Leitartikel

Wer mit wem?

sb - So viel wie nötig, aber so wenig wie möglich. Auf diesen Nenner ließe sich vereinfacht die Haltung der Kreditwirtschaft zum Thema Kooperationen vielleicht bringen. Nötig ist die Zusammenarbeit mit Partnern immer dort, wo es um "fabrikmäßige" Abwicklung und Skaleneffekte geht. In der IT gilt das sowieso. Auch in der Marktfolge hat die Branche diese Erkenntnis längst verinnerlicht, entsprechende Servicegesellschaften sind gut eingeführt. In jüngerer Zeit ist das Thema Compliance hinzugekommen, bei dem Einzelkämpfer zunehmend überfordert sind. Auch dort gilt es also, so viel wie möglich auf gemeinsamer Basis zu machen. Diese Baustelle mag erklären, dass die Bereitschaft der Kreditinstitute, in Kooperationen zu investieren, zuletzt wieder zugenommen hat.

Überall dort, wo es um den direkten Kontakt mit dem Kunden geht, sind Kooperationen schwieriger. Hier wachen potenzielle Partner mit Argusaugen darüber, dass der jeweils andere nicht zum Wettbewerber wird. Konzern- oder verbundfremde Partner werden deshalb in der Regel nur dann in Betracht gezogen, wenn ein Haus im Kreditgeschäft Risiken nicht allein übernehmen kann oder will oder wenn es sich um Spezialisten handelt, bei denen es keine Überschneidungen im Geschäftsmodell gibt (Beispiel Reisebank im Sortengeschäft). Auch innerhalb der Verbünde gibt es strategische Kooperationen bevorzugt an den Stellen, an denen das einzelne Haus Leistungen nicht im erforderlichen Maße darstellen kann oder will. Spezialisten wie Leasing-, Factoring- oder Inkassounternehmen, Versicherer und Fondsgesellschatten laufen gewissermaßen außer Konkurrenz und sind deshalb gern gesehene Partner, an die man die Kunden weitervermitteln kann, ohne dadurch die Kundenbeziehung zu gefährden - solange man sich nur im Vertrieb nicht ins Gehege kommt. Denn selbst bei Verbundunternehmen, bei denen der Erfolg immerhin innerhalb der "Familie" bleibt, wird darauf geachtet, eine gegenseitige "Kannibalisierung" zu vermeiden. Ein Beispiel dafür ist die R+V, die sich im Direktvertrieb bewusst auf die Kfz-Sparte beschränkt, um den Genossenschaftsbanken, die dem Versicherer schließlich (zumindest im Bereich Leben) den Löwenanteil des Geschäfts vermitteln, keine unliebsame Konkurrenz zu machen.

An anderen wichtigen Kundenschnittstellen gibt es jedoch mittlerweile Experimente: Ein Beispiel sind gruppenübergreifende Kooperationen bei der Bargeldversorgung und -logistik. In ländlichen Gebieten suchen Sparkassen und Volksbanken mitunter in gemeinsamen SB-Filialen einen Ausweg aus dem Rückzug aus der Fläche. Ein echtes Erfolgsmodell scheint dies aber nicht zu sein: Mittlerweile werden mehr solcher Gemeinschaftsstandorte geschlossen als neu eröffnet. Vielleicht kommt der Wettbewerb hier doch zu nahe. Für Kooperationen mit dem Einzelhandel gilt das auf den ersten Blick nicht. Beim Thema Bargeld scheinen sich namentlich die Mineralölgesellschaften als gute Partner empfohlen zu haben. Jenseits davon sind Vertriebskooperationen mit Handel und Dienstleistern enge Grenzen gesetzt. Das hat namentlich die Assekuranz erfahren müssen, als sich die Aufsicht der Frage annahm, ob Partner aus dem Handel wirklich nur Tippgeber oder eben doch Vermittler sind. Ohnehin blieben echte Erfolgsmeldungen zum Absatz von Finanzprodukten über den Einzelhandel meist aus, viele Kooperationen wurden auch ohne behördliches Eingreifen rasch wieder beendet. Wirklich lohnend scheinen vor allem zeitlich befristete Aktionen wie die Kreditkarte bei Lidl oder das gegenseitige Empfehlungsmarketing zu sein, wie es die Postbank aktuell mit Zalando praktiziert. Langfristige Partner sucht man sich also bevorzugt in der eigenen Branche, jenseits davon scheint sich nur die Sonderaktion zu bewähren. Beim Mobile Payment wird man hier umdenken müssen: Dort wird es auf Dauer ohne Partner aus dem Mobilfunkbereich und vielleicht dem Einzelhandel nicht gehen. Diese Erkenntnis haben mittlerweile beide Seiten gewonnen. Wie es gemeinsam gehen soll, ist aber auch noch längst nicht ausgemacht. Ohnehin bleibt festzuhalten: Ein Patentrezept gibt es namentlich für die branchenübergreifenden Kooperationen nicht. Es zählt immer der Einzelfall.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X