Im Blickfeld

Alles neu bei der Westdeutschen Immobilienbank?

Die Westdeutsche Immobilienbank (WIB) meldet sich zurück. Nachdem Ende
September 2005 mit Dieter Groh auch der letzte der drei Altvorstände
aus der Westdeutschen Immobilienbank, Mainz, ausgewechselt wurde, war
es doch merklich ruhig um die inzwischen 100-prozentige
Tochtergesellschaft der WestLB AG geworden. So dass einige im Markt
schon den Eindruck hatten, das einst recht selbstbewusst und
eigenständig agierende Haus sei zur bloßen Pfandbriefabteilung des
Mutterkonzerns herabgestuft worden. Dass dem nicht so ist, legte der
seit Oktober 2005 amtierende WIB-Vorstandsvorsitzende Hubert Beckmann
bei der diesjährigen Bilanzpräsentation dar.
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Demnach habe die Bank im Jahr 2005 gleich in mehrfacher Hinsicht die
geschäftspolitische Wende geschafft. So sei die Funktion der WIB als
Center of Competence für Immobilienfinanzierungen im WestLB-Konzern
vor allem durch den neuen Geschäftsbereich Real Estate Structured
Finance (RESF) gestärkt worden. In dieser Einheit werden alle
Immobilienkunden der WestLB-Gruppe betreut, die neben den klassischen
Finanzierungsmodellen auch Produkte des Investmentbanking nachfragen.
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Allerdings haben die Mainzer dabei (noch) nicht ihre frühere
Unabhängigkeit in Kapitalmarktangelegenheiten zurückerlangt, denn bei
der Produkterstellung will die Mutter mitbestimmen. So werden
Commercial Mortgage Backed Securities (CMBS) künftig über die
Plattform der WestLB emittiert. Auch die Verbriefungen für
Wohnungsunternehmen (siehe dazu Ausgabe 06/07-2006) laufen über die
Compass-Plattform der Düsseldorfer.
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Im Rahmen des Investmentbanking will die Immobilienbank auch verstärkt
bei Börsengängen beraten. Hierbei erhofft sich das Institut vor allem
aus der Einführung von Real Estate Investment Trusts (REITs)
zusätzliches Geschäftspotenzial zu erschließen. Mit einigen
Immobiliengesellschaften sei man bereits in Verhandlungen über die
Schaffung von Prä-REIT-Strukturen.
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Darüber hinaus wurde ein eigenes Ressort für das Sparkassen- und
Mittelstandsgeschäft gebildet. Damit will sich die WIB deutlicher als
Partner der Primärbanken in der Gruppe positionieren. Aus der neuen
Einheit heraus sollen den Sparkassen Konsortialkredite, Beteiligungen
an Immobilien-Joint-Ventures und Public-Private-Partnerships angeboten
werden. Zusätzlich pilotiert die Bank eine Pool-Pfandbriefemission auf
Basis des Forderungsankaufs für vier Sparkassen aus
Nordrhein-Westfalen.
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Intensiviert werden soll auch das Direktgeschäft mit privaten
Baufinanzierungen. Dabei möchte Beckmann sein Haus nicht als
Wettbewerber zum Filialvertrieb der Sparkassen, sondern als
komplementären Anbieter verstanden wissen. Daher werde die Immobank
Direkt in Münster im Gegensatz zur DKB - nicht als Direktbank, sondern
als Produktlieferant für die Primärstufe aufgestellt. Damit, so hofft
der Vorstand, könnten abwanderungsbereite Kunden doch noch im
Sparkassenlager gehalten werden. Derzeit kooperieren in diesem Bereich
15 Sparkassen mit der WIB. Über die Münsteraner Plattform wurden im
vergangenen Jahr 940 (660) Millionen Euro Neugeschäft generiert. Für
2006 sind zwischen 1,3 und 1,5 Milliarden Euro angestrebt.
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Insgesamt schloss die Bank 2005 mit 5,7 Milliarden Euro das höchste
Neugeschäftsvolumen ihrer Geschichte ab. Nach dem Schwächejahr 2004
bedeutet dies ein Plus von 63,1 Prozent. Daran haben die
internationalen Finanzierungen traditionell den größten Anteil mit 2,7
(2004: 1,6) Milliarden Euro (plus 69 Prozent). Auch das Geschäft in
Deutschland wuchs deutlich um 62 Prozent auf 2,1 (1,3) Milliarden
Euro. Der Rest entfiel im Wesentlichen auf das Privatkundengeschäft
der Immobank Direkt. Künftig sollen diese drei Bereiche am gesamten
Neugeschäft etwa zu gleichen Teilen vertreten sein. Das heißt auch,
dass die WIB beim Ausbau des Auslandsgeschäfts leicht auf die Bremse
tritt. Gleichwohl wurde am 1. Juni 2006 ein Büro in Tokio eröffnet,
ein weiteres in Warschau soll künftig die Märkte des Baltikums und
Mitteleuropas erschließen. Kommunalkredite wurden in Höhe von 0,4
(0,04) Milliarden Euro ausgereicht.
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Vor Inkrafttreten des Pfandbriefgesetzes und dem Wegfall des ÖPG zum
19. Juli 2005 hatte sich die Bank bereits auf Vorrat refinanziert, so
dass der Bruttoabsatz aller Emissionen im vergangenen Jahr 4,9 (5,9)
Milliarden Euro betrug. Zum Bilanzstichtag hatte das Kreditinstitut
Mittel in Form von Pfandbriefen, Inhaberschuldverschreibungen,
Schuldscheindarlehen und Namenstiteln im Gesamtvolumen von 18,3 (15,6)
Milliarden Euro aufgenommen.
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In der Gewinn- und Verlustrechnung weist der Konzern für 2005 ein
Zinsergebnis von 134,1 (108,5) Millionen Euro (plus 23,6 Prozent) aus.
Aufgrund des gestiegenen Neugeschäfts nahmen die
Vergütungsaufwendungen für den Vertrieb zu, so dass sich das
Provisionsergebnis auf minus 3,9 (plus 1,9) Millionen Euro belief. Die
Verwaltungsaufwendungen (inklusive der Sachabschreibungen) erreichten
73,1 (79,4) Millionen Euro. Dazu trugen die um 16,8 Prozent
niedrigeren Personalkosten von 46,5 (55,9) Millionen Euro ebenso bei
wie die Sachaufwendungen, die um ein Fünftel auf 43,5 (53,9) Millionen
Euro sanken.
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Nachdem der Konzern das Jahr 2004 mit einem Verlust von 95,4 Millionen
Euro abgeschlossen hatte, wurde zum Jahresende 2005 ein
Jahresüberschuss von 58,9 Millionen Euro erzielt. Darin enthalten sind
jedoch Sondereinflüsse bei der Bank in Höhe von 23,2 Millionen Euro
aufgrund von Projektverkäufen im Beteiligungsbereich und die Auflösung
einer im Vorjahr gebildeten Rücklage. Der Bilanzgewinn betrug 33,7
(42,7) Millionen Euro. Die Bilanzsumme nahm auf 23,1 (21,5) Milliarden
Euro zu. (Red.)

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