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GAA-Streit auf der Zielgeraden?

sb/hm {L57431} Schon seit geraumer Zeit schaut sich das Bundeskartellamt die Entwicklung bei den Geldautomatengebühren kritisch an. An mehr als 280 Kreditinstitute war ein Fragebogen zum Thema versandt worden. Mit dieser Erhebung sollte festgestellt wer den, ob der Wettbewerb auf dem Markt für Girokonten durch die derzeitigen Praktiken beschränkt wird, ob die Festsetzung der Interbankenentgelte zulasten einzelner Kreditinstitute wirkt und es damit zu einer Diskriminierung im Sinn des Paragrafen 20 GWB kommt oder gar zum Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung. Die Frist zur Beantwortung des Fragebogens ist Ende März abgelaufen. Nach der Auswertung sollte dann eine zeitnahe Entscheidung anstehen, ob in der Sache ein formelles Verfahren eingeleitet werden soll. Vielleicht war es diese Drohkulisse, die im ZKA letztlich doch zu einem Durchbruch geführt hat. Nun wird es beim Bundeskar tellamt wohl eine erneute Neubewertung der Sachlage geben müssen.

Sparkassen setzen sich durch Dass sich die Sparkassen bei dem gefundenen Kompromiss mit ihrer Forderung durchgesetzt haben, vom Interbankenentgelt zu Kundenentgelten überzugehen, erscheint nur fair. Schließlich schultern sie mit 25 700 Geldautomaten den Löwenanteil der Investitionen für die Bargeldversor gung in Deutschland. Bei den Genossenschaftsbanken sind es 18 600 Geldautomaten. Die Cash Group, in der unter anderem die Postbank und die Großbanken mit ihren Töchtern kooperieren, kommt zusammen auf rund 7 000 Geräte. Beim Cash Pool, dem unter anderem die zwölf Sparda-Banken, BB Bank, Targobank, SEB Bank, Santander Consumer und die National Bank angehören, sind es rund 2 000 Geldautomaten.

Dass die Bargeldversorgung der Bevölkerung als eine der zentralen Aufgaben der Sparkassen bewertet wird, macht die Ausgangslage für sie nicht einfacher. Gerade deshalb stehen sie bei Diskussionen rund um das Thema in besonderem Maße in der Kritik - wenngleich der DSGV indirekt bestritten hat, dass der S-Finanzverbund eine marktbeherrschende Stellung innehat. Schließlich gebe es in Deutschland keiner lei Einschränkungen für das Aufstellen von Geldautomaten. Dass manche Direktbank darauf ebenso wie auf die Teilnahme an einem der Geldautomaten-Pools verzichtet, habe vor allem betriebswirtschaftliche Gründe.

Welcher Preis ist angemessen?

Der Service, den die 431 Sparkassen in Deutschland ihren Kunden bieten, ist in Sachen Bargeldversorgung jedenfalls unschlagbar. Gerade an dieser Tatsache aber entzündet sich der Streit darüber, welcher Preis für Fremdabhebungen als angemessen zu werten ist. Wenn der Service für die eigenen Kunden (nebst Kosteneinsparungen durch Entlastung oder Abschaffung der Kassenschalter) bei den Investitionen im Vordergrund steht, welcher Anteil der Investitions- und Betriebskosten für das GAA-Netz ist dann auf die Fremdverfügungen umzurechnen, die einen Anteil von etwas weniger als fünf Prozent an den Geldautomatentransaktionen der Sparkassenorganisation ausmachen? Und welcher vertretbare Maximalpreis pro Transaktion ergibt sich daraus? Um diese Frage geht es letztlich in den gerichtlichen Auseinandersetzungen um die selektive Geldautomatensperre für Visa-Karten einzelner Emittenten durch einige Sparkassen und Genossenschaftsbanken, denen der Festbetrag von 1,74 Euro zu niedrig scheint. Und mit dieser Frage wird sich auch das Bundeskartellamt befassen müssen.

In dem Streit um die Bargeldversorgung per Visa-Karte, der bis zum BGH getragen werden soll, um mit einer höchstrichterlichen Entscheidung Rechtssicherheit zu erreichen, sieht es für die Sparkassen gut aus. Etliche Gerichte haben den beklagten Instituten bislang zugestanden, dass es ihnen nicht zugemutet werden kann, mit ihren Investitionen in die Infrastruktur Wettbewerber quasi zu subventionieren, die sich diese Aufwendungen sparen, um den Sparkassen dann mit gebührenfreien Girokontomodellen Konkurrenz zu machen.

Bei den Gebühren für die Bargeldversor gung per Debitkarte ist die Lage etwas anders. Denn während die Geldautomatensperre für Visa-Karten grundsätzlich Einzelentscheidung des jeweiligen Kredit instituts ist, wird die Akzeptanz von Debitkarten über ein Vertragswerk geregelt, das für die gesamte Kreditwirtschaft Gültigkeit hat. Daher auch das Interesse der Wettbewerbshüter und das Ringen um eine neue Regelung.

Bei der vom Bundeskartellamt begutachteten Sachlage spielt zudem die bundesweite Kooperation der Sparkassen bei den SB-Geräten mit hinein, aus der allein sich die "marktbeherrschende Stellung" ergibt. Diese Kooperation untersagen wird die Kartellbehörde wohl kaum. Denn dann müssten, um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden, auch das Bankcard-Servicenetz der Genossenschaftsorganisation, Cash Group und Cash Pool aufgelöst wer den - zum Nachteil der Kunden.

Ein Eingriff in die Preishoheit der GAA-Betreiber ist aber wohl unausweichlich. Spitzensätze, wie sie einige Institute (durchaus auch zum Verdruss ihrer Kollegen im Verbund) berechnen, dürften künftig kaum noch zulässig sein. Auch ohne ein Eingreifen des Bundeskartellamts soll die Bargeldversorgung durch die Eckpunkte des ZKA-Kompromisses deutlich günstiger werden. Künftig soll dem Kunden angezeigt werden, welche Gebühren für die Transaktion fällig werden. Auf dieser Basis kann er dann entscheiden, ob er den Vorgang fortsetzt. Sich von dieser Transparenz eine disziplinierende Wirkung auf die Gebührenpolitik der Geldautomatenbetreiber zu versprechen, ist sicher durchaus realistisch.

Ob die Kundenentgelte ein echter Ausweg aus der dauernden Diskussion sind, wird sich gleichwohl zeigen müssen. Den Direktbanken bleibt es selbstverständlich freigestellt, ihren Kunden bezahlte Entgelte zu erstatten und so einen Aufbau eigener Infrastruktur weiterhin zu vermeiden. Zudem gilt: Wird von der Geldautomaten betreibenden Bank beim Surcharging allzu schamlos zugeschlagen, stehen die Wettbewerbshüter wieder vor der Tür. Denn auch, wenn der Kunde die Option hat, eine allzu teure Transaktion abzubrechen, bliebe zumindest an solchen Standorten, an denen es keinen anderen Automaten in der Nähe gibt, wieder der Vorwurf, ob hier nicht eine marktbeherrschende Stellung missbraucht wird. Hier braucht es vielleicht doch feste Höchstsätze.

Einen unbestreitbaren Vorteil hätte das Surcharging am Geldautomaten gewiss: Im Vergleich zum Interbankenentgelt wäre es "EU-sicher". Neue Diskussionen dürften damit aber auch heraufbeschworen werden: Warum die Interchange am Geldautomaten verzichtbar ist, für Transaktionen am PoS hingegen nicht, wird man der EU-Kommission schwer erklären können.

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