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Vertriebschancen für Unternehmensanleihen in Krisenzeiten

Zwar sind der eigene Tresor à la Dagobert Duck und der Sparstrumpf unter der heimischen Matratze keine ernst zu nehmende Anlageform für die meisten Anleger in Deutschland. Die Finanz- und Wirtschaftskrise hat viele trotzdem verunsichert und ratlos gemacht, wo sie ihr Erspartes gewinnbringend investieren sollen. Anleger haben ihr Geld deshalb zunächst kurzfristig geparkt, etwa auf hoch verzinsten Tages- oder Festgeldkonten.

Doch es zeichnet sich schon ab, dass diese Renditequelle in absehbarer Zeit versiegen wird. Die ersten Banken haben bereits ihre Zinsen an den gesenkten Leitzins der Europäischen Zentralbank angepasst. Eine Alternative ist jedoch in Sicht: Festverzinsliche Wertpapiere, insbesondere Unternehmensanleihen mit guter bis sehr guter Kreditwürdigkeit sowie Hochzins-Unternehmensanleihen.

Nach Einschätzung des M&G-Anleihen-fonds-Teams wird der Leitzins seinen Tiefpunkt nicht wie allgemein erwartet bei 1,25 Prozent erreichen. Wir gehen davon aus, dass der Leitzins sogar noch stärker fallen und länger niedrig bleiben wird als der Markt zurzeit glaubt. Denn die Europäische Zentralbank wird vermutlich versuchen, die Gefahr einer Deflation abzuwehren.

Schlechte Nachrichten für Tages- und Festgeldzinsen

Das sind schlechte Nachrichten für Tages- und Festgelder. Denn deren Erträge fallen, sobald die Marktzinsen sinken. Ganz anders sieht es bei Anleihen aus. Sie profitieren von fallenden Zinsen, denn ihre Kurse steigen, was Gewinnpotenzial bietet. Zusätzlich sind Anleihen mit einem fixen Kupon ausgestattet, der für einen kontinuierlichen Ertragszufluss sorgt - egal, ob die Marktzinsen steigen oder fallen.

Die einzige Einschränkung: Je niedriger die Kreditwürdigkeit des Emittenten, desto unsicherer ist die Zahlung des jährlichen Kupons und des Nennwertes am Ende der Laufzeit. Dabei gilt grundsätzlich: Je niedriger die Bonität, desto höher ist die Verzinsung, um den Anleger angemessen für das Risiko zu entlohnen, das er eingeht, wenn er einem Unternehmen mit schlechter Kreditwürdigkeit Geld leiht. Oder umgekehrt: Je höher die Bonität, desto niedriger die Verzinsung der Anleihe.

Ein zweiter wichtiger Einflussfaktor für Anleihen ist neben dem Marktzins die Inflation. Je niedriger die Inflation, desto höher ist die Effektivverzinsung. Wie hat sich das Preisniveau entwickelt und wie sieht es in den nächsten Monaten aus? Die extrem angestiegenen Rohstoffpreise, insbesondere von Rohöl, hatten den starken Inflationsanstieg Mitte 2008 verursacht. Seit Herbst sind die Verbraucherpreisindexzahlen im Euroraum jedoch wieder stark zurückgegangen, so dass die Zentralbanken im Verlauf des Jahres eher mit einer Deflation als mit einer Inflation konfrontiert werden.

Ein Blick auf die Geschichte untermauert diese Annahme: Nach dem Zusammenbruch der Wall Street 1929 fiel die allgemeine Preisentwicklung von minus eins auf minus zehn Prozent. Der Finanzkrise in Japan folgte eine lange Phase der Deflation in den 1990er. Und in der Asien-Finanzkrise 1997 ging die Inflation von 4,5 auf ein Prozent zurück.

Staatsanleihen westeuropäischer Länder nicht blind vertrauen

Das Marktumfeld sinkender Inflation und Zinsen spricht also für ein Investment in Anleihen. Doch Anleihe ist nicht gleich Anleihe. Die entscheidende Frage ist, in welchem Segment - Staatsanleihen, Unternehmensanleihen mit geringer oder guter bis sehr guter Bonität - wird der Anleger für das eingegangene Risiko angemessen mit Rendite belohnt?

Staatsanleihen gelten besonders in schlechten Zeiten als sicherer Hafen für Anleger. Das Beispiel Island zeigt jedoch, dass Anleger nicht mehr blind auf Anleihen westeuropäischer Staaten setzen können. Dafür erfreuen sich Rentenpapiere solider Staaten wie Deutschland wachsender Nachfrage. Die Folge: Die Renditen 10-jähriger Bundesanleihen sanken auf ein historisches Rekordtief im Dezember 2008 und beendeten damit ihre Jahresralley. Im letzten Jahr rentierten Bundesanleihen mit 12,2 Prozent - das beste Jahresergebnis seit 1995.

Wer mehr Rendite bei kalkulierbarem Risiko erwartet, sollte auf Unternehmensanleihen mit guter bis sehr guter Bonität (Investment Grade Bonds) setzen. Im Zeitraum von 2006 bis Ende 2008 galten diese als wenig aussichtsreich. Der Risikoaufschlag für Anleger gegenüber Staatsanleihen war minimal. Zudem war das Zinsniveau und die Inflation gestiegen beides ungünstige Faktoren für Unternehmensanleihen. Das Blatt hat sich jedoch komplett gewendet. Der Risikoaufschlag gegenüber Staatsanleihen ist auf ein historisches Rekordniveau geklettert.

