Schwerpunkt Alternative Finanzierungen

Neue Finanzierungsstrukturen - Möglichkeiten und Anforderungen aus Bankensicht

Der europäische Investmentmarkt für Gewerbeimmobilien hat in den zurückliegenden zehn Jahren eine turbulente Entwicklung hinter sich gebracht. Nachdem das Transaktionsvolumen bis 2007 mit enormen Zuwachsraten gestiegen war, erfolgte in den Jahren 2008 und 2009 infolge der Finanzmarktkrise ein tiefer Fall auf das Volumen der neunziger Jahre. Seit dieser Krise konnte sich der Investmentmarkt aber spürbar erholen. Das Investitionsvolumen ist wieder ansteigend; allerdings werden im Wesentlichen Core-Immobilien gehandelt, sodass die Steigerungsraten im Hinblick auf das knappe Angebot in diesem Segment zurzeit limitiert sind.

Der deutsche Markt folgte diesem allgemeinen Trend, und das Volumen reduzierte sich deutlich auf knapp zehn Milliarden Euro im Jahr 2009. Seitdem konnte das Investitionsvolumen allerdings kontinuierlich steigen und betrug 2012 etwa 26 Milliarden Euro. Im Gegensatz zu anderen europäischen Immobilienmärkten konnte der deutsche Markt auch nach der Krise durch relativ konstante Renditen überzeugen, sodass die Immobilienpreise insgesamt nur geringfügig unter Druck standen. Maßgeblich für die Situation am Finanzierungsmarkt ist neben dem Transaktionsvolumen der Gesamtbestand an Immobilienfinanzierungen, die einen Refinanzierungsbedarf auslösen können. Dieser belief sich Ende 2011 auf etwa 310 Milliarden Euro. Auch wenn insgesamt das Finanzierungsvolumen in Deutschland eher rückläufig war, steht dieser großen potenziellen Nachfrage ein sich stark veränderndes Angebot auf der Kreditgeberseite gegenüber. Zum einen ist der Verbriefungsmarkt in Europa aufgrund der negativen Erfahrungen der Investoren mit diesem Produkt fast vollständig zum Erliegen gekommen. Obwohl einzelne ausgewählte Transaktionen dargestellt worden sind, ist dieses Segment im Moment in Europa praktisch nicht existent. Zum anderen kommt erschwerend hinzu, dass Finanzierer ihre Aktivitäten am Kreditmarkt teilweise oder sogar ganz eingestellt haben. Zu den hierdurch entfallenden Neugeschäftsaktivitäten kommt überwiegend noch die Notwendigkeit, die vorhandenen Kreditbestände schnellstmöglich abzubauen. Dies führt zu einer weiteren Nachfrage nach Krediten.

Gründe der reduzierten Kreditvergabe

Für die weiter am Finanzierungsmarkt aktiven Banken haben sich die Rahmenbedingungen in den letzten Jahren deutlich verschärft. Durch die drastisch gestiegenen Eigenkapitalanforderungen wird faktisch die Kreditvergabemöglichkeit der Institute eingeschränkt, da das erforderliche Eigenkapital nur schwer am Kapitalmarkt zu besorgen ist. Darüber hinaus konzentrieren sich viele Institute aufgrund der negativen Erfahrungen auf die Finanzierung von Core-Immobilien in Bestlagen. Des Weiteren sind die aus Sicht der Banken zu erfüllenden Rahmenbedingungen hinsichtlich des Eigenkapitaleinsatzes, der Covernants und der Haftungseinbindungen ebenfalls deutlich höher geworden und können sowohl beim Neugeschäft als auch im Rahmen von Ablösung bestehender Kredite von nicht allen Investoren erfüllt werden.

Durch den Wegfall des CMBS-Marktes, die restriktive Kreditvergabe von Kreditinstituten und den Mangel an Marktteilnehmern ergibt sich eine Lücke zwischen Finanzierungsangebot und -nachfrage, die durch regionale Kreditinstitute oder Versicherungen und Versorgungswerke, die zunehmend als Kreditgeber auftreten, nicht geschlossen werden kann. Größere Transaktionen werden heute im Regelfall im Rahmen von Club Deals dargestellt; die Übernahme von "Underwritings" für großvolumige Kredite ist eher die Ausnahme, da das Risiko der Weiterplatzierung zurzeit sehr groß ist.

