Kreditprocessing

Kreditfabriken -Effizienz alleine reicht nicht

Als eine wesentliche Entwicklung im Retailbanking der letzten Jahre kann die zunehmende Industrialisierung von Mengenprozessen verstanden werden. Das betrifft in besonderem Umfang das standardisierte Kreditgeschäft (zum Beispiel Konsumentenkredite, Fahrzeugfinanzierungen und Hypothekardarlehen). Hiermit reagieren die in diesem Geschäftsfeld tätigen Banken auf eine sich enorm verschärfende Konkurrenzsituation.

Diese ist ein Ergebnis der bekannten Globaltrends im Retailbanking: Internationalisierung (Eintritt ausländischer Wettbewerber in den deutschen Markt), Reduktion der Marktintransparenz (insbesondere durch das Internet) und Wegfall regionaler Schranken (massiv getrieben durch Direktbanken und die breite Verfügbarkeit von technischen Vertriebs- und Abwicklungskanälen, wie beispielsweise Onlinebanking und SB-Automaten). Erosion der klassischen Hausbankverbindung

Dazu kommen erhebliche Veränderungen auf der Kundenseite: Ein steigender ökonomischer Bildungsgrad, der gesellschaftliche Wertewandel und die zunehmende Nutzung von Informationsangeboten (nicht zuletzt im Online-Bereich) haben zur Erosion der klassischen einzigen Hausbankverbindung geführt. Daraus resultieren Zweit- und Drittbankverbindungen sowie Rosinenpickerei und verstärkter Konditionenwettbewerb.

Entsprechend kann sich das standardisierte Kreditgeschäft dem allgemeinen Margenverfall und dem daraus resultierenden Kostendruck nicht entziehen. Diesem begegnen die Banken mit einer Reihe effizienzsteigernder Maßnahmen. Dazu zählt, neben kostenbasierter Vertriebskanalsteuerung und weiteren Ansätzen, prominent die Industrialisierung der Kreditprozesse, um Prozessexzellenz und Kosteneffizienz vereinbar zu machen.

Dies ist nur konsequent, da eine Reihe von Konzepten (zum Beispiel Prozessorientierung, Design for Manufacturability), die in der industriellen Fertigung seit vielen Jahrzehnten erfolgreich angewendet werden, sich auch auf die stückzahlenintensive Erbringung von Bankleistungen anwenden lassen. Angepasst an den besonderen Charakter von Dienstleistungen (insbesondere Nichtlagerbarkeit, Verfall ungenutzter Dienstleistungspotenziale sowie dem daraus folgenden Synchronisationsbedarf zwischen Kapazitätsangebot und -nachfrage) ergeben sich eine Reihe wesentlicher Aufgabenfelder: Standardisierung, Automatisierung, Kapazitätssteuerung, Transparenz, Dekomposition der Wertschöpfungskette sowie Skalen- und Erfahrungseffekte.

Standardisierung führt nicht zu mangelnder Flexibilität

Mittels Standardisierung der Prozesse wird eine fundamentale Voraussetzung für eine hohe Prozessqualität geschaffen. Um einem weit verbreiteten Missverständnis zu begegnen: Richtig implementiert führt Standardisierung nicht zu mangelnder Flexibilität und fehlender Anpassung an Kundenbedürfnisse. Vielmehr sind die Prozesse so auszulegen, dass sie parametrisiert werden können und Prozessteile nach Kundenbedarf in mehreren Varianten ausgeprägt sind.

So kann eine hohe Kundenorientierung bei gleichzeitig unveränderter Prozesskomplexität beim Mitarbeiter erreicht werden. Dazu werden sauber modellierte Prozesse und moderne IT-Systeme benötigt, bei denen dieses Maß an Flexibilität im Systemdesign angelegt ist und die darüber hinaus die in den Prozessen arbeitenden Mitarbeiter optimal unterstützen.

Eine Automatisierung der Prozessschritte, die dazu geeignet sind, führt zu einer Reduktion von Kosten und Durchlaufzeiten und beugt darüber hinaus dem Entstehen von Monotonie bei den Mitarbeitern vor, da die manuelle Abarbeitung einfacher und wenig anregender Tätigkeiten vermieden wird. Wichtig sind in diesem Zusammenhang Entscheidungen mit Augenmaß, da eine übertriebene Automatisierung die kundenseitig erlebte Prozessqualität auch beeinträchtigen kann.

Geeignete Kapazitätssteuerung erhöht Kundenzufriedenheit

Durch eine geeignete Kapazitätssteuerung kann eine hohe Verfügbarkeit der Prozesse gegenüber den Kunden und eine hohe Kundenzufriedenheit erreicht werden. Als Basis hierfür kommen ausgefeilte Forecastplanungen auf Basis komplexer statistischer Modelle und eine permanente untertägige Nachsteuerung zum Einsatz. So werden trotz hoher Prozessverfügbarkeit effiziente Kosten erreicht (unnötige Leerzeiten der Mitarbeiter werden vermieden).

