der Krise haben sich die Anforderungen der Banken an den Kreditnehmer drastisch erhöht, und als Konsequenz hat sich der Fokus vor allem bei eigenkapitalschwachen Unternehmen deutlich mehr zu alternativen Finanzierungen verschoben. Gegenwärtig ist es - zumindest im soliden Core-Segment - wieder das klassische Bankdarlehen, das die Finanzierungslandschaft dominiert. Aber es mehren sich die Zeichen, dass alternative Finanzierungen in den kommenden Jahren an Bedeutung zunehmen. Wir erinnern uns: In den Jahren vor der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise gab es in Deutschland einen Realzinsnachteil. Deutschland zeichnete sich Anfang bis Mitte der neunziger Jahre im Vergleich zu anderen europäischen Ländern durch eine niedrige Inflationsrate aus. Da die Inflation in Deutschland die Zinspolitik der Europäischen Zentralbank maßgeblich mitbestimmt, haben die niedrigen Inflationsraten in Deutschland die Leitzinsen im Euro-Raum tendenziell mitgeprägt. Und da die Realzinsen eine der wesentlichen Triebfedern der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung sind, führte dies nach Ansicht vieler Marktteilnehmer zu einer Benachteiligung Deutschlands - in Form niedrigeren Wachstums gegenüber Ländern mit höheren Inflationsraten. Alternative Angebote legen in der Krise zu Unter anderem diese Tatsache führte zu einem bemerkenswerten Kapitalexport aus Deutschland. Hans-Werner Sinn, Präsident des Ifo Instituts für Wirtschaftsforschung, sagte auf dem hessischen Unternehmertag 2010, dass Deutschland bis zur Krise der "größte Kapitalexporteur diesseits und jenseits des Atlantiks" gewesen sei. Lediglich China hatte noch größere Kapitalexporte. Ein Teil des Kapitals floss in Immobilien: Die bankenseitige Immobilienfinanzierung war vor allem im Ausland beispiellos günstig, die Eigenkapitalanforderungen niedrig. Vor allem in der Boomphase in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrzehnts war der Fremdkapitalanteil bei Immobilieninvestitionen extrem hoch - der Einsatz eines angemessenen Eigenkapitalanteils galt 2007 und 2008 als altmodisch; oft wurde exzessiv fremdfinanziert. Hier haben alternative Finanzierungsmöglichkeiten wie zum Beispiel Mezza-nin-Kapital eine gewisse Rolle gespielt. Es war häufig derart ausgestaltet, dass es Fremdkapitalcharakter hatte - und es kam zusätzlich zum Bankdarlehen zum Einsatz, um den Eigenkapitaleinsatz weiter zu reduzieren. Insgesamt spielte jedoch das klassische Bankdarlehen die weitaus bedeutendere Rolle als alternative Finanzierung. Die Finanzkrise hat verdeutlicht, dass ein Rückgang der Risikosensibilität zugunsten einer übermäßigen Steigerung der Eigenkapitalrentabilität erhebliche Risiken mit sich bringt - die Krise hat auch bei den Finanzierungen zu einem Umdenken geführt, dessen Umrisse bisher nur in Konturen deutlich werden. Auf dem Höhepunkt der Krise zeigten sich die Banken in der Immobilienfinanzierung verständlicherweise restriktiv. Hier konnten in der Tat Finanzierungslücken auftreten. Die Banken finanzieren wieder Mittlerweile hat sich die Situation normalisiert. Es wird wieder vermehrt investiert und finanziert. Es ist nicht nur der aus internationaler Sicht sensationelle Konjunkturaufschwung in Deutschland. Deutschland zählt heute die höchste Zahl an Arbeitsplätzen, die je gemessen wurde. Hinzu kommt für Investitionen: Der Realzinsnachteil hat sich in einen Realzinsvorteil verwandelt. Es findet gegenwärtig ein Kapitalimport aus dem Ausland statt, und deutsches Kapital bleibt tendenziell im Inland. Dieses Volumen sucht nach krisenfester Anlage. Da Stabilität und Sicherheit bei Investments im Vordergrund stehen, sind auf den Immobilienmärkten beste Objekte mit bonitätsstarken Mietern und möglichst lang laufenden Mietverträgen gefragt. Bei solchen attraktiven Core-Projekten zieht der Wettbewerb zwischen den Banken bereits wieder