Neue Rolle der Banken und Versicherungen

In diesem Umfeld gilt es Alternativen zu finden. Die Banken verfügen nach wie vor über die Kunden und die Infrastruktur, für eine effektive "Origination" und Bearbeitung von Immobilienfinanzierungen. Die Möglichkeit, die Kreditvergabe auf die eigene Bilanz zu nehmen, ist aber im Hinblick auf die genannten Themen nur eingeschränkt möglich. Die Bank kann nun die Rolle übernehmen, geeignete Partner für eine Kreditvergabe zu finden, die über die notwendige Liquidität verfügen. Hier sind insbesondere Versicherungen, Pensionskassen und Versorgungswerke zu nennen, die nach wie vor über einen Mittelzufluss verfügen und aufgrund des niedrigen Zinsniveaus nach Alternativanlagen mit einer Rendite oberhalb von Staatsanleihen und Pfandbriefen suchen. Diese Investorengruppe verfügt bereits häufig aufgrund von unmittelbaren oder mittelbaren Immobilieninvestments sowie über Kreditvergabe im wohnwirtschaftlichen Bereich über eine eigene Immobilienexpertise.

Durch die partnerschaftliche Einbindung von neuen Kreditgebern kann die Bank ihren Kreditvergabespielraum erhöhen. Für die Kunden hat dies den Vorteil, dass sie ihre oft langjährig bekannten Ansprechpartner in der Bank behalten sowie sicher sein können, dass eine entsprechend professionelle und qualitativ hochwertige Transaktionssicherheit gewährleistet wird. Gegenüber dem neuen Kreditgeber hat die Bank die Möglichkeit, sich als Dienstleister und Servicer zu positionieren. Die Bank würde entsprechend der Vorgaben und in enger Abstimmung mit der Versicherung den Kredit prüfen, die Dokumentation erstellen und entsprechend die gesamte Auszahlungsabwicklung sicherstellen. Während der Kreditlaufzeit wird das Engagement entsprechend der festgelegten Kreditstandards dann weiter betreut.

Für Versicherungen ergibt sich hier der Vorteil, dass Ressourcen nur in sehr eingeschränktem Umfang vorgehalten werden müssen, da auf die langjährige Erfahrung und die Abwicklungsqualität des Bankpartners abgestellt werden kann. Aus Sicht der Versicherung bietet die Vergabe von grundpfandrechtlich besicherten Krediten zusätzlich den Vorteil, dass diese unter Solvency II zukünftig mit weniger Risikokapital zu unterlegen sind. Somit kann das vorhandene Kapital effektiv eingesetzt werden.

Sofern ein reines Servicing für den Partner nicht infrage kommt, kann alternativ auch eine gleichrangige Kreditvergabe zwischen Bank und Versicherung erfolgen. Die Versicherung tritt dann als klassischer Konsortialpartner in das Kreditengagement ein. Die Bank würde in dieser Konstellation als Konsortialführer das Engagement begleiten und alle wesentlichen Tätigkeiten gegenüber dem Kreditnehmer wahrnehmen. Um dieses Modell zum Erfolg zu bringen, ist es erforderlich, das bisher bei Bankkonsortien übliche Refinanzierungsregister auch für Versicherungen nutzbar zu machen. Eine Änderung des Kreditwesengesetzes wird derzeit angestrebt und könnte im Jahr 2013 umgesetzt werden. Auf dieser Grundlage könnte die Versicherungswirtschaft die Lücke der Pfandbriefbanken schließen, die aufgrund der Finanzkrise aus dem gewerblichen Immobilienfinanzierungsgeschäft ausgeschieden sind.

