Blickpunkte

Marktforschung Weblogs beeinflussen Kaufentscheidung

Für Privatpersonen hat es unbestreitbare Vorteile, online zu sein. Das Internet bietet nahezu unbegrenzte Informationen zu verschiedensten Themen und unschlagbar schnelle und günstige Kommunikationsmöglichkeiten - weltweit.

Auch für Unternehmen ergeben sich durch das Medium Chancen, zum Beispiel durch die Gestaltung der eigenen Homepage oder die Umsetzung von Online-Werbemaßnahmen wie Suchmaschinen-Marketing, Bannerwerbung oder E-Mail-Kampagnen. Doch mit der Weiterentwicklung des Internet zu einem immer interaktiveren Medium (Web 2.0) wird die Steuerung der Außenwahrnehmung auch für Finanzdienstleister immer schwieriger.

Für Meinungsbildung und Kaufentscheidungen der Kunden hat ein Phänomen des World Wide Web in den letzten Jahren stark an Bedeutung gewonnen: der Weblog. Eine Studie des Marktforschungsunternehmens Ipsos GmbH, Hamburg, unter mehr als 2200 Internetnutzern in Europa ergab, dass mehr als ein Viertel der deutschen Verbraucher auf Produktinformationen vertraut, die sie aus Nutzerkommentaren auf Internetseiten erhalten. 30 Prozent der Befragten gaben sogar an, dass sie schon einmal ein Produkt nicht gekauft haben, weil es von einer anderen Privatperson negativ beurteilt wurde.

Etwas weniger, nämlich 23 Prozent sagten, dass sie auf Kommentare in privaten Weblogs vertrauen. Bedenkt man, dass nur etwa 15 Prozent der befragten deutschen Internetnutzer überhaupt jemals in einem solchen Blog gelesen und lediglich rund zwei Prozent schon einmal darin Texte verfasst haben, so erscheint der Anteil derer, die den Informationen aus dieser Quelle vertrauen, doch recht hoch.

Bewertungen auf Unternehmensseite werden akzeptiert

Kaum schlechter als Blogs schneiden in der Befragung die Internetseiten von Unternehmen mit Bewertungen ab: Ihnen vertrauen etwa 22 Prozent der Verbraucher. Dagegen stehen E-Mails an Kunden (14 Prozent) und Informationen des Vorstandsvorsitzenden (elf Prozent) weniger hoch im Kurs.

Aus Sicht der Unternehmen wird diese Analyse noch spannender, wenn man die Antworten der Befragten in Bezug zu ihren Kaufgewohnheiten setzt. Unter denjenigen europäischen Nutzern, die monatlich mehr als 145 Euro im Internet ausgeben und die somit zu einer interessanten Zielgruppe gehören, scheint der Anteil derer, die sich von privaten Nutzerkommentaren beeinflussen lassen, besonders hoch zu sein. Beispielsweise stimmen 52 Prozent aller Befragten der Aussage zu, dass sie eher geneigt sind, ein Produkt oder eine Dienstleistung zu ordern, wenn sie im Netz positive Bewertungen anderer Nutzer dazu gelesen haben. In der Gruppe derer, die über 145 Euro pro Monat ausgeben, sind es 66 Prozent.

600000 deutsche Blogs

Weblogs oder Blogs gibt es ungefähr seit Mitte der neunziger Jahre. Es sind Internetseiten, die kurze, häufig aktualisierte Beiträge enthalten. Jeder Benutzer kann Beiträge einstellen, auf die Ausführungen anderer antworten, andere Internetseiten verlinken, aber auch auf Fotos, Videos und andere multimediale Quellen verweisen. Die Inhalte sind vielfältig, sie reichen von Erfahrungsberichten aus dem letzten Afrika-Urlaub über Diskussionen zu Kochrezepten bis hin zu Expertenblogs, in denen Themen aus Politik, Wirtschaft und Technik dominieren.

Seitdem die technische Bearbeitung von Weblogs durch verschiedene Software-Lösungen stark vereinfacht wurde, steigt ihre Zahl in rasender Geschwindigkeit an.

Bei der größten Blog-Suchmaschine des World Wide Web, Technorati, waren Mitte November dieses Jahres etwa 60 Millionen Blogs registriert, ein Prozent davon wird auf deutsch geführt. Im Oktober 2006 wurden jeden Tag etwa 100000 neue Weblogs angelegt. Auf Dauer bleiben allerdings nur 55 Prozent davon aktiv, das heißt, sie werden regelmäßig (mindestens einmal in drei Monaten) aktualisiert.

Blogs sind für die PR die wichtigste Anwendung des Web 2.0

Der PR-Trendmonitor, eine Studie der News Aktuell GmbH, Hamburg, und der Faktenkontor GmbH, Hamburg, hat jüngst ergeben, dass sich vor allem in den PR-Agenturen die Ansicht durchsetzt, Anwendungen des Web 2.0 würden immer bedeutender für die Öffentlichkeitsarbeit. Weblogs stehen mit 33,4 Prozent mittlerer bis hoher Bedeutung auf dem ersten Platz. Mit 21,6 Prozent folgt RSS: das ist eine Software, die bestimmte, vom Nutzer ausgewählte Internetseiten regelmäßig nach neuen Inhalten absucht und ihn darüber informiert. Ebenso viel Relevanz wie dem RSS wird Plattformen wie Youtube und Myspace zugesprochen, auf denen Besucher Audio- und Videodateien miteinander austauschen können.

Pressestellen von Unternehmen sehen interaktive Anwendungen des World Wide Web eher als bedingt wichtig für die PR an. Doch auch bei ihnen stehen die Weblogs mit 19,6 Prozent mittlerer bis hoher Bedeutung auf der Topp-Position. Es folgen mit 16,2 Prozent RSS und mit 12,9 Prozent Podcasts. Das Podcasting wurde früher Audioblogging genannt: vom Prinzip her entspricht es dem Weblog, doch die Beiträge werden nicht als Texte zur Verfügung gestellt, sondern als Dateien, die der Benutzer anhören kann.

Sind die Online-Journale nun ein neues Zaubermittel der Unternehmenskommunikation? Für die so genannten Corporate Blogs - also unternehmenseigene Weblogs - spricht, dass sie technisch kostengünstig zu erstellen sind, sie erlauben ein direktes Erreichen der Zielgruppe und schnelle Reaktionen auf Nachrichten. Ihr stärkstes Gegenargument ist jedoch die Mentalität der Blogger: diese lieben es persönlich, polemisch, griffig. Auch nach Einschätzung der PR-Agentur Hotwire, die die Ipsos-Studie in Auftrag gegeben hat, ist glaubwürdige Kommunikation im Netz durch Verlautbarungen alten Stils nicht zu erzielen: Wer sich auf Blogs einlasse, müsse nach den Regeln spielen. Und die lauten Offenheit, Ehrlichkeit und Unmittelbarkeit.

Auch wenn sich Unternehmen gegen einen eigenen Blog entscheiden: sie tun gut daran, die Blogosphäre zu beobachten. Beispiele haben gezeigt, dass bei einer Nichtbeachtung von Statements oder einer falschen Reaktion darauf, erhebliche Reputationsschäden entstehen können. Mit zunehmender Verbreitung wächst dieses Risiko. bs

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