Transparenz wird vor allem durch ein intelligentes Managementinformationssystem geschaffen, welches durch quantitative und qualitative Kenngrößen die Management Attention schnell und zielgerichtet auf die im Betrieb auftauchenden Handlungsnotwendigkeiten richtet. Wichtige Erfolgsfaktoren liegen hier in der managementgerechten Aufbereitung, der zeitnahen Verfügbarkeit sowie der durchgängigen Datenqualität. Darüber hinaus liefern transparente Stückkosten auch Hinweise für die marktgerechte Prozessgestaltung. Schließlich wird auch der sehr detaillierte Vergleich mit dem Wettbewerb möglich (Benchmarking). So können eigene Defizite schneller erkannt und beseitigt werden.

Mandantenfähige Prozessoren realisieren Skaleneffekte

Die Dekomposition der Wertschöpfungskette birgt die Chance, weitere massive Produktivitätsgewinne durchzuholen, da ein Prozessor bei gegebener Mandantenfähigkeit für mehrere Institute tätig sein kann. Hieraus ergeben sich Skaleneffekte: Ein - im Idealfall gleichbleibender - Fixkostenblock verteilt sich auf eine höhere Stückzahl.

Darüber hinaus stellen sich durch hohe Stückzahlen Erfahrungseffekte deutlich früher ein, das Wissen um eine effiziente Prozessdurchführung wächst schneller. Nicht zuletzt birgt ein Processing für mehrere Mandanten auch immer die Chance des Kapazitätsausgleichs, die umso größer ist, je mehr sich die einzelnen Kapazitätsbedarfsverläufe voneinander unterscheiden.

Es wird deutlich, dass eine richtig durchgeführte Industrialisierung zu einem hohen Maß an Kosteneffizienz bei gleichzeitig hoher Prozessverfügbarkeit und Prozessqualität führt. Aber reicht das wirklich aus, um Endkunden wie vermittelnde Händlerpartner umfassend zufrieden zu stellen? Nein, das reicht nicht.

Unsere Kunden erwarten zu Recht eine hohe Qualität und Verfügbarkeit als Hygienefaktoren. Begeistert können sie nur werden, wenn Ihnen zusätzliche Mehrwerte angeboten werden. Um das zu erreichen, wurde ein Teil der Effizienzgewinne aus der Industrialisierung der Prozesse in solche Mehrwerte reinvestiert.

Hierzu wurde eine Service- und Qualitätsoffensive aufgesetzt. Dazu zählten unter anderem folgende Maßnahmen: Zunächst konnte die ohnehin schon hohe telefonische Erreichbarkeit weiter signifikant gesteigert werden. Dies gelang nicht durch den Einsatz zusätzlicher Ressourcen, sondern durch die Steigerung der Prognosequalität der Forecasts.

Darüber hinaus wurde die untertägige Steuerung intensiviert. Teamleiter steuern den Bedarf nun auf Echtzeitbasis und sind durch die Transparenz der Telefonsituation und ihre Erfahrung in der Lage, in wenigen Sekunden Mitarbeiter aus niedriger priorisierten Prozessen abzuziehen und der Telefonie zuzuordnen.

Taggleiche Entscheidung

Die Verkäufer in den Autohäusern schätzen es sehr, wenn sie bevorzugt durch eine kleine Gruppe von Mitarbeitern telefonisch bedient werden, sodass sie ihre Ansprechpartner im Hause kennen. Das wird durch eine intelligente Telefonsteuerung erreicht, die sicherstellt, dass trotz bedarfsgerechter Kapazitätszuordnung nur im Ausnahmefall Anrufe in Nachbarteams gesteuert werden müssen.

Darüber hinaus wird den Partnern im Handel nun auch samstags eine telefonische Erreichbarkeit und die taggleiche Entscheidung von Kreditanfragen angeboten. So wird noch effektiver als bisher der Absatz der Konzernhändler unterstützt und zusätzlich beim Wochenverlauf des Kapazitätsbedarfs ein Glättungseffekt erzielt.

Durch eine Verbesserung der Scorekarten konnte der Anteil der automatisch zugesagten Finanzierungen gesteigert werden. So erhält inzwischen die Mehrzahl der privaten Fahrzeugkäufer bei Konzernhändlern innerhalb weniger Minuten die Kreditzusage. Die noch verbleibenden manuellen Entscheidungen werden meist innerhalb von einer Stunde und - praktisch ausnahmslos - taggleich getroffen.

Sollten für die Auszahlung eines Finanzierungsvertrags einmal zusätzliche Unterlagen und Nachweise erforderlich sein, so erhält der Verkäufer im Handel nicht nur ein entsprechendes Schreiben, sondern wird direkt angerufen.