Aufgaben und Strukturen von Kreditfonds

Sollte eine direkte Kreditvergabe durch die Versicherung aufgrund mangelnder Ressourcen nicht möglich sein, könnte hier auch ein Kreditfonds die Lösung bieten. Dieser Fonds würde als Syndizierungspartner in Erscheinung treten und einen Teil der Finanzierung erwerben. Die Bank würde als Konsortialführer die Bearbeitung weiterführen und auch gegenüber dem Kreditnehmer erster Ansprechpartner bleiben.

Der Fonds refinanziert sich über die Ausgabe von Anteilsscheinen die wiederum von Versicherungen erworben werden. Für diese bietet sich dabei der Vorteil, dass bei Anwendung des Durchschauprinzips die im Fonds befindlichen Kredite der Hypothekenquote gemäß Anlagenverordnung zuzuordnen und dementsprechend mit weniger Risikokapital zu unterlegen sind. Andererseits bieten Kreditfonds eine etwas geringere Rendite im Vergleich zu direkten Kreditinvestments, da zusätzliche Gebühren für das Management des Fonds anfallen.

Die Rendite eines Kreditfonds, der aus rein erstrangigen Finanzierungen besteht, entspricht häufig nicht den Renditevorstellungen von Investoren. Eine Alternative können Mezzaninfonds darstellen. Diese Fonds investieren überwiegend oder ausschließlich in nachrangige Finanzierungen, welche nicht mehr durch die Pfandbriefbanken dargestellt werden können. Die vorrangige Finanzierung obliegt dabei nach wie vor den Banken, die diese über den Pfandbrief refinanzieren. Die Lücke ab 60 Prozent Beleihungsauslauf wird dann durch den Fonds geschlossen. Diese nachrangigen Teile bieten aktuell er hebliche Aufschläge und somit sehr attraktive Renditen.

Eine höhere Rendite können Investoren ebenfalls bei Verbriefungen erzielen. Der Verbriefungsmarkt ist derzeit zwar zum Erliegen gekommen, allerdings gibt es immer wieder private Transaktionen, bei denen das Produkt für einen Investor maßgeschneidert wird. Insbesondere zum Eigenkapitalmanagement wurden synthetische Verbriefungen genutzt, bei denen unter Anwendung des Supervisory Formula Approaches die Mezzanin-Risiken aus Kreditportfolios abgesichert werden und die Banken dadurch ihre risikogewichteten Aktiva entsprechend entlasten können.

Öffentlich platzierte True-Sale-Verbriefungen, bei denen Banken Kredite erst auf die eigene Bilanz nehmen und anschließend an Investoren in verschiedenen Risikoklassen weiter veräußern, sind sehr selten geworden. Eine Alternative können hier sogenannte Agent Deals darstellen, bei denen die Bank nicht mehr als Kreditgeber fungiert, sondern lediglich als Berater und Platzeur. Der Kredit wird direkt zwischen Kreditnehmer und Verbriefungsgesellschaft verhandelt und umgehend mittels Schuldverschreibungen an Investoren weitergereicht.

Verbriefungen und Agent Deals

Es gibt vielfältige Möglichkeiten für eine Zusammenarbeit zwischen den herkömmlichen Finanzierern im gewerblichen Immobilienkreditbereich und der Versicherungswirtschaft. Das Know-how der Banken kann durch Versicherer, insbesondere bei der Kreditvergabe und -bearbeitung genutzt werden.

Insbesondere auf die langfristige Finanzierung von Immobilien (zehn Jahre) hat die Versicherungswirtschaft positive Impulse, da hier langfristige Geldanlagen gesucht werden, um die Laufzeiteninkongruenz auszugleichen.

Eine partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen der Versicherungswirtschaft und dem Bankbereich hilft die Anbieterlücke zu schließen. Dies kann sowohl durch die direkte Einbindung als Syndizierungspartner oder durch die Zeichnung von Fondsanteilen erfolgen. Ebenfalls sind Modelle, bei denen nachrangige Finanzierungen eine übergeordnete Rolle spielen, derzeit in der Gestaltung. So werden zahlreiche verschiedene Finanzierungsmodelle, die der unterschiedlichen Interessenlage der Beteiligten Rechnung tragen sollen, entwickelt.

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