Kartenstrategien

Theoretisch einig

In einem sind sich die Vertreter der deutschen Kreditwirtschaft einig: Wenn es Banken gelingen soll, sich im zunehmenden Wettbewerb mit immer neuen Anbietern zu behaupten, die in ihr ureigenes Kerngeschäft, den Zahlungsverkehr, hineindrängen, dann muss die Branche enger als bisher zusammenstehen. Auch auf dem Bankkarten-Forum 2014 gab es sowohl seitens der Sparkassenorganisation als auch aus der genossenschaftlichen Finanzgruppe Appelle in dieser Richtung. Nur gemeinsam, so die These, kann es gelingen, innovative und nutzerfreundliche Lösungen nicht nur zu entwickeln, sondern auch so breit in den Markt zu bringen, dass sich daraus eine Marktmacht ergibt, die von Dritten nicht so leicht auszuhebeln ist.

Im Grundsatz ist das sicher richtig. In einer Zahlungsverkehrslandschaft, die in immer stärkerem Maße von immer neuen Initiativen geprägt ist und es selbst Fachleuten (vom Endanwender ganz zu schweigen) schwer macht, den Überblick zu behalten, kann eine Zersplitterung der Angebote von Banken und Sparkassen die Wettbewerbsposition der Branche insgesamt nur schwächen.

Gerade dieses Umfeld treibt die gleichen Akteure, die immer wieder eine neue Eintracht beschwören, aber offenbar dermaßen um, dass es ihnen schwerer fällt denn je, diese Maxime umzusetzen. Auch das ist verständlich. Denn wo Dinge in der Deutschen Kreditwirtschaft abgestimmt werden müssen, dauern die Prozesse vergleichsweise lange. Für manchen geht das vielleicht zu langsam, jedenfalls für einen sich immer rascher wandelnden Markt, obgleich die DK ihre Innovationsfähigkeit auch in kürzeren Zeiträumen gerade in letzter Zeit unter Beweis gestellt hat. Einen so langen Atem wie bei der Geldkarte kann und will sich heute nicht mehr jeder leisten, zumal angesichts sinkender Erlösniveaus mit den Innovationen möglichst schnell Geld verdient werden muss. Möglicherweise ist die Branche darüber hinaus mittlerweile dermaßen auf Wettbewerb getrimmt, dass Alleingänge da und dort doch die Chance auf einen kleinen Wettbewerbsvorteil gegenüber den Wettbewerbern aus dem eigenen Lager zu versprechen scheinen.

So kommt es dazu, dass zwar alle das hohe Lied der Einigkeit singen, dass sich diese Einigkeit aber nur auf den Protest gegen die Pläne der Regulatoren bezieht, während auf der Produktseite - wo gemeinsame Initiativen erklärtermaßen ebenso nötig wären - weiterhin jeder für sich marschiert.

Eklatantestes Beispiel für dieses Missverhältnis zwischen Tun und Handeln ist Girogo. Noch gar nicht so lange ist es her, dass man hier den gemeinsamen Standard der Deutschen Kreditwirtschaft betont und nur von einer Umsetzung in unterschiedlichen Geschwindigkeiten gesprochen hatte. Das ist nun vorbei. Girogo ist zwar nach wie vor ein "Verfahren der Deutschen Kreditwirtschaft". Doch nur noch die Sparkassen wollen sich damit als innovativ positionieren. Die Genossenschaftsbanken setzen eher auf "Girogo Debit" (siehe Beitrag Arnoldt auf Seite 16). Und während die Genossenschaftsbanken mit den privaten Banken an einer Art Deutschem Paypal basteln, sollen die Sparkassen dieser Initiative bereits wieder den Rücken gekehrt haben. Bei den privaten Banken kann von einheitlichen Strategien ohnehin keine Rede sein, was es dem Bankenverband nicht einfacher macht, Position zu beziehen.

All das ist zweifellos nachvollziehbar. Und doch ist Obacht geboten: Solange das Girocard-Verfahren die gemeinsame Basis bleibt, hat das Angebot der deutschen Kreditwirtschaft - zumindest im stationären Einzelhandel - eine starke Position. Wenn sich aber die Weiterentwicklungen auf dieser Basis zu stark vereinzeln, wird das Akzeptanten eher abschrecken. Dann werden Konkurrenzmodelle der internationalen Kartenorganisationen, die ja zugleich Partner der Banken als auch Wettbewerber sind, attraktiver - oder eben die Verfahren neuer Marktteilnehmer, denen man sich ja eigentlich entgegenstemmen wollte. Red.

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