Verzahnung mit dem Vertriebsaußendienst

Viele Unterlagen können sogar per Fax nachgereicht werden, sodass sich dann keine Verzögerungen bei der Auszahlung ergeben. Diese wird in jedem Fall per Eilzahlung via Target 2 vorgenommen, sodass eine taggleiche Gutschrift erfolgt. Beide Maßnahmen schonen die Liquidität der Handelsbetriebe. Falls die Unterlagen nach einigen Tagen nicht per Post oder Fax eingetroffen sind, wird der einreichende Verkäufer nochmals freundlich per Telefon (bei Bedarf auch mehrfach) erinnert und somit weitere Hilfestellung geleistet.

Die durch die Industrialisierung erzielten Effizienzgewinne erlauben darüber hinaus, Mitarbeiter intensiver als zuvor zu qualifizieren. Verstärkte Schulungen zu Themenbereichen wie beispielsweise Produkte und Konditionen, Beraterkompetenz und professionelle Telefonie erlauben es den Mitarbeitern, sich noch passgenauer als bisher auf die Bedürfnisse unserer Kunden einzustellen und den bestmöglichen telefonischen Service zu bieten. Eine Freundlichkeitsoffensive wurde durch die engagierten Mitarbeiter initiiert und getrieben, um jederzeit - auch in Konfliktgesprächen - freundlich, souverän und professionell agieren zu können.

Eine stärkere Verzahnung mit dem Vertriebsaußendienst wird durch ein Patenschaftsmodell (jedem Außendienstmitarbeiter mit Gebietsverantwortung werden zwei Innendienstpaten zugeordnet) erreicht. So finden regelmäßige Gespräche und fallweise Abstimmungen statt, sodass der Außendienst bei seinen vertrieblichen Aktivitäten in seinem Außendienstgebiet nachdrückliche Unterstützung der Mitarbeiter erhält. Im Gegenzug erhalten sie durch den betreffenden Außendienst detaillierte Marktinformationen, die insbesondere bei schwierigen Serviceleistungen enorm hilfreich sind.

Schließlich können die ehrlichen Verkäufer und Endkunden durch eine verstärkte Betrugsprophylaxe noch effektiver vor Kreditbetrügern und den von ihnen verursachten Schäden geschützt werden. So konnten allein im letzten Jahr Betrügereien in zweistelliger Millionenhöhe abgewehrt werden.

Umweltprämie: Skalierung der Kapazitäten getestet

Der Aufwand hat sich gelohnt, das zeigen die Erfahrungen nach Einführung der Maßnahmen: Im Bankenmonitor der Branchenzeitschrift "Autohaus" hat die Volkswagen Bank im Sommer (auch aufgrund der Service- und Qualitätsoffensive) in der Kategorie "Deutsche Volumenfabrikate" den ersten Rang belegt. Grundlage für diese Auszeichnung war eine Studie, die Zufriedenheit des markengebundenen Automobilhandels mit den herstellergebundenen Banken untersucht hat. Zusätzlich wurde das Intitut im März bereits zum dritten Mal in Folge durch die Leser von "auto, motor & sport" zur besten Autobank gewählt.

Die Zufriedenheit der Endkunden und vermittelnden Händler stimmt also. Auch die Umweltprämie der Bundesregierung wirft den Finanzdienstleister nicht aus der Bahn: Durch die erzielten Verbesserungen können wir unsere Kapazitäten sehr gut skalieren und bewältigen auch den stark erhöhten Anfragen- und Antragseingang der letzten Wochen in der gewohnten Qualität und Geschwindigkeit.

Das ist der Verdienst der hochqualifizierten und motivierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die mit viel Begeisterung und Engagement den eingeschlagenen Weg mitgegangen sind und einige der oben genannten Maßnahmen durch ihre Ideen angestoßen haben. Durch die Verbesserungen wurde nicht nur der Service noch besser, sondern auch die Tätigkeit für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vielfältiger, herausfordernder und spannender.

Effizienz, Mitarbeiter- und Kundenzufriedenheit kein Widerspruch

Dabei ist aber nicht die Vereinbarkeit von Beruf und Familie unter die Räder gekommen. Nachdem im Beisein von Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen der Betriebskindergarten "Frech Daxe" eröffnet worden ist, können heute die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ganz unbesorgt und mit viel Freude ihre Arbeit ausüben. Denn sie wissen ihren Nachwuchs bestens versorgt und sind im Bedarfsfall in wenigen Minuten doch zur Stelle, wenn ihr Kind sie braucht. Und das merken auch die Kunden.

So zeigt sich, dass Kundenzufriedenheit, Effizienz und Mitarbeiterzufriedenheit nicht in Konkurrenz zu einander stehen. Vielmehr wird deutlich, dass sie sich in der Industrialisierung der Prozesse bestens ergänzen können. Für den Finanzdienstleister ist das nur ein zusätzlicher Ansporn, den eingeschlagenen Weg weiter zu gehen. Wir bleiben nicht stehen: Die nächsten Maßnahmen sind schon in Vorbereitung.

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