Karten aktuell

"Wir bewegen uns in Richtung offener Gebührensysteme"

Obwohl nicht nur Sparkassen die selektive Sperrung von
Geldautomaten für Visa-Karten einzelner Banken praktizieren, sind vor allem Spar kassen in die Schlagzeilen geraten. Welches Ziel verfolgen diese Institute mit dieser Vorgehensweise?

Es sind individuelle Beweggründe, die manche Sparkasse zu diesem Schritt bewegt. Unter dem Strich entsteht dadurch mehr Transparenz im Wettbewerb. Es geht dabei um die Frage, wer seinen Kunden aus eigener Kraft Leistungen anbieten kann - und wer auf die Hilfe anderer angewiesen ist. Die Kunden merken derzeit, wer welchen Service bietet und welcher Anbieter vielleicht Versprechungen nicht aus eigener Kraft halten kann. Kein Wettbewerber kann darauf vertrauen, immer und überall die Infrastruktur von Dritten nutzen zu können.

Lassen sich durch solche Maßnahmen wirklich Kunden von den Direktbanken zurückgewinnen?

Es sei dahin gestellt, ob das wirklich bei den einzelnen Sparkassen das Ziel war. Aber ganz grundsätzlich schließen Spar kassen keine Kundengruppen aus. Jeder ist willkommen und kann bei einer Spar kasse mit attraktiven Angeboten zu fairen Preisen rechnen. Das gilt auch für Direktbankkunden, die mit der Bargeldversor gung ihrer Bank unzufrieden sind.

Ist es ökonomisch sinnvoll, sich - und seien es noch so bescheidene - Provisionseinnahmen durch die Fremdnutzung der Geldautomaten entgehen zu lassen, die einen Beitrag zur Finanzierung der Infrastruktur leisten können?

Das muss jede Sparkasse selbst kalkulieren und entscheiden. Deshalb kommen die einzelnen Institute hier auch zu unter schiedlichen Ergebnissen.

Die Direktbanken werfen den Sparkassen kartellähnliche Absprachen vor. Was sagen Sie dazu?

Ich kenne keine Absprachen. Der Vorwurf ist wohl eher eine "Nebelkerze", mit der einzelne Direktbanken vom eigentlichen Problem, der fehlenden eigenen Infrastruktur, ablenken wollen. Es ist ganz natürlich, dass Anbieter ihre Vorteile nicht ohne weiteres mit Wettbewerbern teilen wollen. Auf solche Überlegungen kommt eine Sparkasse auch, ohne dass sie sich dazu mit anderen abstimmen müsste.

Das Landgericht Verden hat der Sparkasse Nienburg per einstweiliger Verfügung vorgeschrieben, die Geldautomaten für die klagenden Direktbanken wieder zu öffnen. Wie ist Ihre Position dazu?

Die Visa-Regularien lassen selektive Nutzungsmöglichkeiten explizit zu. Insofern sind wir da sehr gelassen. Die Sparkasse Nienburg ist die erste Sparkasse, die Widerspruch gegen die einstweilige Ver fügung eingereicht hat und nun gerichtlich gegen die Direktbanken vorgeht. Diese Verfügung beruht im Übrigen allein auf den Angaben der klagenden Banken, die Sparkasse wurde zu dem Sachverhalt nicht gehört.

Bei der Umsetzung der Payments Service Directive in nationales Recht wird noch darum gerungen, ob ein Surcharging-Verbot, wie es die Visa-Regularien vorsehen, auch künftig noch zulässig ist. Sollte dieses Verbot kippen - wird dann das Surcharging am Geldautomaten die Regel?

Hier muss man zwei Themen trennen, die häufig zusammengeworfen werden. Beim sogenannten Surcharging handelt es sich um eine Servicegebühr, die der Kartenakzeptanz nach Vorstellungen der EU-Kommission zusätzlich zum eigentlichen Preis fordern können soll. Im Geldautomatenbereich finden derzeit insbesondere vor dem Hintergrund der For derungen der EU-Kommission nach mehr Transparenz in den Preisgestaltungen Systemwechsel hin zu direkten, transparenten Preisen, die sich nach Marktmechanismen bilden, statt. Im Klartext geht es hier um faire und transparente Kundenentgelte.

Der Trend geht deutlich in Richtung offene Gebührensysteme, bei denen dem Kunden die ihm entstehenden Kosten angezeigt werden, sodass er sich dafür entscheiden oder die Transaktion abbrechen kann. Auch Mastercard hat für das kommende Jahr eine entsprechende Freigabe angekündigt. Aber auch in Großbritannien und anderen Ländern funktionieren solche Systeme erfolgreich.

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