merklich an. Das klassische Bankdarlehen dominiert die Finanzierungslandschaft wieder, eine Kreditklemme ist dem Frühjahrsgutachten 2011 des Rats der Immobilienweisen zufolge kaum noch zu befürchten. Daher spielen alternative Finanzierungen - zumindest im Core-Segment - momentan keine herausragende Rolle, sondern werden eher als Beimischung zur Bankenfinanzierung eingesetzt. Der Fokus könnte sich jedoch künftig wieder zugunsten alternativer Finanzierungen verschieben. Denn der Wettbewerb der Banken um Eigenkapital wird sich mit der zunehmenden Regulierung der Kreditinstitute erhöhen. Vier wesentliche Einflüsse, die für einen zunehmenden Wettbewerb sprechen, sind: - die Erhöhung der Eigenkapital-Kernkapitalquote von vier auf faktisch acht Prozent in den kommenden Jahren (inklusive der Kapitalerhaltungspuffer), - die erhöhten Liquiditätsstandards der Banken ab 2012/2013, - die EU-Harmonisierung der Einlagensicherung sowie - die hohen Refinanzierungsvolumina auf den Immobilienmärkten in den kommenden Jahren. Sollte zudem der Kapitalexport aus Deutschland heraus künftig wieder steigen, ginge dies zulasten der deutschen Kreditwirtschaft - und auch zulasten der klassischen Immobilienfinanzierung durch die Banken. Dem Frühjahrsgutachten 2011 des Rats der Immobilienweisen zufolge hängt die Frage des Kapitalexports davon ab, ob die Zinsspreads öffentlicher und privater Wertpapiere zwischen Deutschland und den Peripherieländern des Euro-Raums erhalten bleiben. Kommt es hier zur Konvergenz oder werden die Zinsniveaus durch Eurobonds eingeebnet, würden "die Ersparnisse deutscher Anleger wieder mehr oder weniger ungebremst ins Ausland fließen", so Wolfgang Wiegard, Mitglied im Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung auf einer Tagung der IVG Institutional Funds in Wiesbaden. Ein weiterer Aspekt, der den Blick in die Zukunft erschwert: Gegenwärtig sind B-Lagen und hohe Leerstandsraten aus Sicht der Banken unattraktiv - für alternative Finanzierungsmodelle aber können sie an Bedeutung gewinnen. Die Einschätzung des Markts und der Banken, welches Segment als besonders attraktiv gilt, ist bekanntlich einem periodischen Wandel unterworfen. Neben der Eigenkapitalausstattung des Kreditnehmers spielt für die bankenseitige Finanzierungsentscheidung stets auch der Marktzyklus eine entscheidende Rolle. Mitte 2007 waren leer stehende Einzelobjekte wegen des Mietsteigerungspotenzials oft teurer als vermietete Immobilien; für Portfolios mussten Aufschläge gezahlt werden. Heute ist es umgekehrt: Für Portfolios sind Abschläge üblich, für vermietete Objekte mit solventen Mietern in bester Lage dagegen oft schon wieder Aufschläge. Mit den Marktzyklen wandelt sich entsprechend auch das Verständnis der Banken darüber, welche Objekte, Projekte oder Portfolios aus finanzstrategischer Sicht idealerweise zu finanzieren sind. Schwer vorauszusehen sind außerdem künftige fiskalische Einflüsse auf alternative Finanzierungsmodelle. So kann zum Beispiel Mezzanin-Kapital je nach Konstellation stark ausgeprägte fremdkapitalähnliche Eigenschaften aufweisen - meist handelt es sich dabei um klassische Darlehensformen, die sich aber vom Bankdarlehen insofern unterscheiden, als dem Kapitalgeber zusätzliche Rechte eingeräumt werden. Steuerrechtlich gilt diese Form des Mezzanin-Kapitals als Fremdkapital, das üblicherweise auch entsprechend steuerlich abzugsfähig ist. Allerdings greift in Deutschland je nach Saldo der Zinsaufwendungen die Zinsschranke, sodass die abzugsfähigen Zinsaufwendungen gekappt werden können. Und sollten sich die steuerlichen Rahmenbedingungen für die Zinsabzugsfähigkeit als Folge der Konsolidierung der öffentlichen Haushalte künftig verschärfen, dürfte dies entsprechende Auswirkungen auf die Attraktivität alternativer Finanzierungsmodelle haben.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X