So bekamen Anleger für eine europäische Unternehmensanleihe mit einem BBB-Rating durchschnittlich eine Rendite von 8,3 Prozent (Stand: 15. Januar 2009). Das sind 5,9 Prozent mehr als für eine vergleichbare Staatsanleihe. Ein solches Ren-dite-Niveau unterstellt, dass die Ausfallraten entsprechend hoch sein müssten.

Denn es gilt: Keine Rendite ohne vergleichbares Risiko. So hat eine Studie der Deutschen Bank vom Oktober 2008 ergeben, dass der Markt für europäische Investment, Grade-Unternehmensanleihen mit einem Rating zwischen AAA und BBB eine Ausfallrate von 35 Prozent in den nächsten fünf Jahren einpreist - hochgerechnet auf Basis der durchschnittlichen Unternehmenspleiten der Vergangenheit.

Ist die Höhe der Ausfallraten jedoch realistisch? Und welche Gründe haben zu den Rekordrenditen geführt? Natürlich können auch Unternehmen mit guter bis sehr guter Bonität insolvent werden - wie die Beispiele Lehman Brothers oder Enron zeigen. Nach Einschätzung unseres Anlei-henfonds-Teams ist es aber unwahrscheinlich - selbst vor dem Hintergrund einer tiefgreifenden Rezession - dass eines von drei Unternehmen im Invest-ment-Grade-Segment in den nächsten Jahren zahlungsunfähig wird. Im historischen Vergleich relativieren sich die momentanen Zahlen: Seit den siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts sind durchschnittlich 0,8 Prozent Unternehmen mit guter bis sehr guter Bonität Bankrott gegangen. Im schlechtesten aller Fünf-Jahres-Zeiträume waren es 2,4 Prozent - also nicht annähernd so viele wie das derzeitige Renditeniveau unterstellt.

Renditen sind Resultat markttechnischer Faktoren

Nach Meinung des M&G-Teams sind die extrem hohen Renditen Resultat markttechnischer und nicht fundamentaler Faktoren. Der Entschuldungsprozess (Deleveraging) bei Banken und die Notverkäufe vieler Hedgefonds haben zu einem Überangebot von Unternehmensanleihen am Zweitmarkt und damit zu fallenden Kursen geführt ein Prozess, der sicherlich noch einige Monate anhalten wird.

Bei Neuemissionen führten vor allem die fehlende Risikobereitschaft der Anleger und die Rezession zu einem hohen Renditeanstieg. Ein Beispiel: BMW, das als Unternehmen mit einem A-Rating als solide gilt - also ganz im Gegensatz zu General Motors - musste seine Neuemission im letzten November mit einem Kupon von 8,875 Prozent begeben - eine Höhe, die sonst nur von Unternehmen mit geringerer Bonität angeboten wird. Unserer Einschätzung nach, werden Anleger, die in Investment-Grade-Unternehmensanleihen investieren, also weit mehr als entlohnt. Denn die Renditen entsprechen bei Weitem nicht dem tatsächlichen Ausfallrisiko. Das Anleihenfonds-Team geht davon aus, dass erstklassige Unternehmensanleihen mit einer durchschnittlichen Rendite von 8,3 Prozent kurzfristige Anlagen und Staatsanleihen in den nächsten zwei Jahren überholen werden (Stand: 15. Januar 2009).

Rendite gleicht Anlagerisiko von High Yield Bonds aus

Die Renditen von Unternehmensanleihen niedriger Kreditwürdigkeit (High Yield Bonds) sind aufgrund des höheren Emittentenrisikos grundsätzlich weitaus höher als von erstklassigen Unternehmensanleihen oder Staatsanleihen. Renditen für Euro-Hochzins-Unternehmensanleihen liegen zurzeit durchschnittlich bei rund 21 Prozent. Das ist rund 13 Prozent mehr als für Unternehmensanleihen mit guter bis sehr guter Bonität und fast 19 Prozent mehr als für Bundesanleihen (Stand: 15. Januar 2009). Zum Vergleich: Üblicherweise liegen die Renditen hochverzinslicher Unternehmensanleihen etwa 3,0 bis 5,0 Prozent über denen von Staatsanleihen mit vergleichbarer Restlaufzeit.

Hochzins-Unternehmensanleihen sind deshalb wieder attraktiv. Denn die Rendite gleicht nun das Anlagerisiko aus, das Anleger bereit sein müssen einzugehen, wenn sie in diese Anlageklasse investieren. Bei der Auswahl der Unternehmensanleihen ist jedoch Vorsicht geboten, da Unternehmensausfälle in diesem Segment unabwendbar sind und die Lage in einigen Sektoren wie beispielsweise der Automobilindustrie schlecht aussieht.

Die Marktzinsen sinken und damit auch die Lukrativität von Tages- und Festgeldanlagen. Anleihen sei Dank sollte die Befürchtung, dass Anleger in Deutschland ihr Geld deshalb im Garten vergraben oder unter die Matratze legen, auch weiterhin unbegründet sein. Denn je nach Renditeerwartung, Risikoneigung und Anlagehorizont bietet der Rentenmarkt gute bis sehr gute Einstiegschancen - bei Invest-ment-Grade-Unternehmensanleihen sogar historisch einmalige.

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