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Wealth Management im Jahr 2030

Wealth Manager stehen aktuell vor der Herausforderung, ihre traditionellen Werte mit den Anforderungen eines immer stärker von Technik geprägten Umfelds zu vereinbaren. Vier verschiedene Szenarien, wie das Wealth Management im Jahr 2030 aussehen könnte, hat Prof. Dr. Teodoro D. Cocca von der Johannes Kepler Universität Linz skizziert.

Im Szenario 1 finden die technologischen Entwicklungen bei vermögenden Kunden keine breite Akzeptanz. Je älter die Kunden der "next generation" werden, desto stärker ähneln ihre Verhaltensmuster denen der älteren Generation. So überlagert der altersbedingte Konservatismus die Technologieaffinität in jungen Jahren. Skandale um veruntreute Gelder, Sicherheitslücken und fehlender Schutz der Privatsphäre bei den ersten innovativen Anbietern führen zu einem Vertrauensverlust der vermögenden Kunden. Der Regulator interveniert und erhöht die Anforderungen, wodurch Start-ups praktisch unmöglich werden. Auch 2030 bleibt es deshalb bei den traditionellen Anlageprodukten. Banken beraten die Kunden im persönlichen Gespräch.

Höher ist die Eintrittswahrscheinlichkeit für das Szenario 2: Die Evolution der etablierten Anbieter, die durch Weiterentwicklung ihres Angebots Drittanbietern keine Möglichkeit lassen, substanzielle Marktanteile zu erobern. Das klassische Wealth Management wird um neue Interaktionskanäle erweitert, neue Technologien unterstützen zum Beispiel das Beratungsgespräch. Es bleibt aber primär eine physische Face-to-Face-Interaktion. Besonders erfolgreiche innovative Angebote werden von den etablierten Marktteilnehmern aufgekauft und in das eigene Angebot integriert.

Im Szenario 3 verstehen es die etablierten Anbieter im Wealth Management nicht, die neuen Bedürfnisse der Next-Generation-Kunden zu verstehen und das eigene Geschäftsmodell daran anzupassen. Damit leidet die Branche unter einem Vertrauensverlust und gilt als rückwärtsgewandt. Deshalb haben Dritte, die ursprünglich nicht im Finanzgeschäft zuhause waren, einen hohen Marktanteil gewinnen können und dominieren die Kundenschnittstellen auch in der Vermögensverwaltung. Sie sind für Kunden vor allem deswegen attraktiv, weil sie ihre Unabhängigkeit in den Vordergrund stellen können. Die von Apple und Facebook gegründete erste globale virtuelle Privatbank "iWealth" etabliert sich innerhalb kurzer Zeit im Vermögensverwaltungsgeschäft und vernetzt im Jahr 2030 über 5 Millionen Millionäre weltweit.

Im Szenario 4 setzt sich weder das innovative Angebot etablierter Vermögensverwalter noch der Erfolg von Drittanbietern nachhaltig durch. Vielmehr wird die Kundenschnittstelle von Portalen dominiert, die den Zugang zu verschiedenen Finanzdienstleistern ermöglichen und die Integration verschiedener Anbieter in eine Gesamtlösung auf einfache Art und Weise erlauben. Auch dieser Variante spricht Cocca jedoch eine ähnlich geringe Eintrittswahrscheinlichkeit zu wie dem Szenario 1.

Am ehesten, so die Prognose, wird die Entwicklung in Richtung Szenario 2 oder 3 gehen. Denn einerseits sind vermögende Kunden "early adopters" neuer Technologien, andererseits kommt mit dem Älterwerden auch ein gewisser Konservatismus hinzu. Die ganz große Umwälzung wird dem Markt somit vielleicht erspart bleiben. Das heißt aber nicht, dass man das Thema Digitalisierung vernachlässigen dürfte. Red.

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