Leitartikel

Payment Protection: Provision statt Marge?

KO - Jedes Mal, wenn die Schufa ihren "Schuldenkompass" publiziert, geht ein gemischter Aufschrei durch das deutsche Land. Je nach aufgabenorientierter Interessenlage prangern (!) die einen die zunehmende Armut der sowieso Ärmeren an, die anderen das Staatsversagen in der Schuldnerbetreuung, die nächsten die Verführungskünste der Konsumwerbung, die weiteren das Verkaufsgeschick der Kreditgeber und die Nachfolgenden die intransparente Ungerechtigkeit der Konditionen: Unverkennbar verliert die gerade erst seit zwei Generationen erworbene massenhafte Kreditwürdigkeit des einigermaßen bürgerlichen Menschen eine uralte Kehrseite. Sobald aus einem Kredit eine Last wird, bekommt die ganze Angelegenheit wieder den schlechten Geruch des Schuldenmachens als einer "an sich" tadelnswerten Unmoralität. Ungeachtet der ihm innewohnenden Risiken genießt der Konsumentenkredit von der Rate bis zu Hypotheken aus purer Bankensicht heute einen zunehmend guten Ruf: Er verursacht keine Klumpenausfälle; er verspricht durch die längerfristige Kundenbindung Cross-Selling-Chancen; er verlangt dank eines ständig intensivierten Scorings - die Schufa lebt dafür und davon nicht mehr unbedingt ein Girokonto; er gilt dementsprechend als Akquiseinstrument für allerlei Eindringlinge; er ist massenhaft im Sinne von industriell verarbeitbar; er erscheint angesichts der ungebrochenen und höchst populären Freude an "Lifestyle" als Wachstumsmarkt; die Ratingleute sehen ihn gerne in gemischten Bilanzen; Basel II belohnt ihn.

Kein Wunder somit, dass die jüngeren Geschäftsideen für "modernes" Bankgeschäft so ausgeprägt um den Konsumentenkredit kreisen. Die Diba ist da geradezu zum Synonym für den Fortschritt avanciert, wie es früher bei KKB und dann Citibank gewesen ist. Die Norisbank und ihr "Easy Credit" erreichen sogar getrennt bislang unnachvollziehbare Übernahmepreise. Die Landesbanken setzen mit Tochterprodukten dem (oder den!) Verbund zu. Der Revolving Credit ist die ewige Hoffnung des Kreditkartengeschäfts. An all diesem institutionellen Bemühen gemessen, müsste der Konsumentenkredit nun eigentlich schon seit ein paar Jahren kräftig an Volumina gewinnen. Das tut er aber nicht. Die Bundesbankstatistik jedenfalls zeigt Sensationelles mitnichten. Besonders hart, so auch eben bei der Konferenz "Payment Protection" von "bank und markt" berichtet, hat die Konkurrenz die Margen im Ratenkredit angegriffen. Es soll bereits Finanzierer geben, "die mit dem Kredit praktisch nichts mehr verdienen!" Aber gottlob erlebt nun ein Produkt seine Renaissance, das dem Geschäft insgesamt eine angemessene Auskömmlichkeit sichert: Die klassische Restschuldversicherung, vor allem in Form der Todesfallversicherung für Kreditraten und Kreditsalden. Tatsächlich zeigt sich beim Blick in nicht wenige Spezialbankbilanzen, dass die Provisionseinnahmen aus der Restschuldpolice den Zinsüberschuss nicht nur erreichen, sondern übertreffen.

Und weil das Grundprinzip der "individuellen Absicherung" durchaus leichter an Kreditnehmer zu vermitteln ist, wenn nicht seine Erben profitieren, sondern auch der Schuldner selbst, sind Arbeitsfähigkeit, Arbeitslosigkeit und sogar Scheidung als Versicherungsfälle ordentlich in Mode gekommen. Mehr noch: Die Restschuldversicherung ist dabei, sich eben unter dem schönen Sammelnamen "Payment Protection" für alle Arten regelmäßiger Zahlungen zu empfehlen. Und vielleicht, ganz vielleicht klettert auch ein Uraltflop wieder hinter seinem Grabstein hervor - das "Sparprogramm mit Versicherungsschutz", das vor 25 Jahren als Kampfansage der Banken an die Assekuranz gewertet wurde. Es verstarb, weil niemand gerne nur für seine Nachkommen darbt, da es nur im Todesfall die Sparrate übernahm. Aber vielleicht ist es nun gerade das Richtige für die Freunde der dauerhaften Hartz IV-Karriere - kurz vor ihrem Eintritt.

PS: Bei den Easy Credits liegt der Anteil der Restschuldversicherungen bei über 70 Prozent, bei der Citibank liegt er zwischen 65 und 70 Prozent.

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