Blickpunkte

Versicherungen - Selbstverschuldete Regulierung

Mit dem am 28. Oktober 2011 im Deutschen Bundestag verabschiedeten Gesetz zur Novellierung des Finanzanlagenvermittler- und Vermögensanlagenrechts greift der Gesetzgeber unter anderem in die Vermittlerprovisionen im Versicherungsbereich ein. In der privaten Krankenversicherung werden die Provisionen für den Vertragsabschluss auf neun Monatsbeiträge gedeckelt. Zudem wird die Stornohaftung der Vermittler von einem auf fünf Jahre verlängert. Letzteres gilt auch für die Lebensversicherung. Beide Maßnahmen sollen die Anreize für Vermittler reduzieren, allzu häufig mit Vorschlägen zur "Umdeckung" an ihre Kunden heranzutreten.

Der Eingriff in die Höhe der Provisionszahlungen ist zweifellos ungewöhnlich. Gesetzliche Regelungen für Verdiensthöhen gibt es im deutschen Recht sonst nur bei verkammerten Berufen wie Ärzten, Architekten, Rechtsanwälten und Steuerberatern. Dass der Bundesverband deutscher Versicherungskaufleute e. V., Bonn, die Regelung als Einschnitt in die Grundrechte freier Vertragspartner kritisiert, ist insofern nachvollziehbar.

Dennoch ist dem Gesetzgeber hier kein Vorwurf zu machen. Schließlich hatte die Branche zu erkennen gegeben, dass sie - nicht zuletzt wegen kartellrechtlicher Bedenken - aus eigener Kraft der Problematik, die der Gesetzgeber nun lösen will, nicht Herr wurde. Branchenvertreter waren deswegen an die BaFin herangetreten (siehe Beitrag von Thorsten Rudnik in bank und markt 8/2011). Der Verband der privaten Krankenversicherung begrüßt deshalb beide im Gesetz ergriffenen Maßnahmen als wirksame Mittel, der Praxis der Umdeckungen zu begegnen. Der BVK hingegen sieht einen ganzen Berufsstand unter Generalverdacht gestellt - und hat damit nicht einmal Unrecht. Natürlich sind es stets Einzelne, die die vorhandenen Rahmenbedingungen in unredlicher Weise ausnutzen und damit auch redliche Kollegen mit in Verruf bringen. Solchen schwarzen Schafen verdankt die Finanzbranche letztlich auch die Beratungsprotokolle oder die Verbraucherkreditrichtlinie. Die Branche hat aber auch versäumt, selbst mit dem Umdeckungs-Unwesen aufzuräumen. Eine branchenweite Einigung auf niedrigere Provisionszahlungen wäre zwar wettbewerbsrechtlich bedenklich gewesen. Vermutlich hätte es aber auch andere Lösungen gegeben. Beispielsweise hätten die Versicherer selbst Vermittler mit auffällig hohen Stornoquoten konsequenter ermitteln und die Zusammenarbeit mit ihnen beenden können. Dann hätte der Markt das Problem gelöst und der Branche wäre eine gesetzliche Reglung, mit deren Details niemals alle zufrieden sein können, erspart geblieben. Weil dies versäumt wurde, hat nun (wieder einmal) die Politik reagiert. Déjà vu? Red.

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